Fünf-Jahres-Follow-up der ARED-2-Studie

Lutein / Zeaxanthin statt Beta-Carotin bei AMD: wirksam und sicher

Stuttgart - 08.07.2022, 15:15 Uhr

Durch eine Makuladegeneration geht die Sehfähigkeit im Bereich des schärfsten Sehens allmählich verloren. Durch Supplementation mit antioxidativen Vitaminen, Zink und Kupfer kann das Risiko für bestimmet Formen verringert werden kann.(Foto: RFBSIP / AdobeStock)

Durch eine Makuladegeneration geht die Sehfähigkeit im Bereich des schärfsten Sehens allmählich verloren. Durch Supplementation mit antioxidativen Vitaminen, Zink und Kupfer kann das Risiko für bestimmet Formen verringert werden kann.(Foto: RFBSIP / AdobeStock)


Untersuchungen im Rahmen der ARED-Studien (Age-Related Eye Disease Study) 1 und 2 haben gezeigt, dass durch die Supplementation mit antioxidativen Vitaminen, Zink und Kupfer das Risiko für eine fortschreitende späte altersabhängige Makuladegeneration (AMD) verringert werden kann. Ursprünglich verwendetes Beta-Carotin, das das Lungenkrebsrisiko bei Rauchern ­erhöht, konnte erfolgreich durch Lutein/Zeaxanthin ersetzt werden. Ein erhöhtes Lungenkrebsrisiko bei Rauchern war unter dieser Kombination nicht festzustellen. 

Weltweit ist die altersabhängige Makuladegeneration (AMD) eine der Hauptursachen für schwindendes Sehvermögen. Die chronische Augenerkrankung geht mit einer irreversiblen Zerstörung der Makula einher, verbunden mit einem Verlust der zentralen Sehschärfe, die für das Lesen, das Erkennen von Gesichtern und das Farbensehen erforderlich ist. Es wird erwartet, dass die Zahl der Menschen, die mit einer Makuladegeneration leben, weltweit von derzeit 196 Millionen bis 2040 auf bis zu 288 Millionen ansteigen wird. Das Alter ist ein entscheidender Risiko­faktor, an einer AMD zu erkranken, wobei das Risiko von 2% bei den 50- bis 59-Jährigen auf fast 30% bei den über 75-Jährigen steigt [1]. 

Die ARED-Studien

Hier konnte die Wirksamkeit von antioxidativen Vitaminen und/oder Zink mit Kupfer bei intermediärer AMD ­gezeigt werden: Das Risiko des Fortschreitens einer späten altersbedingten Makuladegeneration konnte um 25% über fünf Jahre reduziert werden. Zwischenzeitlich mehrten sich jedoch die Hinweise, dass Beta-Carotin bei Rauchern das Risiko für Lungenkrebs erhöht. Daher wurde in der 2006 bis 2008 durchgeführten ARED-2-Studie zunächst die Zugabe von Lutein/Zeaxanthin (10 mg/2 mg) und/oder Omega-­3-Fettsäuren (350 mg DHA und 650 mg EPA) zur ursprünglichen AREDS-Rezeptur untersucht, in einer zweiten Randomisierung wurde geprüft, welche Auswirkungen der Verzicht auf Beta-Carotin und eine Reduktion der Zink-Dosis auf verträglichere 25 mg/Tag haben.

Die ARED-2-Studie war mit 4203 Teilnehmern im Alter von 55 bis 85 Jahren (mittleres Alter bei Studienbeginn: 73,1 Jahre) in 82 Netzhautspezialkliniken in den Vereinigten Staaten durchgeführt worden. Es handelte sich um eine multizentrische, randomisierte, placebokontrollierte, doppelblinde, prospektive Phase-III-Studie. Alle Studienteilnehmer hatten eine intermediäre AMD in beiden Augen oder in einem Auge, während das andere Auge eine späte AMD aufwies.

