Analyse in der DAZ

Vorschläge zur Finanzierung höherer Gehälter - die Datengrundlage

Süsel - 19.06.2023, 12:15 Uhr

Es gibt Vorschläge eine Honorarerhöhung für die Apotheken zu großen Teilen den Mitarbeitern zukommen zu lassen, doch wie würde sich welche Erhöhung auswirken? (Foto: Stockfotos-MG / AdobeStock)

Es gibt Vorschläge eine Honorarerhöhung für die Apotheken zu großen Teilen den Mitarbeitern zukommen zu lassen, doch wie würde sich welche Erhöhung auswirken? (Foto: Stockfotos-MG / AdobeStock)


Die Apotheken fordern mehr Honorar – vor allem, um ihr Personal angemessen zu entlohnen. Es gibt mehrere Vorschläge, wie Honorarerhöhungen für das Team verwendet werden können. Doch wie sind die Zahlen einzuordnen? Was bedeutet welche Erhöhung für die Mitarbeiter? Das hat DAZ-Redakteur Thomas Müller-Bohn analysiert. 

Beim Deutschen Apothekertag 2022 hat die Hauptversammlung einen Antrag der Apothekerkammer und des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein für einen Mitarbeiterpakt angenommen. Dieser sieht vor, dass die Apothekengewerkschaft Adexa und der Arbeitgeberverband ADA vereinbaren, zusätzliche Mittel aus einer Erhöhung der Apothekenhonorierung „unter Berücksichtigung der Lohnnebenkosten 1:1“ an die Mitarbeiter weiterzugegeben. Der Umfang der zu fordernden Erhöhung blieb dabei offen. Im Februar beschloss die ABDA ihre bekannte Forderung, den Festzuschlag auf Rx-Arzneimittel von 8,35 Euro auf 12 Euro zu erhöhen. Daraufhin schlug der BVDAK-Vorsitzende Stefan Hartmann im DAZ-Interview vor, von einer Honorarerhöhung 60 oder 70 Prozent direkt in die Honorierung der Mitarbeiter fließen zu lassen. Doch was bedeuten solche Zahlen für die Apothekenmitarbeiter? Darum geht es in einer Analyse in der DAZ Nr. 22, 2023.

Mehr zum Thema

Demnach wurden im Jahr 2022 schon 46,6 Prozent des Rohertrags der Apotheken für das Personal aufgewendet. Dabei zählt die Arbeit der Inhaber nicht mit, weil sie über das Betriebsergebnis honoriert werden. Insgesamt entfällt damit weit mehr als die Hälfte der Wertschöpfung der Apotheken auf die Arbeit des Teams und nur der kleinere Teil auf die Räume und die technische Ausstattung. Doch zusätzlicher Rohgewinn aus einer Honorarerhöhung würde nicht automatisch in der gleichen Weise aufgeteilt. Dazu könnten aber Vereinbarungen getroffen werden.

Modellrechnung für mögliche Vereinbarungen

Als Grundlage dafür enthält die Analyse eine Modellrechnung zu den Folgen. Dabei wird ausgehend von betriebswirtschaftlichen Prognosen für 2023 modelliert, wie sich die Gehälter ändern würden, wenn verschiedene Anteile einer zusätzlichen Apothekenhonorierung an das Personal fließen würden. Ohne Honorarerhöhung ergibt sich dabei ein Personalkostenanteil von 47,7 Prozent des Rohertrags. Im nächsten Schritt wird unterstellt, dass der Festzuschlag für Rx-Arzneimittel entsprechend der ABDA-Forderung auf 12 Euro steigt. Wenn von der Erhöhung 47,7 Prozent beim Personal ankommen, würde dies 18,8 Prozent mehr Mittel für das Personal als ohne die Honorarerhöhung ergeben. Wenn 60 Prozent der Erhöhung an das Personal gehen, würden diese Mittel sogar 24,4 Prozent höher ausfallen. Wenn die ganze Erhöhung an das Personal geht, stünden 42,6 Prozent mehr Mittel für das Personal zur Verfügung, als derzeit erwartet wird. In allen Fällen stellt sich die Frage, ob die zusätzlichen Mittel nur für Gehaltserhöhungen oder auch für zusätzliche Beschäftigung eingesetzt würden. Letzteres läge sehr nahe, wird aber durch die Zahl der verfügbaren Fachkräfte begrenzt.

