Umfrage von ADKA und DIVI

Intensivmediziner schätzen Apotheker auf Station

Berlin - 17.08.2022, 16:45 Uhr

Arzneimitteltherapiesicherheit wird durch die interprofessionelle Zusammenarbeit von Arzt und Apotheker auf Intensivstationen in Deutschland gefördert. (x / Foto: Graphicroyalty / AdobeStock)

Arzneimitteltherapiesicherheit wird durch die interprofessionelle Zusammenarbeit von Arzt und Apotheker auf Intensivstationen in Deutschland gefördert. (x / Foto: Graphicroyalty / AdobeStock)


Apotheker können in Kliniken und insbesondere auf Intensivstationen einen wichtigen Beitrag zur Arzneimittel- und damit zur Patientensicherheit leisten. Doch die interprofessionelle Zusammenarbeit auf Station ist im deutschen Versorgungsalltag – anders als im englischsprachigen Raum – nicht die Regel. ADKA und DIVI haben nun eine Studie vorgelegt, deren Ergebnisse ihre Forderung nach einer stärkeren Einbindung von Pharmazeuten stützten.

Im englischsprachigen Raum ist die interprofessionelle Zusammenarbeit von Pharmazeut:innen und Mediziner:innen bereits gang und gäbe – doch in Deutschland gibt es noch viel Luft nach oben. Lediglich in Niedersachsen sind Stationsapotheker bislang gesetzlich verankert. Ob sie auch tatsächlich im vom Gesetzgeber vorgesehenen Maß in den Kliniken tätig sind, ist allerdings eine andere Frage. Daten, inwiefern Apotheker:innen auf Intensivstationen arbeiten, gibt es jedenfalls nicht, wie eine Studie um ein Team von Klinikapotheker:innen und Intensivmediziner:innen zeigt. Sie basiert auf einer bundesweiten Befragung der ärztlichen Leiter:innen von Intensivstationen in Kliniken, die in Kooperation zwischen dem Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA) und der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) entstanden ist.

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Mithilfe einer Online-Umfrage wurde anhand von 27 Fragen erhoben, wie häufig Apotheker:innen in das interprofessionelle Team einer Intensivstation eingebunden sind und welche konkreten Aufgaben sie dabei übernehmen beziehungsweise übernehmen sollten. 13 relevante pharmazeutische Tätigkeiten hatten die Studienautor:innen zuvor identifiziert. Mehr als 1.500 Einladungen wurden versandt – am Ende beteiligten sich jedoch nur 168 Leiter:innen von Intensivstationen. Dies limitiert die Aussagekraft der Studie. Möglicherweise ist die Bereitschaft, an einer solchen Umfrage teilzunehmen, größer, wenn die pharmazeutische Betreuung bereits etabliert ist.

Bei 35 Prozent der Teilnehmenden sind Krankenhausapotheker:innen fest in das Stationsteam integriert. Das ist noch immer deutlich seltener als im internationalen Vergleich, wo es der Studie zufolge rund 71 bis 99 Prozent der Intensivstationen sind. Zu den häufigsten Tätigkeiten gehören laut Umfrage das Informieren über Arzneimittel (89,7 Prozent), pharmazeutische Interventionen mit Therapieumstellung wie etwa Visiten (67,2 Prozent), das regelmäßige Evaluieren der Verordnung (65,5 Prozent) und das Überwachen hinsichtlich Nebenwirkungen, Effektivität und Kosten (63,8 Prozent).

Wer die Zusammenarbeit kennt, schätzt sie

Aus der Umfrage geht der klare Wunsch der Intensivmediziner:innen nach einer durchgehenden telefonischen Konsultation sowie deren Wertschätzung der bereitgestellten Arzneimittelinformation hervor. Ärzte und Ärztinnen, die bereits im Routinebetrieb mit Apotheker:innen zusammenarbeiten, schätzen das gesamte Portfolio an pharmazeutischer Expertise, heißt es im Resümee der Studie. Die Teilnehmenden mit pharmazeutischer Betreuung (58 von 168) stuften sieben von 13 Tätigkeiten als „essenziell/unverzichtbar“ ein, wohingegen es nur zwei bei jenen ohne pharmazeutische Betreuung (104/168) waren.

Für Heike Hilgarth, Leiterin der Umfrage sowie Fachapothekerin für Klinische Pharmazie und Wissenschaftsreferentin beim ADKA, legt dies „die Schlussfolgerung nahe, dass noch zu wenig Bewusstsein darüber besteht, welche Benefits man durch die Integration des Apothekers ins Team für die eigene Intensivstation generieren könnte“.

Für Hilgarth steht jedenfalls fest: „Wir benötigen mehr Apotheker auf den Intensivstationen.“ Die Ergebnisse der Umfrage zeigten, dass Intensivmediziner:innen in der interprofessionellen Zusammenarbeit mit Apotheker:innen positive Auswirkungen auf die Arzneimittelsicherheit schwerkranker Patienten sehen. Durch die Diskussion komplexer Patientenfälle in einem Team mit unterschiedlichen Fachexpertisen können Therapien optimiert und unerwünschte Arzneimittelwirkungen vermieden werden. Und das komme nicht nur den Patienten und Patientinnen zugute, sondern spare auch Kosten im Gesundheitssystem.

Pharmazeutische Leistungen und ihre Finanzierung gesetzlich verankern

Die neuen Ergebnisse sieht die Arbeitsgruppe als wichtige Grundlage, um die Integration von Krankenhausapotheker:innen auf deutschen Intensivstationen weiter auszubauen und um die Patienten- und Arzneimitteltherapiesicherheit weiter zu erhöhen. „Der Bedarf ist da, die Wichtigkeit ist erkannt und jetzt ist die Politik am Zug, geeignete Finanzierungsmöglichkeiten für multiprofessionelle Teams im stationären Bereich zu finden. Es gilt, pharmazeutische Dienstleistungen und deren Finanzierung gesetzlich zu verankern und so zu verstetigen“, sagt Hilgarth.

In einer Pressemeldung zu den Umfrageergebnissen weist der DIVI darauf hin, dass er bereits im Jahr 2010 eine erste Empfehlung zur Einbindung von Apothekern zum Beispiel in Visiten herausgegeben habe. Diese DIVI-Empfehlungen zur Struktur und Ausstattung von Intensivstationen werden nun überarbeitet und sollen zukünftig ausführlicher auf die Tätigkeiten und das Ausmaß der pharmazeutischen Betreuung durch Krankenhausapotheker auf deutschen Intensivstationen eingehen. 

Hier finden Sie die veröffentlichte Studie. 


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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