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3 Millionen Euro Förderung durch das BMWK
Forscher wollen mRNA-Impfungen zu Schluckimpfungen weiterentwickeln
Nachdem die mRNA-Impfstoffe dank der erfolgreichen COVID-19-Impfungen mittlerweile als etabliert gelten, wollen Forscher der Universität Erlangen-Nürnberg diese gemeinsam mit Kooperationspartnern zu Schluckimpfungen weiterentwickeln. Als Vehikel sollen erstmals Achaeen-Lipide zum Einsatz kommen. Was es damit auf sich hat, lesen Sie hier.
Die Schluckimpfung schlechthin war lange Zeit die an vielen Grundschulen bis ins Jahr 1999 hinein regelmäßig durchgeführte Immunisierung gegen den Erreger der Kinderlähmung. Zwar gibt es heute noch Schluckimpfungen etwa gegen Typhus, Tuberkulose, Cholera und Rotaviren – sie sind aber insgesamt etwas aus der Mode gekommen. Lediglich die Rotaviren-Schluckimpfung findet sich in den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) für Säuglinge. Praktisch an der Schluckimpfung ist zweifelsohne die orale Applizierbarkeit, allerdings vermögen manche Magen-Darm-Erkrankungen oder gleichzeitige Antibiotika-Behandlungen den Erfolg von Schluckimpfungen zu verhindern.
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Wissenschaftler der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) arbeiten derzeit an einer mRNA-Schluckimpfung. Impfstoffe auf Basis der Boten-Ribonukleinsäure (messenger Ribonucleic-Acid) mRNA sind spätestens seit den COVID-19-Impfstoffen, wie Comirnaty® von Biontech und dem Impfstoff von Moderna, etabliert und gelten im Großen und Ganzen als sicher. Nachteile sind allerdings, dass Lagerung und Transport durch die Temperaturempfindlichkeit kompliziert sind sowie die Notwendigkeit der subkutanen Injektion der Impfstoffe.
Einfachere Applikation und Logistik für mRNA-Impfstoffe
Mit dem Projekt TEL-DrugDelivery wollen die FAU-Forscher im Forschungsverbund mit den Unternehmen BianoGMP, IFB, Ionovation und CAM-D Technologies, sowie dem außeruniversitären Forschungsinstitut iba nicht nur den Weg der Applikation vereinfachen, sondern auch den logistischen Transport der Vakzine. TEL steht dabei für „Tetraetherlipide“. Dies sind Bestandteile der Zellwand sehr urtümlicher Einzeller, der sogenannten Archaeen. Sie überleben unter extremen Bedingungen wie etwa hohen Temperaturen, aber auch unter besonders sauren Bedingungen etwa in heißen vulkanischen Quellen. Professor Dagmar Fischer, Lehrstuhl-Inhaberin für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie an der FAU und Leiterin des nun startenden Projekts, erklärt dazu:
„Membranlipide thermoacidophiler Archaeen, die sogenannten Tetraetherlipide, enthalten aliphatische unpolare Ketten, die über Etherbindungen anstatt über Esterbindungen mit den polaren Kopfgruppen verknüpft sind. Zusätzlich sind einige der Lipide so strukturiert, dass sie an beiden Enden polare Kopfgruppen besitzen und die gesamte Membran durchspannen. Sie bilden also im Gegensatz zu konventionellen Zellmembranen eine Monoschicht, welche bei hohen Temperaturen und niedrigem pH-Wert stabil ist.“
Auf Grundage dieser Lipide soll nun „ein Transportsystem für die orale Applikation von mRNA-Impfstoffen entwickelt werden, welches den sicheren, stabilen und effizienten Transfer von mRNA in den Darm durch Verwendung säurestabiler Speziallipide gewährleistet“, erklärt sie weiter. Vorteilhaft seien dabei die patientenfreundliche Applikationsform, die potenziell bessere Bioverteilung und höhere Stabilität der mRNA-Wirkstoffe sowie ein einfacher und nachhaltiger Herstellungsprozess. Aktuell arbeite man an Machbarkeitsstudien.
