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Für das Herz, gegen Schmerz und bei kognitiven Störungen - drei neue DiGAs

Stuttgart - 27.06.2023, 10:45 Uhr

In der App „NeuroNation Med“ kann der eigene Fortschritt mit dem einer ähnlich alten Vergleichsgruppe verglichen werden. (Foto: pikselstock / AdobeStock)

In der App „NeuroNation Med“ kann der eigene Fortschritt mit dem einer ähnlich alten Vergleichsgruppe verglichen werden. (Foto: pikselstock / AdobeStock)


Das Spektrum der verfügbaren Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGAs) ist weiter gewachsen. Die drei zuletzt hinzugekommenen Apps richten sich an Patient:innen mit Herzinsuffizienz, Gedächtnisstörungen oder chronischen Schmerzen. Welche Funktionen bringen diese mit?

„NeuroNation Med“, „ProHerz“ und „Selfapys Online-Kurs bei chronischen Schmerzen“ – das sind die Namen der drei neuen „Apps auf Rezept“ deren Kosten bei Vorliegen der entsprechenden Indikation von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Während „Selfapys Online-Kurs bei chronischen Schmerzen“ das Spektrum der Schmerz-Apps erweitert, stehen mit „NeuroNation Med“ und „ProHerz“ erstmals Anwendungen bei kognitiven Störungen oder Herzinsuffizienz zur Verfügung.

Allerdings liegen zum jetzigen Zeitpunkt die Nutzennachweise der drei Anwendungen noch nicht vor, sodass die Aufnahme durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) nur vorläufig erfolgte. Nur wenn im nun laufenden Erprobungszeitraum der Nutzen durch Studien nachgewiesen werden kann, ziehen die Apps auch dauerhaft in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen ein.

NeuroNation Med: personalisiertes kognitives Training

Bei leichten kognitiven Störungen bietet „NeuroNation Med“ den Nutzenden ein personalisiertes kognitives Training und folgt damit den aktuellen Leitlinienempfehlungen. Durch die regelmäßige Anwendung der App soll die Symptomschwere der kognitiven Beeinträchtigung reduziert werden. Empfohlen werden drei Lerneinheiten (à 30 bis 40 Minuten) pro Woche.

Das Training basiert auf 23 spielerischen Übungen, die in die Bereiche „Schlussfolgerndes Denken“, „Geschwindigkeit“, „Aufmerksamkeit“ und „Gedächtnis“ unterteilt sind. Auf Basis eines Eingangstests (Stärken- und Schwächenanalyse) wird ein personalisierter Trainingsplan erstellt. Im weiteren Verlauf wird die Schwierigkeit der Aufgaben automatisch an die jeweiligen Fortschritte angepasst.

Ergänzt wird das Angebot um Informationen zur Gehirngesundheit, zu Lerntechniken sowie animierte Entspannungs- und Atemübungen. Zur Steigerung der persönlichen Motivation kann zudem der Trainingsfortschritt innerhalb der App nachvollzogen und die eigene Leistung, mit der einer ähnlichen Altersgruppe verglichen werden.

ProHerz: Herzinsuffizienz besser managen

Um Patienten mit Herzinsuffizienz zu unterstützen, wurde „ProHerz“ als erste kardiologische DiGA entwickelt. Die App dient der Therapiebegleitung und soll dazu beitragen, das Selbstmanagement zu verbessern sowie Veränderungen im Krankheitsverlauf frühzeitig zu erkennen.

Zu diesem Zweck wird die App täglich mit Vitalwerten wie Blutdruck, Sauerstoffsättigung, Puls, Temperatur und Gewicht gefüttert – eine integrierte Funktion erinnert daran. Je nach verwendetem Messgerät können die jeweiligen Werte dabei manuell eingetragen oder per Bluetooth automatisch übermittelt werden.

Die Werte werden von der App analysiert und die Nutzenden bei auftretenden Warnzeichen entsprechend informiert. Notfallsituationen sollen so verhindert werden. Um die Analyse auf die persönlichen Gegebenheiten abzustimmen, kann der behandelnde Arzt die in der App hinterlegten Standard-Grenzwerte an die individuellen Therapieziele anpassen.

