Geringe Assoziation zu Fehlbildungen in Beobachtungsstudie

Sind PPI in der Schwangerschaft vertretbar?

Mainz - 14.04.2023, 12:16 Uhr

Weltweit hat sich die Nachfrage nach Protonenpumpen-­Inhibitoren in der Schwangerschaft erhöht, obwohl die Daten zur Sicherheit nach wie vor widersprüchlich sind. (Foto: Blue Planet Studio / AdobeStock)

Weltweit hat sich die Nachfrage nach Protonenpumpen-­Inhibitoren in der Schwangerschaft erhöht, obwohl die Daten zur Sicherheit nach wie vor widersprüchlich sind. (Foto: Blue Planet Studio / AdobeStock)


Die Nachfrage nach Mitteln gegen Sodbrennen in der Schwangerschaft ist groß. Neben Lebensstiländerungen und Antazida kommen zunehmend auch Protonenpumpen-Inhibitoren (PPI) zum Einsatz. Doch wie sicher sind sie in der Schwangerschaft? Ist die Einnahme unbedenklich? Neue Erkenntnisse liefert eine aktuelle Studie aus Südkorea. 

Die gastroösophageale Refluxkrankheit (GERD) tritt häufig bei Schwangeren auf. Der Leidensdruck ist groß, darum wünschen sich viele Betroffene eine effektive Hemmung der Säure­produktion. Weltweit hat sich die Nachfrage nach Protonenpumpen-­Inhibitoren in der Schwangerschaft erhöht, obwohl die Daten zur Sicherheit nach wie vor widersprüchlich sind. 

Mehr zum Thema

In einer 2020 veröffentlichten Metaanalyse wurde über ein um 28 Prozent erhöhtes Risiko für Fehlbildungen unter PPI-Einnahme berichtet [2]. Die in der Analyse berücksichtigten Studien scheinen jedoch wichtige methodische Mängel aufzuweisen. In einer aktuellen bevölkerungsbasierten Kohortenstudie aus Südkorea wurde eine mögliche Assoziation erneut untersucht.

Relatives Risiko leicht erhöht

Hierzu wurden die Daten von knapp 2,7 Millionen Schwangerschaften von Frauen im Alter von 19 bis 44 Jahren (Mittelwert 32,1 Jahre) von Juni 2011 bis Dezember 2019 und ihren Neu­geborenen ausgewertet. Die Daten stammten von der nationalen Krankenversicherung und Gesundheits­datenbank Südkoreas. In 40.540 Schwangerschaften (1,5 Prozent) nahmen Frauen Protonenpumpen-Inhibitoren im ersten Trimenon ein. 

Selbstregulation als Möglichkeit im Konfliktmanagement

„Was tun, wenn es brennt?“

S2k-Leitlinie Gastroösophageale Refluxkrankheit und eosinophile Ösophagitis (1)

Leitliniengerechte Therapie von GERD – PPI für alle?

Am häufigsten wurde Rabeprazol verordnet, gefolgt von Esomeprazol und Lanso­prazol. Schwangere, die PPI einnahmen, hatten im Vergleich zu Schwangeren ohne PPI häufiger eine Indikation für PPI, z. B. eine GERD. Zudem litten diese Frauen häufiger an Beschwerden wie Migräne mit Übelkeit und Erbrechen und erhielten auch häufiger Antidepressiva, Opioide oder nichtsteroidale Antirheumatika.

Das absolute Risiko für schwere kongenitale Fehlbildungen lag unter PPI-Einnahme bei 396,7 pro 10.000 Kinder versus 323,4 pro 10.000 Kinder ohne pränatale PPI-Exposition. Nach Adjustierung auf zahlreiche Einflussgrößen (Propensity Score) lag das relative Risiko für schwere kongenitale Fehlbildungen unter PPI-Einnahme mit 1,07 (95%-Konfidenz­intervall [KI] = 1,02 bis 1,13) und für kongenitale Herzfehler mit 1,09 (95%-KI= 1,01 bis 1,17) statistisch geringfügig über dem Signifikanzniveau. 

Für Kiefer-Gaumen-Spalten (RR = 1,02; 95%-KI = 0,72 bis 1,43), Hydrocephalus, einen „Wasserkopf“ (RR = 0,94; 95%-KI = 0,54 bis 1,63) und Hypospadie, eine Fehlbildung der männlichen Harnröhre (RR = 0,77; 95%-KI = 0,51 bis 1,17) konnte keine statistisch signifikante Zunahme unter PPI-Exposition ermittelt werden. Keine Assoziation konnte zwischen den einzelnen PPI und Endpunkten festgestellt werden – mit einer Ausnahme: Das relative Risiko für schwere kongenitale Fehlbildungen war unter Esomeprazol minimal erhöht (RR = 1,10; 95%-KI = 1,02 bis 1,20).

Geschwisteranalyse zeigt keine Assoziation

Darüber hinaus wurde eine Geschwisteranalyse durchgeführt – insgesamt wurden die Daten von 16.730 Familien ausgewertet, in denen ein Kind während der Schwangerschaft einer PPI-Exposition ausgesetzt war und ein Kind nicht. In dieser Analyse konnte keine Assoziation zwischen PPI-Einnahme und kongenitalen Fehl­bildungen beobachtet werden.

Fazit

Die Studienautoren kommen abschließend zu dem Ergebnis, dass die PPI-Einnahme während dem ersten Trimenon der Schwangerschaft nicht mit einem substanziell erhöhten Fehlbildungsrisiko assoziiert ist. Obwohl die relativen Risiken für schwere kongenitale Fehlbildungen und kongenitale Herzfehler unter PPI-Einnahme leicht erhöht waren, könne man diese Assoziationen laut der Studienautoren in Anbetracht des Studiendesigns und der Größe des Punktschätzwertes nicht als klinisch bedeutsam erachten. Diese Einschätzung wird durch die Ergebnisse der Geschwisteranalyse unterstrichen – größere teratogene Effekte unter PPI-Einnahme werden daher nicht vermutet.

 

Literatur

[1] Choi A et al. Association between proton pump inhibitor use during early pregnancy and risk of congenital malformations. JAMA Network Open 2023;6(1):e2250366, doi: 10.1001/jamanetworkopen.2022.50366

[2] Li CM et al. Systematic review with meta-analysis: the risks of proton pump inhibitors during pregnancy. Aliment Pharmacol Ther 2020;51(4):410-420, doi: 10.1111/apt.15610


Dr. Martina Wegener, Apothekerin
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Geringe Assoziation zu Fehlbildungen in Beobachtungsstudie

Sind PPI in der Schwangerschaft vertretbar?

Elek­trolytstörung als Bindeglied verantwortlich

Erhöhen PPI das Risiko für ein Delir?

Elek­trolytstörung als Bindeglied

Erhöhen PPI das Risiko für ein Delir?

Kombination mit ASS zeigt tumorprotektiven Effekt

Weniger Ösophaguskarzinome unter PPI

Narkolepsie-Therapie in der Schwangerschaft ist eine Herausforderung

Fehlbildungen unter Modafinil

Warum Protonenpumpenhemmer langfristig schaden können

PPI werfen lange Schatten

Frakturrisiko scheint nicht nur bei Erwachsenen erhöht zu sein

Brüchige Knochen durch PPI?

Hinweise auf erhöhtes Fehlbildungsrisiko bei Einnahme in der Schwangerschaft

Bedenkliche Makrolide?

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.