Schilddrüse und Nahrungsergänzung für Frauen

Iod in Schwangerschaft und Stillzeit – trotz Hypothyreose oder Hyperthyreose?

Berlin - 23.08.2022, 07:00 Uhr

Wie steigt der Iod-Bedarf von Schwangeren und Stillenden mit Hypothyreose oder Hyperthyreose? Wie wichtig ist die Schilddrüse bei Kinderwunsch, und wann sollte man kein Iod einnehmen? (b/Foto: Iurii Sokolov / AdobeStock)

Wie steigt der Iod-Bedarf von Schwangeren und Stillenden mit Hypothyreose oder Hyperthyreose? Wie wichtig ist die Schilddrüse bei Kinderwunsch, und wann sollte man kein Iod einnehmen? (b/Foto: Iurii Sokolov / AdobeStock)


Eine Störung an der Schilddrüse kann viele Frauen mit Kinderwunsch, Schwangere oder auch Stillende betreffen. Welche Konsequenzen hat das, und wie müssen Betroffene ihren Iodkonsum anpassen? So können Apotheker:innen beraten. 

Die Schilddrüsenhormone Triiodthyronin (T3) und Thyroxin (T4) steuern die Stoffwechselaktivität vieler Zellen im Körper und haben somit eine regulierende Wirkung auf zahlreiche Körperfunktionen und -prozesse, wie den Herzschlag und Blutdruck, den Energie-, Muskel- und Bindegewebsstoffwechsel und die Verdauung. Sie sind zudem enorm wichtig für das Wachstum und die neuronale Entwicklung des Ungeborenen, wofür die mütterliche Schilddrüsenhormonproduktion schon in den ersten Wochen der Schwangerschaft um etwa 50 Prozent ansteigt. Somit steigt auch der Iodbedarf von Schwangeren, denn beide Hormone T3 und T4 enthalten Iod. Ohne zureichende Iodzufuhr während der Schwangerschaft kann die Schilddrüse nicht genügend T3 und T4 produzieren, wodurch Risiken für lebenslange neuronale Schäden des Kindes entstehen.

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Zusätzlich zur vermehrten mütterlichen Schilddrüsenhormonproduktion erhöht sich während der Schwangerschaft auch die renale Iodausscheidung über den Urin. Der Iodbedarf von Schwangeren steigt dadurch von 200 µg auf 230-260 µg Iod pro Tag. Neben einer iodreichen Ernährung, welche iodiertes Salz, Milchprodukte und Seefisch beinhaltet, wird den angehenden Müttern in Deutschland empfohlen, vor und während der Schwangerschaft und Stillzeit täglich 100-150 µg Iod zusätzlich über Supplemente einzunehmen. Auf Algen- oder Tangpräparate sollte jedoch verzichtet werden, da deren Iodgehalt oft schwankt. Außerdem sollte eine Mehrfachsupplementierung durch Kombinationspräparate vermieden werden. In vielen Schwangerschaftssupplementen ist Iod (meist 150 µg) zum Beispiel in Kombination mit Folsäure enthalten, eine zusätzliche Iodsupplementierung bei entsprechender Iodsalzprophylaxe ist also nicht nötig. 

Wie steigt der Iod-Bedarf von Schwangeren und Stillenden mit Hypothyreose oder Hyperthyreose?

Für Frauen, die an einer Hypothyreose leiden und diese mit einer Hormonsubstitution behandeln, gelten in der Schwangerschaft und Stillzeit die gleichen Empfehlungen, nämlich 100-150 µg Iod über Supplemente einzunehmen. Sowohl das Iod aus der Ernährung als auch das Iod aus den synthetischen Schilddrüsenhormonen stehen dem Ungeborenen in ausreichender Menge zur Verfügung. Bei einer bestehenden Schilddrüsenüberfunktion während der Schwangerschaft – z.B. verursacht durch Morbus Basedow – muss jedoch unbedingt vorher Rücksprache mit dem behandelnden Arzt oder der Ärztin über eine Iod-Supplementierung gehalten werden.

