Kommentar

Engpassmanagement ist kein Selbstzweck!

Stuttgart - 17.03.2023, 17:51 Uhr

Nicht lieferbar – Zeigt die Software diese Information an, bedeutet das für das pharmazeutische Personal eine Menge Arbeit. (Foto: Schelbert / DAZ)

Nicht lieferbar – Zeigt die Software diese Information an, bedeutet das für das pharmazeutische Personal eine Menge Arbeit. (Foto: Schelbert / DAZ)


Die 50 Cent für das Engpassmanagement orientieren sich nicht am Aufwand der Apotheken, sondern daran, was die Politik bereit ist, für diese Arbeit zu geben. Das zeigt nicht nur die Geringschätzung des BMG für die Arbeit der Apotheken, sondern auch für die Versorgung und somit letztlich auch für die Gesundheit der Patient:innen. Schließlich ist Engpassmanagement kein Selbstzweck, meint DAZ-Chefredakteurin Julia Borsch.

Die verzweifelte Mutter, deren Kind dringend ein Antibiotikum benötigt, und der Diabetes-Patient, der Angst hat, sein Insulin nicht zu bekommen, sind nur zwei völlig wahllose Beispiel für Patient:innen, deren Versorgung aktuell nur noch funktioniert, weil sich die Apothekenteams in Deutschland tagtäglich ein Bein ausreißen. Immer mehr Verordnungen lassen sich nicht routinemäßig beliefern, sondern erfordern Nachforschungen, Organisation, Erklärung und kreative Lösungen.

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Lächerliche 50 Cent sollen die Apotheken für diesen Aufwand künftig erhalten. Nach den Honorarmaßstäben des Schiedsspruchs für pharmazeutische Dienstleistungen lassen sich damit 43 PTA-Sekunden finanzieren – das ist aber eigentlich auch egal. Denn das BMG erklärte der ABDA-Präsidentin, wie die Summe zustande kommt. Das berichtete Gabriele Regina Overwiening am gestrigen Donnerstag beim „Lass uns reden“-Talk der ABDA. Die 50 Cent orientierten sich demnach nicht am Aufwand der Apotheken, habe man ihr gesagt. Ausschlaggebend für die Höhe des Betrags sei allein, was die Politik bereit sei, dem Berufsstand für seine Mühe zu geben.

Anscheinend ist dieser Aufwand der Politik einfach nicht mehr wert. Das Argument mit den knappen Kassen verliert auf jeden Fall an Glaubwürdigkeit, wenn Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nach der vom Bundestag bereits beschlossenen Entbudgetierung der Kinder- und Jugendärzte nun auch den Hausärzten diese in Aussicht stellt und sich zudem deutlich gegen Kostendämpfungsgesetze ausspricht. Daher reicht es in diesem Zusammenhang nicht aus, von Geringschätzung für die Arbeit der Apotheken zu sprechen. Verachtung ist wohl angemessener. 

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Und was man dabei nicht vergessen darf: Engpassmanagement ist kein Selbstzweck für die Apotheken. Am Ende geht es um Menschen, die versorgt werden müssen. Und für jeden einzelnen dieser Menschen ist es eine Katastrophe, wenn das nicht klappt – unabhängig davon, wie groß der objektivierbare Schaden ist. Aber offenbar ist die Versorgung und somit die Gesundheit dieser Menschen dem BMG nicht mehr wert als 50 Cent. Das ist für eine Institution, deren Namen „für Gesundheit“ beinhaltet, ziemlich erschreckend.


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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1 Kommentar

Entbudgetierung beinhaltet Engpassmanagement

von Tilmann Schöll am 19.03.2023 um 17:42 Uhr

Wenn die Ärzte "entbudgetiert" werden, dann haben diese dann ja auch noch Effizienzreserven oder Möglichkeiten zur Neueinstellung von Personal für Engpassmanagement. FOlglich schicken wir Apotheken dann alle Patienten wieder in die Praxis, die sich dann irgendwoher alternative Präparate suchen oder uns dann auf einer kostenpflichtigen Hotline mitteilen, wo wir das entsprechende Medikament beziehen sollen. Oder sollen wir Apotheken als Subunternehmen der Arztpraxis fungieren und für die Praxis per Vertrag gegen "entbudgetiertes" Honorar das Engpassmanagement übernehmen.

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