Apotheken könnten auf dem Personalmarkt konkurrenzfähig werden

Weitere Modellrechnungen zeigen, dass wohl mindestens etwa 60 Prozent der angenommenen Erhöhung an das Personal gehen müssten, damit die öffentlichen Apotheken kurzfristig wieder konkurrenzfähig auf dem Arbeitsmarkt wären. Dazu werden die Gehälter von Erziehern mit PTA-Gehältern und die Gehälter für Krankenhausapotheker mit denen der Kollegen in öffentlichen Apotheken verglichen. Auch wenn angenommen wird, dass in öffentlichen Apotheken bereits 20 Prozent über dem Tarif bezahlt wird, ergibt sich in den Vergleichen eine Lücke. Diese wäre zu schließen, wenn zusätzliche Mittel gemäß der hier beschriebenen Idee verwendet werden. Ausgehend von Tarifgehältern ist die Lücke sogar noch größer. Dann müssten die zusätzlichen Mittel wohl komplett ans Personal gehen. Bei allen diesen Betrachtungen bleibt die unternehmerische Bewertung zur Rentabilität der Apotheken bewusst unbeachtet. Es geht hier auch nicht um eine Prognose. Vielmehr soll die Analyse in der DAZ eine Grundlage für Diskussionen über die Vorschläge zur Mitarbeiterhonorierung bieten.

Mehr zum Thema in der DAZ Nr. 22, 2023

Analyse und Modellrechnung zur Finanzierung der Gehälter in Apotheken

Mehr Geld fürs Personal – aber wie?

Anmerkung der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 1. Juni 2023 und wurde aktualisiert. 


Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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10 Kommentare

Honorarerhöhung

von ch_grom am 19.06.2023 um 21:55 Uhr

Es wird keine Honorarerhöhung geben, null, nada, nix - das war von vornherein klar! Ich bin auch in Berlin dabei gewesen, die ABDA ist aus meiner Sicht maximal dilettantisch vorgegangen. Warum nicht wie folgt kommunizieren: Wir fordern keine Erhöhung des Festhonorars sondern die komplette Streichung des Zwangsrabattes, also nur das was uns zusteht sowie eine jährlich an die Inflation gekoppelte Dynamisierung. Das hätte jeder verstanden, keiner hätte eine Neiddebatte anfangen können und mal ehrlich 12€ bekommen wir nie! 10€ minus Kassenrabatt eher und das wäre im Ergebnis das gleiche…

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.

von Anita Peter am 19.06.2023 um 13:49 Uhr

https://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/detail/politik/treuhand-kontert-lauterbachs-faktenblatt/

Ohne saftige Honorarerhöhung ist schlichweg keine Tariferhöhung drin. Alleine eine Tariferhöhung um 10% benötigt eine Erhöhung der Packungspauschale von round about 80 - 90 Cent für die Durschnittsapotheke. Da sind aber auch noch die Lohnerhöhungen der Vorjahre und explodiereneden Kosten. Es müssen jetzt 12 Euro zzgl 6% knallhart durchgesetzt werden, auch wenn dazu die Lieferverträge gekündigt werden müssen.

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Berechnungen

von Ka El am 19.06.2023 um 12:30 Uhr

Ich finde die Berechnungen irgendwie sehr verstörend, da es zur Zeit sehr realistisch nach null Cent aussieht!

