Elektrolyt-Pulver

Elotrans & Co. – lässt sich der Kater nach Silvester vermeiden?

Düsseldorf - 30.12.2022, 17:00 Uhr

Nach der Party kommt oft das böse Erwachen, wenn man zu tief ins Glas geschaut hat. (Foto: LIGHTFIELD STUDIOS / AdobeStock)

Nach der Party kommt oft das böse Erwachen, wenn man zu tief ins Glas geschaut hat. (Foto: LIGHTFIELD STUDIOS / AdobeStock)


Ein Social-Media-Trend, um den Kater zu vermeiden, hat in diesem Jahr dazu geführt, dass Elektrolyt-Pulver wie Elotrans nur noch schwer zu bekommen waren. Wenn zu Silvester wieder reichlich Alkohol genossen wird, steigt die Nachfrage wahrscheinlich erneut. Wir sind dem Trend auf den Grund gegangen und beantworten einige Fragen rund um Alkoholgenuss und Kater.

Angeblich verkauft man in einigen Szene-Clubs in Deutschland mittlerweile zum Alkohol ein Päckchen Elotrans oder Elektrolyt-Pulver anderer Hersteller gleich mit dazu. So soll sich der Kater nach dem Alkoholgenuss am nächsten Morgen vermeiden lassen, heißt es. Ausgelöst haben den Hype um das vermeintliche Anti-Katermittel Videos in den sozialen Netzwerken TikTok, YouTube, Instagram, Facebook und Co. Etliche Influencer werden auch nicht müde, die Wirkung insbesondere von Elotrans zu loben.

Eigentlich soll das Pulver die Wasser- und Elektrolytverluste bei an Durchfall und Erbrechen Leidenden lindern, ebenso wie die Variante Oralpädon, die für Kinder und Säuglinge als Zielgruppe gedacht ist. Beide Mittel stammen vom Hersteller Stada. Auch wenn es noch etliche weitere ähnliche Präparate anderer Hersteller gibt, hatte und hat der Internet-Trend seit dem Sommer 2022 insbesondere zur Folge, dass Elotrans zeitweise nicht mehr zu bekommen ist. Faktoren wie der Ukraine-Krieg, COVID-19 und der Rebound-Effekt verstärkter Atemwegserkrankungen, bei denen als Symptome auch Durchfall und Erbrechen zu finden sind, verstärken die Lieferengpässe noch zusätzlich.

Helfen Elektrolyt-Pulver denn wirklich gegen den Kater? Können sie auch schaden? Und gibt es andere Möglichkeiten, wenn die üblichen Fertigpräparate nicht zu bekommen sind? Diese und weitere Fragen wollen wir hier beantworten.

Was genau ist eigentlich ein Kater nach Alkoholgenuss?

Nach der Party kommt der Kater – spätestens am kommenden Morgen. Nicht wenige Menschen kennen das Gefühl der „beeinträchtigten körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit“ nach dem Genuss von Alkohol. Allgemeine Empfehlungen, wie viel Alkohol man maximal zu sich nehmen sollte, um den Kater zu vermeiden, gibt es nicht. Denn das variiert von Mensch zu Mensch und hat viel mit dem individuellen Stoffwechsel und der allgemeinen Konstitution zu tun. Zu einem Teil auch mit Genetik, wenn etwa Enzyme wie die Alkoholdehydrogenase oder weitere im Stoffwechselweg wie die Acetaldehyddehydrogenase (ALDH) nicht vorhanden sind und Alkohol ganz allgemein schlechter vertragen wird. Zu einem anderen Teil hat es auch mit Gewohnheit zu tun – und eventuellen Vorerkrankungen.

(Screenshot: BzGA / DAZ)

Nicht umsonst heißt die seit langem existierenden Kampagne der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzGA), die sich für einen mäßigen Umgang mit Alkohol – oder auch den Verzicht – einsetzt „Kenn dein Limit“.