Archaeosomen – Lipidvesikel enthalten Tetraetherlipide
Die TEL machen dabei den wesentlichen Unterschied zu den bisherigen mRNA-Impfstoffen aus. Bei Comirnaty und Co. ist die mRNA in Lipid-Vesikeln verpackt. Im Wesentlichen ist das auch bei der geplanten Schluckimpfung so, nur dass die Lipidvesikel TEL enthalten und damit sogenannte „Archaeosomen“ sind. Und diese sollen nicht nur säurestabil sein und gut mit den Zellen der Darmwand fusionieren können, sondern auch noch stabiler bei Transport und Lagerung sein. „Wir streben im Idealfall sowohl eine Lagerung als auch eine Applikation in trockener Form an, das heißt ein Rekonstitutionsschritt soll nach Möglichkeit vermieden werden. Von den gewählten Archaeosomen ist außerdem bekannt, dass sie ein vorteilhafteres Fusionsverhalten aufweisen und damit eine höhere Stabilität als herkömmliche Lipide“, sagt Fischer. Die in Archeosome verpackten mRNA-Vakzine sollen dann in Kapsel- oder Tablettenform appliziert werden können.
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Gefördert wird das Projekt mit rund 3 Millionen Euro durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). Bereits bis Ende 2025 will man dabei das Vorhaben auch umgesetzt haben und muss bis dahin noch einige Schwierigkeiten lösen. „Das zu entwickelnde System muss die mRNA im sauren Magenmilieu, in der Umgebung des Dünndarms und gegenüber enzymatischem Abbau schützen. Zudem sind dabei zahlreiche patientenindividuelle Faktoren und Interaktionen mit Nahrungsbestandteilen zu berücksichtigen“, erklärt die Professorin. Dazu sollen insbesondere die TEL optimiert werden, unter anderem auch mithilfe von Computersimulation. Die errechneten notwendigen chemischen Veränderungen an den TEL will man dann im Labor in die Praxis umsetzen.
Warum Archaeosomen und keine anderen magensaftresistenten Methoden?
Im Labor sollen auch die Verhältnisse in der Mundhöhle, im Magen und im Darm simuliert werden. „Dort schauen wir nicht nur, wie stabil die mRNA dieses Milieu übersteht, sondern untersuchen auch, ob die Archaeosomen zum Beispiel die Zellen des Darms schädigen können“, erklärt Fischer.
Dass man sich dafür entschieden habe, Archaeosomen als Transportvesikel durch den Magen zu optimieren und nicht andere magensaftresistente Methoden, liegt dabei insbesondere an der zu transportierenden mRNA. Diese müsse „nach der Freisetzung aus dem Trägersystem erstens intakt die Zellen der Darmschleimhaut erreichen, zweitens eine Wechselwirkung mit der negativ geladenen Zellmembran der Darmepithelzellen eingehen, dem die elektrostatische Abstoßung beider Komponenten entgegensteht, um aufgenommen zu werden und drittens stabil das endosomale-lysosomale Kompartiment erreichen und wieder verlassen“, sagt Fischer. All dies sollen die Archaeosomen leisten.
Mikroorganismen als Ausgangsmaterial – TEL mit definierten Spezifikationen gewinnen
Ganz konkret wollen die Forscher nun zunächst den Kultivierungsprozess von Mikroorganismen als Ausgangsmaterial optimieren und standardisieren, um kontrolliert TEL mit definierten Spezifikationen zu gewinnen, sagt Fischer. „Die erhaltenen TEL werden bezüglich ihrer Endgruppenchemie systematisch variiert, auch unter Einsatz einer computergestützten Designoptimierung, sodass grundlegendes Know-how zu Struktur-Funktions-Beziehungen generiert und vertieft werden kann.“ Ferner will man „eine optimierte Herstellungstechnologie sowie kritische Prozessparameter“ identifizieren, wobei ein besonderes Augenmerk auf der Nachhaltigkeit der Prozesse liegen soll. Schließlich wolle man erste In-vitro-Untersuchungen an artifiziellen Membranen, Zellkulturen und Gewebe-Modellen des Darms durchführen, um die erfolgversprechendsten Transportsysteme zu identifizieren.
Wenn sich auf diese Weise eine COVID-19-mRNA-Schluckimpfung etablieren lässt, will man so künftig auch andere Impfstoffe oral in den Körper bringen können. Schließlich seien mRNA-Impfungen in der Erprobung gegen verschiedene Infektionskrankheiten, aber auch gegen Tumore, sagen die Forscher.
3 Kommentare
mRNA etabliert und sicher
von Uwe am 21.02.2023 um 21:55 Uhr
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AW: mRNA etabliert und sicher
von Thomas S. am 22.02.2023 um 15:38 Uhr
mRNA etabliert und sicher
von Thomas S. am 21.02.2023 um 20:00 Uhr
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