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Apotheker erwirken einstweilige Verfügung
Shop Apotheke darf nicht mit Zava-Kooperation werben
Der Arzneimittelversender Shop Apotheke darf nicht mehr für eine Kooperation mit dem Telemedizinanbieter Zava werben, bei der Patient:innen aufgefordert werden, sich per Videosprechstunde behandeln zu lassen und die ausgestellten Rezepte an die Shop Apotheke zu übermitteln. Das hat das Landgericht Konstanz per einstweiliger Verfügung entschieden. Geklagt hatte ein Apotheker aus Konstanz.
Die Kooperation zwischen der niederländischen Shop Apotheke und dem mittlerweile in Irland firmierenden Telemedizin-Dienstleister Zava ist Apotheker:innen in Deutschland ein Dorn im Auge. Die beiden Apothekerkammern in Nordrhein-Westfalen sind bereits juristisch gegen Shop Apotheke vorgegangen und konnten in den ersten beiden Instanzen einen Erfolg verbuchen.
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Doch auch einzelne Apotheker:innen setzen sich zu Wehr – unter anderem Murat Baskur, der in Konstanz zwei Apotheken betreibt, sowie die Vorsitzende der Freien Apothekerschaft Daniela Hänel. Ihnen ist eine etwas andere Werbung aufgefallen: „Jetzt den Arzt nach Hause holen“ lautete der Claim, mit dem Shop Apotheke auf Facebook sowie auf Flyern, die zum Beispiel Päckchen anderer Versandunternehmen beigelegt waren, für die Kooperation mit Zava warb. Patienten könnten „mit wenigen Klicks“ Rezepte online anfragen, eine Videosprechstunde in Anspruch nehmen und dann noch versandkostenfrei die verschriebenen Arzneimittel schnell erhalten. Nachdem Hinweise an Kammern und die ABDA ohne Folgen blieben, beschlossen Baskur, Hänel und Co. selbst tätig zu werden.
Baskur zog gegen die Shop-Apotheke Service B.V. eine Tochter der Shop Apotheke, die den Marktplatz der Shop Apotheke betreibt und für die beanstandete Werbung verantwortlich ist, vor das Landgericht Konstanz. Mit seinem Rechtsanwalt Morton Douglas, der bereits zahlreiche Verfahren gegen niederländische Arzneimittelversender vor allem im Auftrag der Kammer Nordrhein geführt hat, wollte er dort eine einstweilige Verfügung gegen das Unternehmen erwirken. Er sieht in der Bewerbung der Kooperation einen Verstoß sowohl gegen das Fernbehandlungswerbeverbot (§ 9 Heilmittelwerbegesetz - HWG) als auch gegen das apothekenrechtliche Verbot der Zuführung von Patienten (§ 11 Abs. 1 Apothekengesetz - ApoG). Solche Verstöße können einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch begründen.
Unzulässig ist eine Werbung für die Erkennung oder Behandlung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhaften Beschwerden, die nicht auf eigener Wahrnehmung an dem zu behandelnden Menschen oder Tier beruht (Fernbehandlung). Satz 1 ist nicht anzuwenden auf die Werbung für Fernbehandlungen, die unter Verwendung von Kommunikationsmedien erfolgen, wenn nach allgemein anerkannten fachlichen Standards ein persönlicher ärztlicher Kontakt mit dem zu behandelnden Menschen nicht erforderlich ist.“
Was das Fernbehandlungs-Werbeverbot betrifft, stützt sich Douglas insbesondere auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 9. Dezember 2021. Darin erklärten die Karlsruher Richter:innen die Werbung einer Krankenversicherung für einen digitalen Arztbesuch bei einem Schweizer Anbieter für unzulässig. Die in § 9 Satz 2 HWG genannte Ausnahme liege nicht vor, weil es für die Fernbehandlung noch keine „allgemein anerkannten fachlichen Standards“ gebe. Dieser Grundsatz lässt sich aus Douglas' Sicht auf die vorliegende Werbung übertragen. Es werde der Eindruck erweckt, als könne jeder Patient unter allen Umständen von diesem Angebot Gebrauch machen. Doch auch bei einer Facebook-Anzeige oder einem Flyer müsse deutlich gemacht werden, dass es medizinische Gründe gebe, die gegen eine Videokonsulation sprechen. Und das sei hier nicht der Fall.
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Das Zuweisungsverbot (§ 11 ApoG) sehen Douglas und sein Mandant gleich in zweifacher Weise verletzt: Zum einen würden die Interessenten durch eine Apotheke aufgefordert, einen bestimmten ärztlichen Dienst in Anspruch zu nehmen, was unter den Begriff der Zuführung von Patienten falle. Darüber hinaus sei in der Bewerbung eine Beihilfe zur Zuweisung der Verschreibungen durch den ärztlichen Dienst an die Shop-Apotheke zu sehen. Die Nutzer:innen würden aufgefordert, Verschreibungen unmittelbar an „Shop Apotheke“ statt an eine Apotheke vor Ort zu übermitteln.
Das sieht auch das Landgericht Konstanz so. In seinem Urteil gibt es dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung statt. Sowohl aus dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen § 9 HWG als auch gegen § 11 ApoG jeweils in Verbindung mit § 3a UWG bestehe ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch gegen die Shop Apotheke.
Den Einwand, der Shop Apotheke Service B.V., dass sie gar nicht der richtige Ansprechpartner sei, weil sie ja selbst gar keine Versandapotheke betreibe, sondern nur das Material zur Verfügung stelle, ließ das Gericht nicht gelten. Schließlich werbe sie laut Impressum des Flyers für „Shop Apotheke – die Online Apotheke für Deutschland“ bzw. für die Buchung einer Videosprechstunde und die Einlösung eines E-Rezepts „ganz einfach online bei Shop-Apotheke“. Damit sei sie bei Unzulässigkeit der Werbung als Handelnde wettbewerbsrechtlich zur Unterlassung verpflichtet, so das Gericht. Darauf, dass die Beklagte selbst keine Versandapotheke betreibe und der Versender und Mutterkonzern Shop Apotheke B.V. von der Werbung profitiert, kommt es in den Augen des Gerichts nicht an.
Weiterhin führt das Gericht klar aus, dass die vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze zur Werbung von Fernbehandlungen hier anzuwenden sind. Insbesondere hätten die Karlsruher Richter:innen keine europarechtlichen Vorgaben übersehen. So sei etwa die von den Shop-Apotheke-Anwälten angeführte Richtlinie über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Zwar gelten in Fällen der grenzüberschreitenden Behandlung die Vorschriften des „Behandlungsmitgliedstaates“ – das wäre hier Irland. Doch für die Anwendung von § 9 HWG spiele das keine Rolle. Mit dem Bundesgerichtshof sei nämlich davon auszugehen, dass das Verbot der Werbung für eine Fernbehandlung gar nicht davon abhänge, ob die Fernbehandlung selbst zulässig ist. Auch wenn diese an sich erlaubt ist – auch berufsrechtlich – heißt das noch nicht, dass dies auch für die Werbung gilt.
Wirbt Shop Apotheke weiter in der beanstandeten Form, wird ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten fällig. Allerdings kann das Unternehmen gegen das Urteil Beschwerde einlegen.
Apotheker Murat Baskur ist sehr glücklich über den Ausgang, wie er gegenüber der DAZ erklärt und hofft, dass das Urteil auch umgesetzt wird.
Urteil des Landgerichts Konstanz vom 20. Mai 2022, Az: 7 0 11/22 KfH
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