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Das Sehvermögen erhalten

Die primären Endpunkte schlossen die Entwicklung von Lungenkrebs und die Zeit bis zum Fortschreiten der späten AMD (geografische Atrophie oder neovaskuläre AMD) ein. Ein wichtiges sekundäres Ziel war die Frage, wie es sich auswirkt, wenn Beta-Carotin aus der ursprünglichen ARED-Rezeptur entfernt wird. Teilnehmer, die Beta-­Carotin erhielten, hatten ein zweifach erhöhtes Lungenkrebsrisiko, wobei die meisten Fälle bei ehemaligen Rauchern auftraten. Bei den Teilnehmern, die nach dem Zufallsprinzip Lutein/Zeaxanthin erhielten, wurde kein statistisch signifikant erhöhtes Lungenkrebsrisiko festgestellt.

Die AMD-Entwicklung wurde durch die reduzierte Zink-Dosis nicht nachteilig beeinflusst. Das Risiko der AMD-Progression konnte durch die zusätzliche Gabe von Omega-3-Fettsäuren (DHA/EPA) nicht weiter reduziert werden. Die Ergebnisse der ARED-2-Studie zeigten, dass die Zusammensetzung der Nährstoffsupplemente geeigneter als bei der ARED-1-Studie sind. Empfohlen wird insbesondere bei Rauchern und ehemaligen Rauchern, zur AMD-Prophylaxe die ursprüngliche AREDS-Rezeptur ohne Beta-Carotin einzusetzen [2].

Die Follow-up-Studie

Am Ende der fünfjährigen klinischen ARED-2-Studie wurden die überlebenden Teilnehmer eingeladen, an einer weiterführenden langfristigen Nachfolgestudie zur Bewertung des Zehn-Jahres-Risikos für die Entwicklung von Lungenkrebs und später AMD teilzunehmen. Hierbei handelte es sich um eine multizentrische, epidemiologische Fünf-Jahres-Follow-up-Studie der ARED-2-Kohorte, die 3882 Teilnehmer (6351 Augen) mit einem mittleren Ausgangsalter von 72,0 Jahren umfasste. Die Nachfolgestudie wurde vom 1. Dezember 2012 bis zum 31. Dezember 2018 durchgeführt und schloss Teilnehmer mit bilateraler oder unilateraler intermediärer AMD in die Analyse ein.

In der Nachfolgestudie erhielten alle Teilnehmer ARED-2-Präparate mit Lutein/Zeaxanthin, den Vitaminen C und E sowie Zink und Kupfer. Da die DHA/EPA-Komponenten nicht in die ARED-2-Rezeptur aufgenommen wurden, wurden diese in der Follow-up-Studie nicht angeboten.

Die Teilnehmer wurden alle sechs Monate telefonisch kontaktiert, um die Daten insbesondere zu einer neuen Lungenkrebsdiagnose, einer Augenuntersuchung, dem Auftreten einer späten AMD einschließlich der Zahl der intravitrealen Injektionen zur Therapie einer neovaskulären AMD für weitere fünf Jahre zu erfassen. Diese Erfassung schloss auch unerwünschte Ereignisse ein.

Die Analysen des Fortschreitens der AMD und der Entwicklung von Lungenkrebs wurden mithilfe der proportionalen Hazard-Regression bzw. der logistischen Regression durchgeführt. Die Daten wurden von November 2019 bis März 2022 ausgewertet. Die Lungenkrebsanalysen konzentrierten sich auf die sekundäre Randomisierung auf Beta-Carotin im Vergleich zu keinem Beta-Carotin und die primäre Randomisierung von Lutein/Zeaxanthin im Vergleich zu keinem Lutein/Zeaxanthin.