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Mitarbeiter first, ABDA second, Arbeitgeber nothing

von Arbeitgeberin am 01.06.2023 um 19:32 Uhr

Solle es eine Honorarerhöhung in irgendeiner Form geben, die wirklich dringend notwendig ist, und dann nur für die Gehaltsanpassung der Mitarbeiter verwendet werden und für den Arbeitgeber bzw. Arbeitgeberin keinen finanziellen Vorteil im eigenen Portemonnaie bringen, werde ich KEINE Aktion der ABDA mehr unterstützen, werde trotzdem meine Apotheke schließen und allen den Rücken kehren.



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AW: Mitarbeiter first, ABDA second,

von Thomas Kerlag am 20.06.2023 um 7:01 Uhr

Schließen müssen, da woanders mehr zu verdienen ist

Hmm

von Landapothekerin am 01.06.2023 um 18:37 Uhr

Die Eisenbahner (EVG) lehnen selbstbewusst eine Lohnerhöhung von 8 % ab und fordern 12% ! So gehen harte Verhandlungen! Davon kann man sich ein Stück abschneiden. Bei uns dagegen werden nach Salamitaktik schnell mal 23 Cent/ (ca. -3%) pro Position gekürzt!
Auch wenn dies knapp neben dem Thema hier liegt: Neben all den Diskussionen sollte man aber auch mal an eine gerechtere Lastenverteilung unter der Apotheken selbst denken: Kann es weiterhin sein, dass bei der Einteilung von Notdiensten kleine und große Apotheken gleich gezählt werden?
Sollte da nicht auch angedacht werden eine gerechtere Verteilbasis heranzuziehen? Also z.B. den Umsatz oder die Anzahl der beschäftigten Approbierten?
Weniger Notdienste würden den kleinen und mittleren Apotheken auch helfen zu überleben. Solche Apotheken, die allerdings auf das Notdiensthonorar angewiesen sind, könnten ja weiterhin freiwillig mehr Dienste übernehmen.

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Hmmm

von Peter am 01.06.2023 um 11:44 Uhr

Die korrekte Rechnung ist dann gut, wenn für alle etwas mehr übrig bleibt. Erhöhung dringend nötig für Kosten allgemein ohne Personal, dann nicht zu vergessen Kompensation des BE nach dem dramatischen Einbruch auf das Niveau der Vorjahre, zzgl auch einer Erhöhung (ich weiss wird nicht gerne gesehen) und dann Lohnerhöhung. Ein BE von durchschnittlich 5% wie aus den aktuellen Zahlen zu entnehmen ist bereits hart an der Hochrisikogrenze, das dient keinem. Unterm Strich sollten wir aber als Verhandlungsgrundlage zunächst einmal wie unsere Arztkollegen darauf bestehen, dass die Betriebskosten in voller Höhe durch GKV gedeckt werden und ein, wie im Gesetz be/geschrieben, auskömmliches Dasein sichern. Sprich: OTC und Freiwahl RAUS aus der Betrachtung (hätte spätestens seit Preisfreigabe und Versand gestrichen gehört).

Mittlerweile subventionieren wir die GKV. Das Argument wie bei den Ärzten: auch in Lagen ohne PKV und IGEL Inanspruchnahme sollte der Arzt gut verdienen damit er vor Ort bleibt gilt für Apotheken genauso. Die Ärzte haben es geschafft, dass IGEL und PKV bei der Berechnung des Honorars NICHT miteingerechnet werden, auch wir müssen dringend von dieser Mischkalkulation weg dazumal der größte Teil unserer Betriebskosten eben RX geschuldet ist welche wir bei durchschnittlich 15% Rohertrag RX eben mit 3-4% weil 18-19%, aus anderen Bereichen subventionieren müssen.

