Analyse

Wie schneiden Apotheken bei Google ab?

Kempten - 29.08.2022, 07:00 Uhr

Google-Bewertungen über die eigene Apotheke sollten beobachtet und auch moderiert werden. (Foto: chinnarach / AdobeStock)

Google-Bewertungen über die eigene Apotheke sollten beobachtet und auch moderiert werden. (Foto: chinnarach / AdobeStock)


Google-Bewertungen sind auch für Apotheken zunehmend wichtig. Bisher gibt es jedoch nur wenige Daten dazu, wie Apotheken bei Online-Bewertungen abschneiden. Für die DAZ hat sich Professor Thomas Schmid von der Hochschule für angewandte Wissenschaften, Kempten, eine Übersicht verschafft.

Apotheken haben keinen Anspruch darauf, dass sie von Online-Bewertungen durch ihre Kundinnen und Kunden ausgenommen werden, nur, weil sie Leistungen anbieten, deren Qualität von Laien oft schwer zu beurteilen ist. Entsprechende Bewertungen z. B. auf Google Maps erhalten selbst Apotheken, die sich im Internet nicht oder nur in geringem Umfang präsentieren. In gewisser Weise wäre es auch widersinnig, sich dieser Art des Kundenfeedbacks zu entziehen, schließlich stellen entsprechende Online-Dienste über Profile der Apotheken sicher, dass die Betriebe digital sichtbar und gefunden werden. Obwohl sich Apothekeninhaberinnen und -inhaber zunehmend mit dem Phänomen der Online-Bewertungen auseinander­setzen [1], gibt es bisher nur wenige Daten dazu, wie die Apotheken bei Online-Bewertungen abschneiden. 

 

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Wie auf Online-Bewertungen reagieren?

Um die Google-Rezensionen der Apotheken zu analysieren, wurde einer Adresskartei mit Namen, Adressen und Kontaktdaten von 18.346 Apotheken die entsprechenden Bewertungen mit Stand Ende Juli 2022 aus Google Maps zuge­ordnet. Auf diese Weise konnte für 18.258 Apotheken (99,5 Prozent) der ursprünglichen Adresskartei ein passender Eintrag in Google Maps gefunden werden. 

Für die restlichen 88 Apotheken der Adresskartei konnte kein oder kein passender Eintrag in Google Maps gefunden werden, z. B. weil es in Google Maps lediglich für das Ge­bäude, nicht jedoch die darin befind­liche Apotheke einen Treffer gab.

Beinahe jede Apotheke wurde bei Google bewertet

Ein erstes erstaunliches Resultat der Analyse ist also, dass es quasi für jede deutsche Apotheke Google-Rezensionen gibt. Von den 18.258 Apotheken mit zuordenbaren Google-Maps-Einträgen hatten lediglich 79 Apotheken (0,4 Prozent) keine einzige Rezension, alle übrigen Apotheken verfügten über eine oder mehrere Bewertungen. Im Vergleich dazu kam eine Untersuchung aus dem Jahr 2020 mit in einer regional eng begrenzten Stichprobe mit Dienstleistern (ohne Apotheken) noch zu dem Schluss, dass weniger als 70 Prozent der Betriebe eine Google-Bewertung hatten, selbst in der Gastronomie lag dort der Anteil der Betriebe mit mindestens einer Bewertung deutlich unter den hier für die Apotheken gefundenen Werten [2]. 

Für die 18.258 Apotheken mit zuordenbaren Google-Maps-Einträgen wurden bis Ende Juli 2022 insgesamt 363.068 Bewertungen abgegeben. Das entspricht 19,9 Bewertungen pro Apotheke. Bezogen auf die 18.179 Apotheken, die mindestens eine Google-Rezension erhalten haben, ergibt sich ein Durchschnitt von 20,0 Bewertungen pro Apotheke. Spitzenreiter ist eine Apotheke (mit angeschlossenem Versandhandel) mit sagenhaften 5.541 Bewertungen. 

Doch insgesamt ist die Zahl der Bewertungen für Apotheken als niedrig einzuschätzen. Bei rund drei bis vier Millionen Kundenkontakten der Apotheken pro Tag entspricht die Anzahl der Google-Bewertungen mit Stand Ende Juli 2022 nur etwa einem Zehntel der Kunden der Apotheken – wohlgemerkt, eines durchschnittlichen Tages. Hier liegt augenscheinlich auch eine zen­trale Problematik der Online-Bewertungen, nämlich, dass sehr wenige Einschätzungen von Kunden maßgeb­lichen Einfluss auf die Gesamtbewertung bei den Online-Diensten ausüben. Dies ist umso heikler, als die übrigen Ergebnisse dieser Untersuchung darauf hindeuten, dass die Rezensenten der Apotheken eher zu polarisierten Bewertungen tendieren.

Bewertungen der Apotheken nur schlecht vergleichbar

Die Rezensionen bei Google finden auf einer Skala von 1–5 (Sternen) statt, wobei 5 (Sterne) die beste Bewertung darstellt. Die hier untersuchten 18.179 Apotheken mit mindestens einer Google-Bewertung erzielten im Durchschnitt eine Bewertung von 4,30 Sternen. Tatsächlich sind Vergleichswerte dazu jedoch nur begrenzt verfügbar. Ob jüngere Erhebungen zu Google-Ratings von Arbeitsagenturen (im Durchschnitt 2,6, beste Arbeitsagentur 3,3) oder Eisdielen (im Durchschnitt 4,4, beste 4,47) hier besonders hilfreich sind, darf bezweifelt werden. In der bereits erwähnten Untersuchung aus dem Jahr 2020 mit einer regional eng begrenzten Stichprobe mit Dienstleistern (ohne Apotheken) ergab sich ein Durchschnittswert von 4,34. Die Ärzte in dieser Stichprobe erhielten im Durchschnitt Bewertungen, die unter den hier für Apotheken gefun­denen lagen [2]. 