Am Ende der ARED-2-Follow-up-­Studie war von 117 Teilnehmern (2,7%) bekannt, dass sie Lungenkrebs entwickelt hatten. Erwartungsgemäß wiesen die derzeitigen und ehemaligen Raucher höhere Lungenkrebsraten auf als die Nichtraucher. Von denjenigen, die nach dem Zufallsprinzip Beta-­Carotin erhielten, entwickelten sechs von 637 Nichtrauchern (0,94%) und 32 von 711 ehemaligen Rauchern (4,5%) Lungenkrebs, während von denjenigen, die nach dem Zufallsprinzip kein Beta-Carotin erhielten, vier von 606 Nichtrauchern (0,66%) und 17 von 735 ehemaligen Rauchern (2,3%) Lungenkrebs entwickelten.

Die Auswertung der Haupteffekte für Lutein/Zeaxanthin ergab zwischen denjenigen, die Lutein/Zeaxanthin erhielten, und denjenigen, die kein Lutein/Zeaxanthin erhielten, eine Hazard Ratio (HR) von 0,91 (95%-KI: 0,84 bis 0,99; p = 0,02) für das Fortschreiten der späten AMD nach zehn Jahren. Die Kaplan-Meier-Wahrscheinlichkeit, nach zehn Jahren eine späte AMD zu entwickeln, lag bei 47,9% für diejenigen, die Lutein/Zeaxanthin einnahmen, und bei 49,0% für diejenigen, die kein Lutein/Zeaxanthin einnahmen.

Wurde der Vergleich zwischen Lutein/Zeaxanthin und keinem Lutein/Zeaxanthin auf diejenigen beschränkt, die in den sekundären Studien Beta-Carotin erhielten, betrug die HR nach 10 Jahren 0,80 (95%-KI: 0,68 bis 0,92; p = 0,002).

In einer Analyse der Subgruppen ergab ein direkter Vergleich zwischen denjenigen, die nach dem Zufallsprinzip nur Lutein/Zeaxanthin erhielten, und denjenigen, die nach dem Zufallsprinzip nur Beta-Carotin erhielten, bei 2057 Augen (1260 Teilnehmer) eine HR von 0,85 (95%-KI: 0,73 bis 0,98; p = 0,02), die Lutein/Zeaxanthin gegenüber Beta-Carotin bevorzugte. Ein Test der Wechselwirkungen zwischen Lutein/Zeaxanthin und Beta-Carotin war statistisch nicht signifikant. Die Kaplan-Meier-Wahrscheinlichkeit, nach zehn Jahren eine späte AMD zu entwickeln, lag bei 52,2% für Beta-Carotin und 49,5% für Lutein/Zeaxanthin.

Die Ergebnisse der epidemiologischen Nachfolgestudie der AREDS-2-Kohorte deuten auf eine positive Assoziation von Lutein/Zeaxanthin für den gesamten Studienzeitraum hin. Alle Informationen, sowohl die klinischen Ergebnisse zu Lungenkrebs und AMD als auch die Laborergebnisse, sprechen für die Verwendung von Lutein/Zeaxanthin als Ersatz für Beta-Carotin in einem Nahrungsergänzungsmittel zur Verlangsamung des Fortschreitens der AMD bei Patienten mit intermediärer AMD oder später AMD an einem Auge. Zudem konnte belegt werden, dass es sich um ein sicheres Nahrungsergänzungsmittel handelt.

Mit Lutein/Zeaxanthin kein erhöhtes Lungenkrebsrisiko

Bei der Verwendung von Lutein/Zeaxanthin konnte kein statistisch signifikant erhöhtes Lungenkrebsrisiko festgestellt werden, während Beta-­Carotin bei ehemaligen Rauchern sein fast doppelt so hohes Lungenkrebsrisiko beibehielt. Im Vergleich zu Beta-­Carotin hatte Lutein/Zeaxanthin einen potenziell positiven Einfluss auf die späte AMD-Progression.

Dies könnte Augenärzten, die Patienten mit intermediärer AMD oder später AMD an einem Auge behandeln, die Gewissheit geben, dass das AREDS-2-Supplement sicher und wirksam ist, auch bei langfristiger Anwendung. |


Britta Mielinski, DAZ Autorin
redaktion@daz.online


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