In jedem Fall geht es vielen Menschen, die ihr Limit nicht eingehalten haben, danach einfach insgesamt körperlich und geistig schlecht. Kopfschmerzen, Übelkeit, Mattigkeit und „Brainfog“ sind typische Symptome eines ausgeprägten Katers. Das Wort ist übrigens wahrscheinlich eine Verballhornung des Wortes Katarrh aus dem 19. Jahrhundert, was früher umgangssprachlich allgemeines Kranksein wie etwa eine Erkältung umschrieb. Es gibt in einigen Gegenden auch den Begriff „Katzenjammer“ für den Alkohol-Kater. Das wiederum stammt wohl vom wortwörtlichen Begriff „Kotzen-Jammer“ ab. Im englischen Sprachraum ist der Kater als Hangover bekannt.

Was sind die Ursachen des Katers und was haben Elektrolyte damit zu tun?

Ursache ist in jedem Fall der übermäßige Genuss von Alkohol in alkoholhaltigen Getränken. In welcher Form und in welchem „Mischungsverhältnis“ oder Reihenfolge (wie im Sprichwort „Bier auf Wein – das lass sein“) ist dabei eigentlich egal. Allein die Menge ist entscheidend – allerdings auch wie oben beschrieben von Mensch zu Mensch unterschiedlich.

Über den genauen Wirkmechanismus, wie Alkohol unmittelbar zu den Symptomen des Katers führt, gibt es noch keine abschließende wissenschaftliche Gewissheit. Obwohl es einiges an Forschung dazu gibt, sei immer noch viel weitere Forschung notwendig, heißt es regelmäßig in entsprechenden Studien.

Bei welchen Arzneistoffen muss der Patient auf Alkoholkonsum verzichten?

Bitte meiden Sie Alkohol!

Es gibt zumindest verschiedene Theorien, die die Symptome erklären sollen und einige bekannte physiologische Wirkweisen von Alkohol (Ethanol) im Körper. So steht fest, dass Ethanol ein Zellgift und Neurotoxin ist. Es hat in entsprechenden Konzentrationen und besonders bei dauerhafter Einwirkung entsprechende schädliche Auswirkungen auf Organe wie die Leber und die Nieren sowie auf Zellen des Nervensystems.

ADH-Hemmung sorgt für Kopfschmerz und Dehydrierung

Bekannt ist auch, dass Ethanol eine hemmende Wirkung auf das Antidiuretische Hormon (ADH) hat. Dieses bewirkt in den Nieren die Rückgewinnung von Wasser aus dem Primärharn. Beim Genuss von Alkohol führt das so zu einem relativen Verlust von Wasser und Elektrolyten. Dieses kann den sogenannten „Nachdurst“ erklären sowie eine Dehydrierung und die Kopfschmerzen.

Allerdings gibt es auch Erklärungen, bei denen ein Abbauprodukt des Alkohols im Körper eine entscheidende Rolle für die Symptome spielt. Ethanol wird durch die Alkoholdehydrogenase zu Acetaldehyd (Ethanal) abgebaut. Diese wiederum interagiert mit verschiedenen Proteinen, greift Zellmembranen an, indem es zu vermehrter Bildung von Sauerstoffradikalen beiträgt, und schädigt Leber und Herz.

Fuselöle als mögliche Kater-Verursacher

Ferner gelten die sogenannten Fuselöle als mögliche – weitere – Verursacher des Katers. Fuselöle sind Kohlenwasserstoffe, die schwerer sind als Alkohol. Es ist ein Gemisch aus höheren Alkoholen, Estern und Terpenen, die bei der natürlichen alkoholischen Gärung entstehen. Bei der Destillation hochprozentiger alkoholischer Getränke sind sie im Nachlauf enthalten, der in der Regel im Endprodukt vermieden wird. Allerdings sind sie auch Träger von Geschmack und Geruch. Je nach Qualität des Getränks sind sie in verschiedener Menge enthalten und haben recht unterschiedliche und mengenabhängige physiologische Wirkungen.

