Creme nicht vertragen

Liegt es am Benzylalkohol?

Berlin - 15.09.2022, 16:45 Uhr

Auf Benzylalkohol in dermatologischen Zubereitungen muss seit 2017 hingewiesen werden. (s / Foto:Kat Ka / AdobeStock)

Auf Benzylalkohol in dermatologischen Zubereitungen muss seit 2017 hingewiesen werden. (s / Foto:Kat Ka / AdobeStock)


Eine Patientin wendet das Präparat Metrocreme wegen einer entzündlichen Hauterkrankung im Gesicht langfristig an. Beim Wechsel auf eine neue Charge reagiert sie plötzlich mit extremer Reizung und Rötung im betroffenen Bereich. Beim Vergleich des Umkartons fällt auf: Neuerdings wird neben Cetylstearylalkohol auch Benzylalkohol als Inhaltsstoff deklariert. Eine Rezepturumstellung im Geheimen oder was ist der Grund für diese Änderung?

Die rezeptpflichtige Zubereitung Metrocreme® enthält 7,5 mg Metronidazol auf 1 g Creme und ist indiziert bei entzündlichen Hauterkrankungen, beispielsweise Rosacea. Die durchschnittliche Behandlungsdauer beträgt laut Fachinformation 12 Wochen. Wenn jedoch ein eindeutiger Nutzen erkennbar ist, kann die Therapie je nach Schweregrad der Erkrankung für weitere 3 bis 4 Monate fortgesetzt werden. In klinischen Studien wurde Metronidazol topisch bis zu 2 Jahre lang angewendet.

Mehr zum Thema

Rezepturen mit industriell gefertigten Dermatika

Mischen impossible?

Übertriebene Hautpflege kann leicht zu einer perioralen Dermatitis führen

Vorsicht Mundrose!

Der Fall einer Patientin gab Rätsel auf: Nachdem sie das Präparat gut vertragen hatte, reagierte sie beim Wechsel auf eine neue Charge plötzlich mit massiver Hautrötung im Gesicht. Zudem beklagt sie eine „flockige“ Konsistenz der Formulierung. In der Apotheke fällt auf den ersten Blick auf, dass neuerdings ein Hinweis auf Benzylalkohol auf dem Umkarton prangt. Benzylalkohol kommt in halbfesten Zubereitungen als Konservierungsmittel, Duftstoff und Lösungsmittel zum Einsatz. Es ist für seine haut- und schleimhautreizende Wirkung berüchtigt und steht im Verdacht, ein Kontaktallergen zu sein. In der Gebrauchs- und Fachinformation wird davon abgeraten, Metrocreme® anzuwenden, wenn man allergisch auf Benzylalkohol reagiert.

Rezeptur unverändert

Auf Nachfrage versichert der Hersteller Galderma, dass sich die Rezeptur seit der erstmaligen Zulassung der Metrocreme® im Jahr 2003 nicht verändert habe. Es ist bekannt, dass Metrocreme® lokale Reizerscheinungen hervorrufen kann. In diesem Fall soll das Präparat weniger als zweimal täglich angewendet oder abgesetzt werden. Nach dem Abklingen der Hautreaktionen kann auf Anweisung des Arztes ein erneuter Behandlungsversuch erfolgen. Laut Galderma kann es sich lohnen, die Therapie fortzuführen, da derartige Nebenwirkungen in der Regel in den ersten zwei Anwendungswochen auftreten und dann abklingen. Zur Therapieoptimierung empfiehlt es sich, nach der Anwendung von Metrocreme und nachdem diese Creme in die Haut eingezogen ist, eine Pflegecreme aufzutragen, die nicht fettend ist und keine Duftstoffe enthält.

Bürokratischer Hintergrund

Warum aber plötzlich der Hinweis auf Benzylalkohol auf der Faltschachtel? Diese Änderung wurde bereits im Jahr 2021 vorgenommen. Die neuen Packungen erreichen nach und nach die Apotheken. Grund ist die sogenannte Besonderheitenliste (Excipients Guideline), die vorschreibt, welche enthaltenen nicht arzneilichen Inhaltsstoffe (Hilfsstoffe) in den Produkttexten erscheinen müssen. Benzylalkohol gehört seit einer Aktualisierung der Liste im Jahr 2017 dazu, die nach einer Übergangsfrist umgesetzt wurde.

