Pharmatechnik, GMG, ADG und Co.

E-Rezept via eGK: So geht's in der Warenwirtschaft

30.06.2023, 07:00 Uhr

Die Softwaresysteme sollten im Laufe des Julis bereit für den neuen Einlöseweg sein. (Foto: Schelbert)

Die Softwaresysteme sollten im Laufe des Julis bereit für den neuen Einlöseweg sein. (Foto: Schelbert)


Ob es mit dem E-Rezept-Abruf mit der Versichertenkarte zum 1. Juli klappt, hing zu großen Teilen an den Apothekensoftwarehäusern. Nicht alle werden ab diesem Datum die neue Funktionalität zur Verfügung stellen und der Roll-out wird sich bis in den Juli hineinziehen, aber im Wesentlichen sind die Hausaufgaben gemacht. 

Ab dem 1. Juli 2023 sollen Versicherte ihre elektronischen Rezepte in der Apotheke vor Ort auch mit der Versichertenkarte (eGK) abrufen können. Diesen Starttermin hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bekräftigt. Umgehend hatte daraufhin die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) zu hohen Erwartungen einen Dämpfer verpasst. Für Apotheken ist dieser Einlöseweg vor allem deswegen so attraktiv, weil die Kund:innen ihre eGK wohl kaum an eine Versandapotheke schicken werden, beim Apothekenbesuch vor Ort aber meist bei sich führen. Nur: wären die Apotheken vor Ort technisch überhaupt in der Lage, E-Rezepte mittels der eGK vom Server der Gematik abzurufen? Wir haben bei einigen Warenwirtschaftsanbietern nachgefragt.

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Im WINAPO-System erscheint nach Einstecken der eGK an der Kasse automatisch ein Dialogfenster mit dem Titel „Die eGK wurde eingelesen. Wie möchten Sie fortfahren?“ Benutzer haben darin die Auswahl zwischen dem Laden aller auf dem Gematik-Server hinterlegten E-Rezepte oder dem Anlegen bzw. Aktualisieren der lokal gespeicherten Kundendaten. Sobald es geladen wird, wird das E-Rezept auf dem Fachdienst der Gematik für andere gesperrt und ist in der Kasse sichtbar. Dort kann es im gewohnten Dialog weiterbearbeitet werden, für die Benutzer ändert sich nichts.

Cida

In den Systemen CORA und CIDAnova-Plus beginnt der Prozess ebenfalls in dem Moment, in welchem ein:e Patient:in die eGK in das Terminal einführt. Das Apothekenteam kann dann mit einer Taste auf dem Kassenbildschirm den Abruf vom Fachdienst der Gematik starten. Daraufhin erscheint eine bereits bekannte Liste mit allen E-Rezepten der gerade zu bedienenden Person. Auch beim zum ARZ Darmstadt gehörenden Softwarehaus können sämtliche Vorgänge in den gewohnten Dialogen bearbeitet werden.

Prisma-Datensysteme

Im zum NARZ/ AVN gehörenden Unternehmen mit der Software aposoft können die Anwender:innen nach dem Starten eines Kassiervorgangs einen mit „E-Rezept“ betitelten Button betätigen. Dadurch wird ein Dialog mit allen E-Rezepten gestartet, in dem auch „ERX von eGK“ erscheint. Wird diese Taste betätigt, können die Kund:innen ihre eGK ins Terminal stecken und die E-Rezepte werden nach einer weiteren Bestätigung abgerufen. Anschließend erfolgt die Bearbeitung im von den bisherigen Übertragungswegen gewohnten Dialog.

Noventi

Den Awender:innen von Noventi wird die neue Funktion ebenfalls in allen Systemen zur Verfügung stehen. Das System Prokas wird in der Kasse eine neue Taste mit der Bezeichnung „E-Rezepte über eGK abrufen“ erhalten. Diese wird betätigt, sobald Apotheker:in oder Kund:in die eGK in ein Kartenterminal stecken. Nach dem Abruf der E-Rezepte öffnet sich der den Apotheken bereits bekannte E-Rezept-Dialog, in dem die weitere Bearbeitung erfolgt. Die Systeme AwintaOne, Infopharm und jump werden ebenfalls mit einer zusätzlichen Taste („E-REZEPT über eGK abrufen“) ausgestattet, die nach dem Stecken der eGK betätigt werden kann und die E-Rezepte vom Fachdienst der Gematik lädt. Auch dort erfolgt die weitere Bearbeitung anschließend in der gewohnten Umgebung.

Pharmatechnik

Auch die Anwender:innen von IXOS werden in der Lage sein, E-Rezepte via eGK vom Fachdienst abzurufen. Der Ablauf der neuen Funktion beginnt mit dem Stecken der eGK in das Terminal durch die Kunden. IXOS ruft im Anschluss vollautomatisch und im Hintergrund alle Verordnungen ab und stellt sie der Apotheke sinnvoll und zeitlich passend dar. Parallel dazu werden sie auch den Kunden auf dem Kundendisplay angezeigt. Die Apotheke kann das E-Rezept direkt in der Rezeptverarbeitung bearbeiten. Diese ist immer identisch, sodass sich die Mitarbeitenden in der Apotheke zurechtfinden und keine neuen Workflows lernen müssen.