Der Kater ist demnach sehr wahrscheinlich ein Syndrom mit einer Reihe verschiedener Ursachen.

Helfen Elotrans und Co. wirklich gegen die Auswirkungen?

Der Verlust von Wasser und damit auch der darin gelösten Elektrolyte wie Natrium, Kalium, Kalzium und entsprechend Chlorid und Phosphat nach übermäßigem Alkoholgenuss durch die Hemmung von ADH ist ein bekannter Effekt. Betroffene müssen oft Wasser lassen. Wie viel dabei an gelösten Elektrolyten verloren geht, lässt sich nicht genau sagen. In den Nieren wird durch Filtration zunächst der Primärharn gebildet, der aus Wasser und den passiv darin gelösten Bestandteilen des Blutplasmas besteht. Im nächsten Schritt gewinnen die Nieren aus dem Primärharn einen Großteil des Wassers – rund 99 Prozent – zurück. Dieser Prozess wird besonders durch das Antidiuretische Hormon gesteuert, welches die Membrandurchlässigkeit der zuständigen Nierenzellen beeinflusst.

Ein Gutteil der Elektrolyte allerdings – besonders Natrium – wird durch aktive Transportprozesse zurückgewonnen, ein anderer Teil folgt den osmotischen Verhältnissen. Dementsprechend gibt es bei Alkoholgenuss vor allem einen Verlust an Wasser, aber nur einen kleineren Verlust an Elektrolyten. Das heißt, die Auswirkungen von zu viel Alkohol lassen sich nicht eins zu eins mit dem eigentlichen Anwendungsspektrum von Mitteln wie Elotrans vergleichen. Diese gleichen einen Verlust an Elektrolyten und Zucker aus, der durch übermäßiges Erbrechen oder Durchfall entsteht.

Hype ist nicht ganz neu

Experten wie Christian Prinz, Direktor der Klinik für Gastroenterologie am Helios Universitätsklinikum in Wuppertal, erklärten bereits 2018 gegenüber Spiegel Online, was man von „Anti-Kater-Mitteln“ halten soll (ganz neu ist der Social-Media-Hype im Jahr 2022 nämlich nicht). Grundsätzlich können Mittel wie Elotrans und Co. demnach helfen, den Elektrolyt- und Flüssigkeitsmangel zu bekämpfen – allerdings auch erst im Nachhinein und nicht etwa vorbeugend. Das gilt auch für spezielle sogenannte „Anti-Kater-Mittel“, die es rezeptfrei gibt.

Einen Kater vollkommen ausschließen können aber letztendlich alle Mittel nicht. Elotrans-Hersteller Stada betont auch das Anwendungsgebiet bei Durchfall und Erbrechen – kokettiert aber selbst etwa im Social Media mit dem Ruf seines Mittels.

Können Elektrolyt-Pulver auch schaden?

Elotrans enthält pro Beutel 700 Milligramm Natriumchlorid, 300 Milligramm Kaliumchlorid, 590 Milligramm Natriumcitrat-2-Wasser und 4.000 Milligramm Glucose sowie Apfelsäure und Aromen. Gesunde sollten in der Regel keine Probleme durch Elotrans und ähnliche Präparate haben. Allerdings gibt Stada als unerwünschte mögliche Wirkung „Übelkeit und Erbrechen“ an.

Wo muss wirklich auf das Genussmittel verzichtet werden?

Gecheckt: Alkohol und Antibiotika

Ein gewisses Risiko besteht eher für Betroffene der angegebenen Gegenanzeigen – also etwa wer ohnehin eine Alkalose, eine Verschiebung des Säure-Basen-Gleichgewichts zum Alkalischen, aufweist. Das kann etwa bei der Einnahme von Diuretika der Fall sein. Auch wer über eine eingeschränkte Nierenfunktion verfügt, sollte diese Art von Elektrolyt-Pulvern nicht einnehmen – allerdings ist dann auch starker Alkoholgenuss eher nicht angeraten.