Was bringt das häufige Wiegen bei Herzinsuffizienz?

Bei Herzinsuffizienz ist die Wasserausscheidung aufgrund einer verringerten Durchblutung der Niere beeinträchtigt. Gleichzeitig werden zur Entlastung des Herzens oft Diuretika eingesetzt. Sammelt sich trotz Therapie Wasser im Körper an, kann das ein Anzeichen für eine verschlechterte Pumpleistung sein. Um eine Dekompensation rasch zu erkennen, sind daher regelmäßige Gewichtskontrollen sinnvoll.

Wiegen sich Betroffene morgens (vor dem Frühstück, nach dem Toilettengang) und abends, lässt sich die Gewichtszunahme über den Tag bestimmen. Beträgt diese mehr als 500 Gramm, wurde höchstwahrscheinlich zu viel getrunken. Haben die Betroffenen hingegen abgenommen, sollte mit dem Arzt über eine Anpassung der Diuretika-Dosierung gesprochen werden.  

Auf Basis der gemachten Angaben erhalten die Nutzenden ein personalisiertes Gesundheitscoaching, welches unter anderem krankheitsspezifische Informationen, Ernährungs- und Bewegungstipps umfasst. Unter anderem sollen die Anwendenden so lernen, rechtzeitig und adäquat auf mögliche Dekompensationen zu reagieren. Darüber hinaus erinnert die App täglich an die Medikamenteneinnahme und trägt so zur Therapietreue bei.

Für einen besseren Überblick über den Therapieverlauf können die Daten exportiert und mit dem behandelnden Arzt geteilt werden. Brüche im Informationsfluss sollen so vermieden werden.

Selfapys Online-Kurs: auch bei Rückenschmerzen

Als Anbieter für Digitale Gesundheitsanwendungen hat sich Selfapy in der Vergangenheit bereits am Markt etabliert: Bei Depressionen, Generalisierter Angststörung, Bulimie und Binge-Eating-Störung bietet das Unternehmen derzeit Online-Kurse an.

Neu im Portfolio ist der „Online-Kurs bei chronischen Schmerzen“, der – anders als der Name zunächst vermuten lässt – auch bei Rückenschmerzen angewendet werden kann. Damit tritt der Kurs in direkte Konkurrenz zu den DiGA „HelloBetter ratiopharm chronischer Schmerz“ sowie „Kaia“ und „Vivira“ (bei Rückenschmerzen).

Wie die bereits bekannten Angebote von Selfapy basiert auch der Kurs bei chronischen Schmerzen auf den Methoden der kognitiven Verhaltenstherapie. In zwölf Lektionen wird auf Themen wie Schmerzedukation, Umgang mit Stress, Körperwahrnehmung und Selbstwirksamkeit, Entspannungstechniken, gesunder Lebensstil und Rückfallprävention eingegangen. Neben der Vermittlung von Hintergrundwissen (Psychoedukation) und Bewältigungsstrategien umfasst die Anwendung auch „Hausaufgaben“. Diese sollen dabei unterstützen, die neu erworbenen Techniken in den Alltag zu übertragen.

Um die Inhalte auf die Nutzenden abzustimmen, werden die vorherrschenden Symptome anhand von Fragebögen erfasst und im weiteren Verlauf die Inhalte entsprechend den Eingaben angepasst. Treten Hinweise auf eine Verschlechterung der Symptomatik auf, werden die Nutzenden automatisch informiert. Bei Fragen zur sachgemäßen Anwendung stehen psychologische Ansprechpersonen via Chatfunktion bereit.

Der internetbasierte Kurs kann sowohl therapiebegleitend als auch alleinstehend genutzt werden. Pro Woche wird eine Lektion empfohlen, was einer Bearbeitungszeit von circa 60 Minuten entspricht.

Mitmachen erwünscht

Derzeit werden noch Teilnehmende für die Erprobungsstudie gesucht, die in Kooperation mit der Humboldt-Universität zu Berlin durchgeführt wird. Interessierte können sich über die Website von Selfapy registrieren.


Nadine Sprecher, Apothekerin, Redakteurin PTAheute.de
redaktion@daz.online


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