ADG

In den Systemen von ADG erfolgt der Abruf der E-Rezepte ebenfalls vollautomatisch im Hintergrund, sobald die eGK in das Kartenterminal gesteckt wird. Anschließend stehen die elektronischen Verordnungen des Kunden an jeder Kasse zur Verfügung und können von einem bereits bekannten E-Rezept-Verwaltungsdialog in das Kassenprogramm übernommen werden. Durch das Abrufen der E-Rezepte im Hintergrund sei es laut ADG sogar denkbar, ein Terminal zum Stecken der eGK in den Eingangsbereich der Apotheke zu stellen, sodass die Rezeptinformationen, deren Abruf zwischen 9 und 12 Sekunden dauert, schon bereitstehen, wenn der Kunde vor dem HV steht.

Insgesamt haben alle Anbieter der Apothekensysteme den Abruf per eGK nahtlos in die bisherige E-Rezept-Umgebung ihrer Benutzeroberflächen integriert. Dadurch sollte den Mitarbeitenden am HV die Arbeit mit diesem neuen Weg der Übertragung von E-Rezepten so leicht wie möglich fallen. Unterschiede gibt es im Handling, da teilweise durch Tastendruck der Abruf der E-Rezepte vom Gematik-Fachdienst ausgelöst wird, teilweise erfolgt dieser Abruf aber vollautomatisch. Bei Letzteren gibt es aus diesem Grund auch keine Screenshots.

Roll-Out wird sich in den Juli hineinziehen

Nicht alle Systemanbieter werden ihre Kunden bis 30.06.2023 mit den benötigten Updates ausgestattet haben. Da aber allgemein davon ausgegangen wird, dass der Juli und ggf. auch der August auch seitens der Ärzte zum Üben und langsamen Hochfahren genutzt wird, sieht darin kein Anbieter ein Risiko für seine Kunden, E-Rezepte nicht annehmen zu können. Es sei sogar im Sinne der Patientensicherheit ratsam, so ein Anbieter, nicht von heute auf morgen auf den Ausdruck zum Abruf der E-Rezepte komplett zu verzichten. Im Gegensatz zum Ausdruck (und auch der E-Rezept-App der Gematik) sind nämlich beim Abruf von E-Rezepten per eGK die Patienten nicht mehr im Besitz von Informationen zu ihrem Arzneimittel, wozu nicht nur der Name des Präparats gehört, sondern beispielsweise auch die Dosierungsinformation.

Deswegen sollte, auch wenn die Apotheken jetzt eigentlich E-Rezepte bräuchten, um die neuen Funktionen auf Herz und Nieren zu testen, die Ausstellung von E-Rezepten über die eGK eng mit den verordnenden Ärzten abgestimmt sein. Denn für Ärzte ändert sich bei der Rezeptausstellung ohnehin nichts. Prädestinierte Kund:innen sind sicherlich chronisch Kranke, die sowohl ihr Medikament kennen als auch die Einnahme. Sie werden die Vorteile dieses digitalen Übertragungsweges auch am schnellsten spüren, sodass das E-Rezept auf der eGK auch zum gewünschten zum Erfolg für die Apotheke vor Ort werden kann. Die Apotheken-Dienstleister haben ihre Hausaufgaben jedenfalls gut und rechtzeitig erledigt.

Keine Daten auf der Versichertenkarte

Tatsächlich befindet sich auf der eGK nicht ein Bit an Informationen über den Inhalt von elektronischen Verordnungen. Noch nicht einmal der Token, ein alphanumerischer Schlüssel, der auf dem Ausdruck zum Abruf von E-Rezepten (auch Sammelbeleg genannt) oder in der E-Rezept-App der Gematik zu sehen ist, enthält Rezeptinformationen. Diese liegen auf dem Fachdienst E-Rezept auf Servern der Gematik. Nur dort befindet sich auch das „Original“, welches bislang im Muster-16-Papierrezept als Urkunde dokumentiert wurde. Token und eGK sind lediglich unterschiedliche technische Hilfsmittel, um einer Apotheke die Berechtigung zum Abruf der E-Rezepte zu erteilen. Deswegen ändert sich auch für Ärzte nichts. In ihrem Praxisverwaltungssystem (PVS) wird ein E-Rezept stets auf dem Fachdienst der Gematik abgelegt und gilt damit als ausgestellt. Lediglich beim Ausdruck des Sammelbelegs müssen sie zusätzlich noch den Token in Papierform erstellen.


Florian Giermann, DAZ-Autor
redaktion@daz.online


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