Vorsicht bei Herzschwäche, Bluthochdruck und Diabetes

Und auch im Zusammenhang mit Herzschwäche, Bluthochdruck und Diabetes ist Vorsicht angebracht. Für Betroffene von Herz-Kreislauf-Erkrankungen kann es schädlich sein, den Elektrolythaushalt zu beeinflussen – unter anderem wegen der physiologischen Wirkungen von Natrium und Kalium bei der Erregung der Muskeln (auch des Herzens) und der neurologischen Signalweiterleitung. Einige Experten warnen daher sogar davor.

Schädlich ist der Hype um das Mittel Elotrans aber wohl eher gegenüber denen, die es tatsächlich benötigen – Betroffenen von starkem Durchfall und Erbrechen. Denn zeitweilig war und ist das Mittel in Apotheken ausverkauft und nicht lieferbar.

Gibt es Alternativen zu den Pulvern?

Es gibt tatsächlich verschiedene Alternativen zu den fertigen Präparaten. Zum einen können in Apotheken alternative Rezepturen zusammengestellt werden.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt zum einen ein Rezept für eine Rehydratations-Trinklösung, die auf einen Liter Wasser 13,5 Gramm Glukose, 2,9 Gramm Natriumcitrat, 2,6 Gramm Natriumchlorid und 1,5 Gramm Kaliumchlorid vorsieht. Wer diese Zutaten nicht ohne Weiteres zur Hand hat, kann sich mit dem alltagstauglicheren Rezept auf ein Liter Wasser sieben Teelöffel Zucker (Haushaltszucker), ein Teelöffel Kochsalz (Natriumchlorid) und ein halber Teelöffel Backpulver (enthält unter anderem Kalium) behelfen. Dazu kommt eine Tasse Orangensaft oder zwei zerdrückte Bananen. Beides enthält von Natur aus vor allem viel Kalium.

Grundsätzlich sind aber auch Mineralwasser in ausreichender Menge oder noch besser die elektrolytreiche Apfelschorle geeignet, den Wasser- und Elektrolytverlust bei Alkoholkonsum auszugleichen.

Hilft ein „Kater-Frühstück“?

Ganz allgemein gibt es Empfehlungen, bei geplantem größerem Alkoholgenuss – also etwa vor der Silvester-Party – fettiges Essen als „Grundlage“ zu sich zu nehmen. Fettige Speisen verzögern die Aufnahme des Alkohols ins Blut.

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Eine andere Empfehlung ist, für jedes Glas Alkohol auch ausreichend Wasser zu trinken. Beim Silvester-Menü kann etwa eine kräftige Brühe für beides sorgen – sie bietet neben Wasser auch viele Elektrolyte. Den Kater ganz vermeiden kann man damit jedoch nicht unbedingt. Dazu kommen zu viele verschiedene Faktoren zusammen.

Es gibt allerdings auch eine ganze Reihe von Rezepten für ein „Kater-Frühstück“, mit dem dann an Neujahr die Symptome gelindert werden sollen. Bekannt sind etwa Rollmops, der fettig ist und viele Salze enthält. Auch Bananen-Smoothies, die viel Kalium und Natrium enthalten, können helfen – ansonsten einfach viel trinken, am besten Mineralwasser.

Wie vermeidet man einen Kater am besten?

Zum Abschluss bleibt zu sagen: die beste Methode, einen Kater zu vermeiden, ist einfach keinen Alkohol zu trinken – oder wenigstens sein Limit zu kennen und nur in Maßen zu trinken. Schließlich ist ein Kater nur eine der noch harmlosen Folgen von zu viel Alkohol. Die Statistiken der Unfälle, Verbrechen und medizinischer Notfälle durch übermäßigen Alkoholkonsum sprechen da Bände.


Volker Budinger, Diplom-Biologe, freier Journalist
redaktion@daz.online


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