Auf richtige Lagerung achten!

Und wie erklärt man sich bei Galderma die flockige Konsistenz? Während der Produktentwicklung hat man bemerkt, dass bei einer Lagertemperatur unterhalb von 8 °C der Wirkstoff in geringen Mengen auskristallisiert. Dieser Prozess ist reversibel, das heißt, beim Erwärmen lösen sich die Kristalle üblicherweise wieder auf. Seit der Markteinführung wurden fünf deutsche Fälle bekannt, bei dem Hautirritationen zusammen mit einer „körnigen“ Konsistenz unter Anwendung einer Metronidazol-Formulierung aus dem Hause Galderma auftraten. Die Fälle waren nicht schwerwiegend und die Symptome sind in allen Fällen wieder vollständig abgeklungen. Eine unsachgemäße Lagerung wird als wahrscheinlich angenommen. Das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker konnte als unabhängige Stelle im Produkt feine Flocken (etwa 1 mm groß) aus Fett beziehungsweise Wachs charakterisieren, während der Wirkstoff selbst fein verteilt in der Zubereitung war. Beim Aufragen auf die Haut haben sich die Flocken aufgelöst.

Die Patientin gab an, das Arzneimittel nicht im Kühlschrank gelagert zu haben. Warum die flockige Konsistenz auftrat, bleibt unklar. Nach einer kurzen Pause setzte sie die Therapie mit der Metrocreme® fort und litt seither nicht mehr unter Hautreizungen. Der Hersteller bittet, jeglichen Verdacht auf unerwünschte Wirkungen zu melden.

Sensibilisierung selten

Vonseiten der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) gibt es Bestrebungen, Benzylalkohol als Hautallergen der Kategorie IB einzuordnen. Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) ist einem entsprechenden Vorschlag zur Harmonisierung weitgehend gefolgt. Mit einer Anpassung der CLP-Verordnung wird im Frühjahr 2023 gerechnet. Benzylalkohol selbst sowie Gemische, die diesen Stoff in Konzentrationen von ≥ 1,0 % enthalten, sind dann entsprechend zu kennzeichnen. Zusätzlich sind zum Schutz bereits sensibilisierter Personen ab 0,1 % besondere Kennzeichnungsvorschriften sowie ein Sicherheitsdatenblatt erforderlich.

Eine aktuelle retrospektive Studie gibt dagegen Entwarnung: Von fast 71.000 Patienten reagierten im Patchtest auf eine Sensibilisierung nur 0,2 Prozent auf Patch-Test-Zubereitung mit 1 Prozent Benzylalkohol, davon in 89 Prozent nur schwach. Die Patienten, die positiv auf den Stoff reagiert hatten, waren häufiger älter als 40 Jahre. Viele dieser Patienten zeigten auch eine dramatische Zunahme der Sensibilisierung auf Perubalsam, Duftstoffallergene wie Duftstoffmischungen I und II, Jasmin absolut und Ylang-Ylang-Öl und Propolis. Das Fazit der Autoren lautet daher: Eine Sensibilisierung gegen Benzylalkohol ist äußerst selten, selbst in einer Patientenpopulation mit klinischer Dermatitis, sodass das Konservierungsmittel nicht als Kontaktallergen bezeichnet werden sollte. Der Warncharakter eines derartigen Gefahrenhinweises könnte dessen Wirkung stark beeinträchtigen.

Formulierungen ohne Benzylalkohol

Benzylalkohol ist in den zwei galenischen Formen Metrocreme® (Gehalt: 2,2 %) und Metrolotion (1,3 %) enthalten. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, kann auf Metrogel® wechseln, in dem auf Benzylalkohol verzichtet wird. Eine weitere Alternative zur Metrocreme® bei Rosacea stellt laut Galderma Soolantra®-Creme mit dem Wirkstoff Ivermectin dar, die ebenfalls kein Benzylalkohol enthält. Zu beachten ist jedoch, dass auch andere Inhaltsstoffe wie Cetylstearylalkohol, Propylenglycol sowie Methyl-4-hydroxybenzoat (E218) und Propyl-4-hydroxybenzoat zu Hautreizungen führen können.


Rika Rausch, Apothekerin
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.