Pharmacon Meran

Einblicke in die Wirkstoff-Pipeline bei Mukoviszidose

Meran - 09.06.2023, 15:14 Uhr

Christian Ude stellt dem Pharmacon-Publikum den Referenten Professor Martin Hug, Universität Freiburg, vor. (Foto: DAZ)

Christian Ude stellt dem Pharmacon-Publikum den Referenten Professor Martin Hug, Universität Freiburg, vor. (Foto: DAZ)


Mukovizidosepatient:innen erhalten oft eine komplexe Polymedikation. Zu dieser können Modulatoren des bei ihnen genetisch bedingt veränderten CFTR-Anionenkanals, Antibiotika zur Prävention und Therapie von Infektionen der Lunge und Mukolytika zum erleichterten Abhusten des zähflüssigen Schleimes gehören. Künftig könnten auch Gentherapeutika eine Rolle spielen. In seinem Vortrag auf dem Pharmacon in Meran, hat Prof. Martin Hug von der Universität Freiburg einige Wirkstoffkandidaten aus der Pipeline vorgestellt.

Bei der Mukoviszidose handelt es sich um eine der Erkrankungen, bei denen eine Genmutation gravierende Folgen für die Betroffenen hat. Im Fall der auch als zystische Fibrose bezeichneten Erkrankung führen Mutationen des Gens für den Anionenkanal Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator (CFTR) dazu, dass dieses Protein nicht oder fehlerhaft gebildet wird. Im letzteren Fall ist der zugehörige Ionenkanal dysfunktional oder aber wird bereits vor dem Einbau in die Membran als fehlerhaft erkannt und abgebaut. In der Folge ist beispielsweise im Lungengewebe der Export von Chloridionen aus den Zellen und der zugehörige, passive Wassernachstrom gestört und es kommt zur Ansammlung von dickflüssigem Schleim in der Lunge. Neben der Lunge können weitere Organe wie Bauchspeicheldrüse, Darm, Leber oder Knochen von der Erkrankung betroffen sein.

Längere Halbwertszeit dank Deuterium

Einen großen Fortschritt in der Therapie der Mukoviszidose stellen die CFTR-Modulatoren dar, deren erster Vertreter 2012 zugelassen wurde. Potentiatoren wie Ivacaftor, aktivieren die in die Membran eingebauten Ionenkanäle. Korrektoren wie Luma-, Elexa- und Tevacaftor fördern den Einbau des Ionenkanals. An weiteren CFTR-Modulatoren wird derzeit intensiv geforscht. Mit VX-561, auch bekannt unter dem Namen Deutivacavtor, ging Professor Hug in seinem Vortrag auf einen der bereits in der klinischen Prüfung befindlichen Wirkstoffkandidaten ein. Wie der Wirkstoffname nahelegt, handelt es sich hierbei um ein deuteriertes Arzneimittel, bei dem Deuterium (2H) statt Wasserstoff zum Einsatz kommt. Dies hat zur Folge, dass der CFTR-Potentiator eine deutlich längere Halbwertszeit aufweist als Ivacaftor und im Gegensatz zu diesem für die einmal tägliche Anwendung in Frage kommt. Phase-2-Studien zu diesem Wirkstoffkandidaten, sowohl als Monotherapeutikum als auch in Kombination mit anderen CFTR-Modulatoren, wurden bereits veröffentlicht.

Gallium gegen Pseudomonaden

Da Mukoviszidosepatient:innen häufig akute oder chronische Infektionen der Lunge erleiden, ist auch die Entwicklung neuer Antiinfektiva für die Patient:innen wichtig. Hier stellte Professor Hug Therapieansätze mit Galliumverbindungen vor. Entsprechende Präparate für die inhalative als auch für die intravenöse Anwendung, werden ebenfalls bereits in klinischen Studien geprüft. Die Rationale dahinter: Bakterien mit einem hohen Eisenbedarf, wie etwa Pseudomonas aeruginosa, nehmen dieses Metall anstelle des benötigten Übergangsmetalls aus der gleichen Periode in die Zelle auf, was dort zu einer Vergiftung des Bakteriums führt.

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Intensiv beforscht werden auch gentherapeutische Arzneimittel. In klinischen oder präklinischen Studien werden derzeit verschiedenen Ansätze erprobt, bei denen eine gesunde Genkopie als mRNA (in Lipidnanopartikeln), cDNA (mittels viraler Vektoren) oder in Form von antisense Oligonukleotiden in die Zellen eingebracht werden soll. Für mehrere solcher Wirkstoffkandidaten laufen aktuell klinische oder präklinische Untersuchungen. Besonders freut Professor Hug, dass nachdem die CFTR-Modulatoren bislang ausschließlich von dem Hersteller Vertex erhältlich sind, nun mehrere Pharmafirmen in die Erforschung von Wirkstoffkandidaten für Mukoviszidosepatient:innen eingestiegen sind und damit zukünftig möglicherweise mehr Therapieoptionen für die weltweit über 70.000 Betroffenen zur Verfügung stehen.


Gesa Gnegel, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (gg)
redaktion@daz.online


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