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Basel
Studie WeedCare: Schweizer Apotheken dürfen Cannabis verkaufen
Während die Ampel in Deutschland an der Legalisierung von Cannabis werkelt, laufen in der Schweiz bereits die ersten Modellprojekte. Seit Beginn des Jahres dürfen etwa ausgewählte Apotheken in Basel Cannabis an Probanden verkaufen. Welche Ziele verfolgen die Initiatoren und wie bewertet ein teilnehmender Apotheker das Projekt? Die DAZ hat sich umgehört.
In neun Baseler Apotheken werden seit Beginn des Jahres nicht nur OTC-Produkte ohne Rezept verkauft, sondern auch Cannabisblüten in Geschmacksrichtungen wie „Purple Gas” und „Guava Jam”. Das Ganze ist Teil von WeedCare, einer Studie zur kontrollierten Abgabe von Marihuana und Haschisch. Ähnliche Modellprojekte laufen derzeit in Städten wie Lausanne, Bern und Zürich an: Die Schweiz hatte vor zwei Jahren beschlossen, Studien zum überwachten Cannabiskonsum zu erleichtern.
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Marc Walter ist Klinikleiter bei den Psychiatrischen Diensten Aargau und Leiter der WeedCare-Studie. Er erklärt, was genau das Ziel der Untersuchung ist: „Wir wollen herausfinden, welche Auswirkungen der regulierte Konsum auf die psychische Gesundheit hat.“ Cannabis werde oft zur Selbstmedikation genutzt, etwa von Traumapatienten, bei Depressionen, ADHS oder Schlafstörungen, so Walter. Durch die Studie werde der Zugang zu Cannabis von guter Qualität erleichtert. Gleichzeitig falle der mögliche Stress durch die halblegale Beschaffung weg. Rund 400 Probanden, die bereits regelmäßig Marihuana oder Haschisch konsumieren, nehmen teil und können Cannabisprodukte im Studienzeitraum legal in der Apotheke kaufen. „Unsere Hypothese ist, dass sich bestimmte Faktoren wie die Lebensqualität dadurch verbessern”, sagt Walter.
Problematischer Konsum: Kontrollierte Abgabe könnte Schaden minimieren
Grundsätzlich sollte man die Gefahren einer Cannabissucht nicht auf die leichte Schulter nehmen, betont er. Es gebe aber viele Konsumenten mit unproblematischem Konsum. „Die Gruppe derjenigen, die schwer suchtmittelabhängig sind, konsumiert ohnehin, aber Cannabis mit schlechter Qualität.“ So seien Produkte aus dem Straßenverkauf oft mit giftigen Streckmitteln behandelt oder potenziell gefährlichen künstlichen Cannabinoiden besprüht. „Hier könnte die kontrollierte Abgabe zur Schadensminderung beitragen”, glaubt Walter. Zudem könnten Modellprojekte zur kontrollierten Abgabe helfen zu erforschen, wer ein besonders hohes Risiko hat, in die Abhängigkeit zu rutschen – um Hilfsangebote daran auszurichten.
Mithilfe einer Online-Befragung wird bei WeedCare das psychische Befinden vor und während der kontrollierten Angabe ausgewertet. Zudem wird erfasst, wie sich das Konsumverhalten verändert, wenn Cannabis legal in der Apotheke erhältlich ist. „Uns interessiert zum Beispiel, ob ein höherer oder niedrigerer THC-Gehalt bevorzugt wird, wenn die Probanden frei wählen können.” Es gebe ein Sortiment „wie im Weinladen”, so Walter. Im Angebot sind bei WeedCare vier verschiedene Cannabisblüten mit einem unterschiedlichen Gehalt und Verhältnis der beiden Cannabis-Hauptwirkstoffe Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD), deren THC-Gehalt von 4,5 Prozent („Lemon Tart”) bis 16 Prozent („Berry Kush”) reicht, dazu zwei Sorten Haschisch mit je 20 Prozent und 13 Prozent THC Gehalt. Die Cannabisprodukte kosten zwischen 8 und 12 Schweizer Franken pro Gramm (etwa 8,30 Euro bis 12,40 Euro) und müssen von den Konsumenten selbst bezahlt werden. „Die Preise orientieren sich am Schwarzmarkt”, sagt Walter.
Verkauf für Apotheken wenig lukrativ
Etwa ein Drittel der Erlöse ginge an die Schweizer Firma, die das Cannabis produziert, ein weiteres Drittel diene der Finanzierung der Studie. Das restliche Drittel gehe als Aufwandsentschädigung an die Apotheken, berichtet Walter. Mit dem Apothekenverkauf bei WeedCare ließen sich keine großen Gewinne erwirtschaften. Vielmehr würden sich Apotheker und Apothekerinnen aus Interesse und Überzeugung beteiligen. Das kann Lukas Meister bestätigen. Er ist Inhaber der Top Pharm Apotheke am Spalebärg in Basel, die bei WeedCare mitmacht. „Wahnsinnig lukrativ ist der Verkauf nicht, eher unter der normalen Marge", sagt Meister.
Er macht mit, weil er das Projekt sinnvoll findet. Es sei richtig, nach Wegen für eine Entkriminalisierung von Cannabis zu suchen. „Wir haben gesehen, dass eine restriktive Politik nichts nützt. Der Konsum ging dadurch Null zurück, dafür ging es mit der Qualität der Produkte bergab.“ Mit einer Studie wie WeedCare könne man nun vor einer Legalisierung prüfen, ob dadurch der Konsum zuzunehmen droht oder ob sie sich positiv auswirken würde.
Ausschluss bei Verdacht auf gesundheitliche Beeinträchtigung durch Konsum
Meister wurde für den Verkauf im Rahmen von WeedCare geschult und hat dann selbst seine Mitarbeiter eingewiesen. Die Probanden müssen in der Apotheke einen Mitgliedsausweis von WeedCare mit QR-Code und eine ID-Nummer vorlegen. Im Computer können Meister und seine Kollegen schnell überprüfen, ob die festgelegte Höchstmenge an Cannabis pro Monat bereits überschritten wurde. Wenn die Probanden noch nicht wissen, welches Produkt sie möchten, werden sie außerdem dazu beraten. Gleichzeitig wird beim Verkauf auch darauf geachtet, ob jemand auffällig erscheint. Wird eine gesundheitliche Beeinträchtigung durch die Studienteilnahme befürchtet, wird sie dem Studienarzt gemeldet und ein Teilnehmer kann ausgeschlossen werden, bekommt aber auch Hilfsangebote. Das Projekt laufe gut, sagt Meister. Die Probanden seien „dankbare und unkomplizierte” Kunden, das sei auch die Rückmeldung aus den anderen Apotheken.
Bei Legalisierung „raus aus der Apotheke”
In den Apotheken sei das Forschungsprojekt gut aufgehoben. „Schließlich haben wir ausreichend Erfahrung mit der Abgabe von Betäubungsmitteln”, so Meister. Er selbst hat in der Vergangenheit auch schon im Bereich der Substitution gearbeitet. Sollten WeedCare und ähnliche Studien aber einen Vorteil der kontrollierten Abgabe belegen und Cannabis in der Schweiz legalisiert werden, dann sei ein anderer Vertriebsweg sinnvoll. Dann müsse es „raus aus der Apotheke”, findet Meister. Es sollte dann in Shops abgegeben werden, mit den ganz normalen Auflagen wie einem Mindestalter von 18 Jahren.”
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