Abb. 1: Bewertungen nach Anzahl Sternen für alle Apotheken mit mindestens einer Bewertung.

Betrachtet man nicht die Lage des Mittelwerts der Bewertungen, sondern die Streuung der Werte, stellt man eine starke Polarisierung der Bewertungen fest. Statt einer glockenför­migen Verteilung der Bewertungen findet man auf der aggregierten Ebene aller 18.179 Apotheken mit mindestens einer Google-Bewertung eine J-förmige Verteilung der Bewertungen mit 5 Sternen als häufigster Bewertung. Mit einigem Abstand folgen dann jedoch die am anderen Ende der Skala liegenden 1-Stern-Bewer­tungen. Die Folgeplätze belegen 4-Sterne-, und dann wiederum mit einigem Abstand 3-Sterne- und 2-Sterne-Bewertungen (Abb. 1). 

Per se sagt diese Verteilung der Bewertungen aller Apotheken noch nichts darüber aus, ob auch die individuelle Apotheke kontrovers bewertet wird, schließlich könnte es auch einige wenige Apotheken geben, die fast ausschließlich mit einem Stern bewertet werden und viele Apotheken, die überwiegend mit fünf Sternen bewertet werden. 

Tatsächlich findet man jedoch auch auf der Ebene der individuellen Apotheken stark polarisierende Bewertungen. So verfügen 12.533, oder fast 70 Prozent der Apotheken, die mindestens einmal bewertet wurden, sowohl über mindestens eine 5-Stern-Bewertung und mindestens eine 1-Stern-Bewertung. Bei 11.573 der Apotheken mit mindestens einer Bewertung machen die 1-Stern-Bewertungen 5 Prozent oder mehr der ins­gesamt erhaltenen Bewertungen aus. 

Wenn wenige Bewertungen, dann eher gute

Eine Besonderheit weist die Gruppe der Apotheken mit nur wenigen Bewertungen auf. Betrachtet man die Apotheken mit mehr als einer, aber nicht mehr als fünf Bewertungen, so weisen diese 1.456 Apotheken statistisch signifikant andere Häufigkeiten der einzelnen Bewertungskategorien als die übrigen Apotheken mit mehr als fünf Bewertungen auf (Chi-Qua­drat-Test, p < 0,001). Diese Apotheken haben überproportional häufig 5- und 4-Sterne-Bewertungen und erzielen mit einer durchschnittlichen Bewertung von 4,47 ein Ergebnis, das über dem Durchschnitt der übrigen Apotheken liegt. 

Wer jetzt schlussfolgert, möglichst wenige Google-Bewertungen seien erstrebenswert, der liegt jedoch vermutlich falsch. Der beobachtete Effekt lässt sich möglicherweise darauf zurückführen, dass die ersten Rezensenten eines Unternehmens oft dem Betrieb besonders zugeneigte Personen sind (in diesem Fall z. B. Bekannte oder Familienangehörige des Apothekeninhabers). Und die Leser der Rezensionen lassen sich nicht nur von der Durchschnittsnote der Bewertungen leiten. Maßgeblich für die Glaubwürdigkeit der Online-Bewertungen aus Sicht der Nutzer ist nicht zuletzt die Quantität der Bewertungen [3]. 

Wie sollten Apotheken mit Online-Bewertungen umgehen?

Natürlich wäre es aus Sicht mancher Kunden wünschenswert, wenn die Apotheken nicht nur eine Website hätten und neben einer Präsenz auf Facebook, Instagram, YouTube und selbstverständlich auch TikTok täglich ihre Rezensionen auf Google, Jameda und Yelp prüfen würden. Nur dass Apotheken oftmals weder die personellen, noch finanziellen Ressourcen haben werden, um das zu leisten. Insofern ist im Umgang mit den Online-Bewertungen zum einen ein gehöriges Stück Pragmatismus gefragt, zum anderen sollten sich die Apotheken trotzdem systematisch mit den Bewertungen auseinandersetzen. 

Denkbar ist z. B., einen Verantwortlichen zu bestimmen, der einmal die Woche die wichtigsten Portale prüft, damit gerade schlechte Bewertungen nicht zu lange unbeantwortet bleiben. Weitere, immer wieder empfohlene Maßnahmen sind z. B. empathische Antworten gerade auf schlechte Bewertungen [1]. Und nicht zuletzt wird immer wieder geraten, zufriedene Kunden aktiv zu einer Bewertung aufzufordern. 

Somit bleibt zu hoffen, dass dadurch die Bewertungen der Apotheken in Zukunft auf eine breitere Basis gestellt werden können.

Literatur

[1] Winklhofer E. Beschwerden sind Chancen! Ein Reklamationsmanagement gehört in das Marketingkonzept jeder Apotheke, in DAZ 2022, Nr. 11, S. 48

[2] Fritz B (2020). Studie zu Google-Bewertungen im Jahr 2020. Wie schneiden lokale Unternehmen in verschiedenen Branchen ab?, www.digital-lokal.de/google-bewertungen-studie/

[3] O‘Reilly K, Marx S (2011). How young, technical consumers assess online WOM credibility, in: Qualitative Market Research: An International Journal, Vol. 14, Nr. 4, 330-359


Prof. Dr. Thomas Schmid, Hochschule für angewandte Wissenschaften, Kempten
redaktion@daz.online


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