Cochrane Review

Helfen Cytisin und Vareniclin bei der Raucher-Entwöhnung?

Stuttgart - 24.05.2023, 10:45 Uhr

Schluss mit Rauchen? Das fällt vielen nicht leicht. (Foto: Adobe Stock / vchalup)

Schluss mit Rauchen? Das fällt vielen nicht leicht. (Foto: Adobe Stock / vchalup)


Medikamentöse Unterstützung bei der Raucher-Entwöhnung dürfte vielen Betroffenen herzlich willkommen sein. In einem aktuelle Cochrane Review schlussfolgern die Autor:innen, dass die Partialagonisten eines Nicotin-Rezeptors Cytisin und Vareniclin eine wirksame Hilfe beim Rauchstopp sein können. Bleibt jedoch der Wermutstropfen der aktuell schlechten Verfügbarkeit der entsprechenden Fertigarzneimittel.

Laut Angaben des Bundesministeriums für Gesundheit raucht fast jeder vierte Erwachsene in Deutschland. Wer diese Sucht ablegen möchte, dem können laut „S3-Leitlinie Rauchen und Tabakabhängigkeit: Screening, Diagnostik und Behandlung“ nebst Beratung und Verhaltenstherapie auch Arzneimittel bei der Raucher-Entwöhnung helfen. Hierzu zählen Nicotin-Ersatzpräparate, das Antidepressivum Bupropion und Partialagonisten am α4β2-Subtyp des nicotinischen Acetylcholinrezeptors. Um solche Partialagonisten handelt es sich beispielsweise bei dem Goldregen-Alkaloid Cytisin (Asmoken®) und dem strukturähnlichen Vareniclin (Champix®).

Die Rationale hinter beiden Präparaten: Durch den partialen Agonismus wird der Dopamin-Spiegel auf einem moderaten Niveau gehalten, wohingegen durch den partialen Antagonismus die Wirkung einer gerauchten Zigarette weniger stark ausfällt und die dadurch eintretende Befriedigung reduziert ist.

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Ob und wenn ja, wie gut partielle Nicotinrezeptor-Agonisten bei der Raucher-Entwöhnung helfen, ist eine Frage, die die Cochrane Collaboration bereits seit 2006 beschäftigt. Im Mai dieses Jahres erschien nun eine Aktualisierung der Übersichtsarbeit, in die 75 Studien eingeschlossen wurden – 45 mehr als bei der Vorgängerversion. Bei allen Studien handelte es sich um randomisierte, kontrollierte Studien, welche die Wirkstoffe Cytisin und Vareniclin gegen Placebo, ein anderes Präparat zur Raucher-Entwöhnung oder miteinander verglichen und deren Nachbeobachtungszeit mindestens sechs Monate betrug.

Cytisin und Vareniclin – wohl wirksamer als Placebo

Zur Wirksamkeit von Cytisin gegenüber Placebo lagen vier Studien vor. Hieraus ergab sich ein Vorteil des Nicotinrezeptor-Partialagonisten (Relatives Risiko RR 1,30), wobei die Sicherheit der Aussage als moderat eingestuft wurde. Schwere Nebenwirkungen wurden hierbei nicht häufiger berichtet als unter Placebo (RR 1,04).

41 Studien beschäftigten sich mit dem Vergleich der Wirksamkeit von Vareniclin gegenüber Placebo. Wobei sich der Nicotinrezeptor-Partialagonist als deutlich überlegen zeigte (RR 2,32). Die Sicherheit dieser Aussage wurde als hoch eingestuft. Allerdings traten in den Studien, die jene erfassten, in der Verumgruppe wenige, aber mehr schwere Nebenwirkungen auf (2,7 bis 4 Prozent) als bei Patient:innen, die kein Vareniclin einnahmen (2,7 Prozent).

Weiterhin war Vareniclin auch Bupropion (RR 1,36; neun Studien), einer Nicotin-Ersatztherapie mit einem entsprechenden Präparat (RR 1,25; elf Studien) und auch Cytisin überlegen (RR Cytisin 0,83; zwei Studien). Letztere Aussage könne sich aber schnell ändern, sobald mehr Studien zu Cytisin vorlägen, merkten die Autor:innen an. Gegenüber einer kombinierten Nicotin-Ersatztherapie mit mehreren Präparaten, bspw. Pflaster plus Kaugummi, war Vareniclin hingegen gleichwertig (RR 1,02, fünf Studien).

Überblick in absoluten Zahlen

Von 100 Personen, die mit dem Rauchen aufhören möchten, gelingt dies laut dem Cochrane Review bei Einnahme von:

  • Vareniclin 21 bis 25 Personen,
  • Cytisin 18 bis 23 Personen,
  • Bupropion 18 Personen,
  • einem Nicotin-Ersatzpräparat 18 Personen und bei
  • einer Kombination von Nicotin-Ersatzpräparaten 20 Personen.

Diese Informationen dürften Apothekenteams dabei helfen, Menschen zu beraten, die das Rauchen aufgeben möchten. Eigentlich – denn bei Champix® wurden 2021 Nitrosamin-Verunreinigungen festgestellt und seitdem ist das Präparat nicht mehr verfügbar. Auch Asmoken® scheint derzeit nicht zu bekommen zu sein.


Gesa Gnegel, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (gg)
redaktion@daz.online


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