20 – 20 – 20
eda | Seit fast 20 Jahren existiert der Arzneimittelversandhandel in Deutschland. Beim Blick auf das OTC-Segment stellt man fest, dass die Versender inzwischen über rund 20 Prozent Marktanteil verfügen. Als größter Antrieb für diese Entwicklung muss man wohl die im Durchschnitt 20-prozentige Preisdifferenz ansehen, die Kunden bei ihrem Online-Einkauf angeboten werden. Diesen Zusammenhang präsentierte Dr. Frank Diener, Generalbevollmächtigter der Treuhand Hannover Steuerberatungsgesellschaft, bei der Delegiertenversammlung der Apothekerkammer Nordrhein am 16. November 2022 in Neuss.
Diener gilt als ausgewiesener Experte der Arzneimittelbranche und begleitet die Apotheken seit mehr als 30 Jahren. Für die Vor-Ort-Apotheken sei es praktisch unmöglich, „verlorene“ OTC-Kunden zurückzugewinnen. Immerhin habe auch die Branche der Versender inzwischen ihre Schwierigkeiten, neue OTC-Kunden zu gewinnen.
Für die Analyse des Ist-Zustands und für die Prognose der weiteren Marktentwicklung rät Diener, „Versand-OTC“ getrennt von „Offizin-OTC“ zu betrachten. Man dürfe diese Sparten beim Vergleich längst nicht mehr in einen Topf werfen. Zu groß seien die Unterschiede bei den Einkaufskonditionen, den Bezugsquellen sowie in der Zielgruppe.
Daraus ableitend weist Diener auch darauf hin, dass seiner Ansicht nach der Preiszusammenhang aus Kundensicht zwischen „Versand-OTC“ und „Offizin-OTC“ viel schwächer wahrgenommen wird, als viele Vor-Ort-Apotheker denken. Die Menschen legten sich bei Arzneimitteln vielmehr aus Gewohnheit auf einen Bezugsweg fest und zögen weniger Preisvergleiche als angenommen. Davon ausgehend formuliert Diener die Empfehlung an die Apotheken, ihre OTC-Preisspielräume zu überprüfen. Notwendig sei ein strukturiertes, individuelles Preiskonzept in Frei- und Sichtwahl. Statt einer – „leider sehr häufigen“ – unreflektierten, automatisierten Listenpreisübernahme sollten die Verkaufspreise betriebswirtschaftlich sinnvoll kalkuliert werden, um die steigenden Kosten decken zu können.
Weniger dynamisch zeigt sich im Rückblick die Entwicklung des Rx-Geschäfts bei den Versendern. Trotz Gewährung von Boni liegt der Marktanteil seit vielen Jahren um oder zeitweise sogar unter 1 Prozent. Große Erwartungen bestehen in der Versandhandelsbranche bekanntlich im Hinblick auf die flächendeckende Einführung des E-Rezepts. Weil diese sich in der vergangenen Zeit immer wieder verschob, herrscht eine gewisse Unruhe in der Branche: Als zum Jahresende 2021 das neu formierte Bundesgesundheitsministerium ankündigte, die eigentlich für den 1. Januar 2022 vorgesehene Einführung des E-Rezepts auf unbestimmte Zeit zu verschieben und stattdessen weiter zu testen, gingen die Aktien der Zur Rose Group und von Shop Apotheke in einen monatelangen Sinkflug über.
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