Ansätze zur Finanzierung gibt es viele, bspw den Versendern das Honorar in voller Höhe zu kappen und nur die 3% zu lassen und diesen Betrag für die Apotheken zur Verfügung zu stellen damit für die Kassen keine falschen Anreize geschaffen werden. Denn sind wir ehrlich, verdienen tut der Versand das Honorar in keinster Weise. Kein Notdienst, keine Rezeptur, kein überprüfbarer Kontrahierungszwang, kaum Lösungen wenn etwas nicht lieferbar ist, Fachpersonal nur ausserhalb des Lagers zur Kontrolle der Lageristen wenn es zum Versand geht, keine Beratung etc. Man kann und darf nicht das gleiche Honorar für unterschiedlich wahrgenommene Verpflichtungen zahlen sprich für dasselbe Geld mit unterschiedlichen Maßen messen, und da die Versender ja gerne Boni gegeben haben könnte man sie ihnen gleich vorab einfach nicht zahlen und zur Finanzierung der Honorarerhöhung einsetzen.

Das ist nur einer von vielen möglichen Vorschlägen, aber ich bin auch der Meinung dass es nicht UNSERE Aufgabe ist, nach 20 Jahren eingefrorenem Honorar darüber nachzudenken wie eine berechtigte Erhöhung zu finanzieren ist. Machen die anderen Berufsgruppen auch nicht.

Korrekt und auch ganz einfach gerechnet: WAS ist unsere Honorar HEUTE abzgl. Inflation noch wert, wie sieht diese Zahl im Vergleich zur Einführung des Fixums aus mit Startinflation 0%, wie hoch müsste sie gemessen am gezahlten Honorar 2004 + 45,5% heute aussehen. Umsatz und Ausgaben wegen Hochpreisern: Problem der Politik und der GKV, für uns ziemlich leerer Umsatz, die einzig wichtige Zahl ist was rauskommt. Ich habe ein bisschen gerechnet, die 12 Euro wären eine ziemliche Punktlandung um die Inflation zu kompensieren vor welcher wir leider bei den Kosten nicht ausgenommen sind. Nicht mehr und nicht weniger und dadurch zu 100% gerechtfertigt.

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AW: Hmmm

von Peter am 01.06.2023 um 12:01 Uhr

Nachtrag:
Und an alle Idealisten die der Meinung sind mit PDL kann man was reißen:
Annahme Honorar 2004 5 Mrd, abzgl. 45,5% Inflation Kaufkraft 2023 2,725 Mrd. Um Kaufkraft wie 2004: 7,25 Mrd. Wieviel PDL soll man bei "Honorierung weg von der Packung" denn bitte machen? 125 000 pro Apo? Das wären ca 38% eines Arzthonorars bei Forderung Einkommen 170 000 als 50% "Teil-Betriebsergebnis" nach Kosten ihV 170 000 (340 000 GKV Honorar) aus GKV

Lustig

von Karl Friedrich Müller am 01.06.2023 um 10:10 Uhr

Welche Honorarerhöhung?
Hab ich was verpasst?
Sind Habeck und Lauterbach einsichtig geworden? Ist eher nicht zu erwarten.
Da wird das Fell verteilt, bevor die Beute erlegt ist. Zumal es , wohl auch unter den Standesvertretern, noch etliche gibt, die sich für einen Streik zu fein sind. Oder zu gierig.
Dabei ist es schon gut mal auszurechnen, welche Gehälter es braucht, um am Arbeitsmarkt zu bestehen. Das ist nur eine Seite der Medaille, die andere: die Arbeitsbedingungen. Da ist noch viel Luft nach oben.

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AW: Lustig

von Karl Friedrich Müller am 01.06.2023 um 11:31 Uhr

PS: ich finde die ganze Aktion toll, super toll. Ich will nicht missverstanden werden. Aber - wenn man 12€ Honorar will und evtl auch noch 5% statt der 3% oder mehr, dann muss man erst mal höhere Forderungen stellen. Was bleibt von 12€? 10€ oder gar nur 9€, wenn wir überhaupt mehr bekommen? 15 oder 18€ fordern und dann 12 erhalten.
Wir sind schrecklich seriös und bieder. Die Gegenseite nicht! Es wäre wirklich gut, wenn man sich dazu entschließen könnte, Profis, echte Profis ins Boot zu holen. Wurde schon oft gefordert, nie umgesetzt. Schade und ein Schaden für uns.

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