Schilddrüsenstörung im Wochenbett

Erkrankungen der Schilddrüse können in jedem Lebensalter auftreten und sind in Deutschland recht verbreitet – etwa jeder dritte Erwachsene ist im Laufe des Lebens von einer milden oder ausgeprägten Störung der Schilddrüse betroffen. Diese können zum Beispiel durch eine chronische Schilddrüsenentzündung oder einem Iodmangel verursacht werden. Zu den typischen Störungen der Schilddrüse gehören die Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose), bei der es zu absinkenden T3- und T4-Spiegeln im Blut kommt, und die Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose), welche wiederum durch eine Überproduktion an Schilddrüsenhormonen gekennzeichnet ist.

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Störungen an der Schilddrüse können auch völlig gesunde, frisch gewordene Mütter nach der Geburt erwischen. Eine sogenannte Wochenbett-Schilddrüsenentzündung (Postpartum-Thyreoiditis) entsteht in den meisten Fällen aufgrund der hormonellen Umstellung in den ersten Wochen nach Entbindung. Sie verläuft jedoch für gewöhnlich recht mild und unbemerkt und verschwindet in der Regel von selbst ohne Langzeitfolgen. Zu den Symptomen gehören unter anderem Erschöpfung und Stimmungsschwankungen, welche bis zu 6 Monate nach der Geburt bestehen können. In seltenen Fällen manifestiert sich daraus eine länger anhaltende Schilddrüsenunterfunktion.

Stehen zu wenige Schilddrüsenhormone zur Verfügung, fehlt dem Körper der Antrieb und viele Betroffene fühlen sich müde, schlapp und teilweise depressiv. Auch Kopfschmerzen, Verstopfung und Gewichtszunahme treten häufig auf. Bei zu vielen Schilddrüsenhormonen im Körper ist in der Regel das Gegenteil der Fall: Nervosität, innere Unruhe, Durchfall und Herzrhythmusstörungen können vorkommen. Die häufigsten Ursachen für eine ausgeprägte Störung an der Schilddrüse sind die beiden Autoimmunkrankheiten Hashimoto-Thyreoiditis und Morbus Basedow, bei denen der Körper Antikörper gegen die eigene Schilddrüse produziert und somit eine chronische Schilddrüsenentzündung auslöst.

Kinderwunsch mit einer Schilddrüsenerkrankung

Schilddrüsenhormone wirken sowohl auf die Eizellreifung und den Eisprung innerhalb des weiblichen Zyklus als auch auf die Verschmelzung der reifen Eizelle mit dem Spermium bei der Befruchtung. Schon eine leichte Störung der Schilddrüse kann somit die Fruchtbarkeit und den Schwangerschaftsausgang negativ beeinflussen. Wenn der erfüllte Kinderwunsch ausbleibt, sollte folglich auch immer die Schilddrüse überprüft werden.

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Bei einer Schilddrüsenunterfunktion infolge einer Hashimoto-Thyreoiditis werden medikamentös Schilddrüsenhormone verabreicht. Über eine adäquate Hormonsubstitution können somit auch Frauen mit einer Hypothyreose schwanger werden. Die Hormonsubstitutionstherapie wird im Laufe der Schwangerschaft und nach Geburt je nach Bedarf regelmäßig überwacht und in der Dosis angepasst. Eine milde (latente) Hypothyreose wird i.d.R. während der Schwangerschaft nicht behandelt und bei einigen Schwangeren bessern sich die Symptome im 2. und 3. Trimenon sogar, da bestimmte Teile des Immunsystems bei fortschreitender Schwangerschaft weniger aktiv sind und die Autoimmunreaktion an der Schilddrüse abschwächt.

Vorsicht Thyreostatika 

Eine Schilddrüsenüberfunktion wird standardmäßig mit Thyreostatika behandelt, um die Hormonproduktion zu drosseln. Thyreostatika haben allerdings zum Teil sehr schädliche Nebenwirkungen für Mutter und Kind. Andere Behandlungsmethoden, wie die Radioiodtherapie oder eine Operation, sollten bei einer manifesten Hyperthyreose deshalb schon vor der Schwangerschaft mit dem Arzt oder der Ärztin in Erwägung gezogen werden. 


Pauline Krüger, Ernährungswissenschaftlerin
redaktion@daz.online


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