Einnahmefehlern vorbeugen

Wie Tabletten und Kapseln richtig eingenommen werden

20.07.2023, 17:50 Uhr

Viele Menschen haben Probleme damit, Tabletten und Kapseln zu schlucken. Wie kann die Apotheke helfen? (Foto:mariesacha/AdobeStock)

Viele Menschen haben Probleme damit, Tabletten und Kapseln zu schlucken. Wie kann die Apotheke helfen? (Foto:mariesacha/AdobeStock)


Kapseln und Tabletten sind gängige Darreichungsformen von Arzneimitteln. Doch viele Patienten und Patientinnen haben Probleme, diese Arzneiformen zu schlucken. Oft kommt es auch zu Einnahmefehlern, zum Beispiel wenn es um die Teilbarkeit von Tabletten geht. In der Apotheke sollte daher bei der Abgabe auf einige Punkte hingewiesen werden.

Um eine rasche Passage der Speiseröhre zu ermöglichen und ein Anhaften an der Schleimhaut zu vermeiden, ist bei der Einnahme von Tabletten und Kapseln auf die Körperhaltung und die Zufuhr von Flüssigkeit zu achten.

Die Einnahme fester Zubereitungen zur peroralen Anwendung sollte in der Regel in aufrechter Körperhaltung – also im Stehen oder im Sitzen – erfolgen. Keinesfalls sollten Tabletten und Kapseln im Liegen eingenommen werden. 

Darüber hinaus sollte die Einnahme immer mit mindestens 200 ml Wasser erfolgen. Gerade der erste Schluck zusammen mit dem Arzneimittel sollte dabei möglichst viel Flüssigkeit enthalten. Denn an der Schleimhaut der Speiseröhre anhaftende Tabletten lassen sich durch Nachtrinken nicht immer ablösen. 

Obacht bei Bisphosphonaten

Durch die Einnahme fester Darreichungsformen im Liegen oder mit zu wenig Flüssigkeit können Schäden an der Speiseröhrenschleimhaut entstehen. Diese sind bei Bisphosphonaten zur Behandlung der Osteoporose recht häufig. Deshalb sind bei ihrer Einnahme besondere Verhaltensregeln nötig:

  • Um Reizungen der Speiseröhre zu verhindern, müssen die Tabletten nach dem Aufstehen und vor dem Essen mit einem vollen Glas Wasser geschluckt werden.
  • Nach der Einnahme sollen die Patienten für 30 Minuten in aufrechter Körperhaltung bleiben und sich in dieser Zeit nicht wieder hinlegen.

Leitungswasser eignet sich am besten zur Einnahme von festen Arzneimitteln, denn andere Getränke wie Kaffee, schwarzer Tee, Milch oder Fruchtsäfte können mit Wirkstoffen therapierelevante Wechselwirkungen eingehen. 

Die in der Milch enthaltenen Calcium-Kationen z. B. bilden im Magen mit zahlreichen Arzneistoffen schwerlösliche Verbindungen und behindern damit die Resorption. Bekannte Beispiele für diese Art der Interaktion sind die Antibiotika Doxycyclin und Ciprofloxacin, Bisphosphonate und Schilddrüsenhormone

Die Einnahme von Arzneimitteln zusammen mit Grapefruitsaft ist ebenfalls problematisch. Die Zitrusfrucht hemmt das Enzym Cytochrom P450 3A4 und verändert damit die Pharmakokinetik zahlreicher Arzneistoffe. Dies führt in vielen Fällen zu einer Verstärkung der Wirkung, was vor allem bei Substanzen mit geringer therapeutischer Breite gefährlich sein kann.

Nicht berauschend: Alkohol und Arzneimittel

Als Flüssigkeit zur Einnahme fester Peroralia sind auch alkoholische Getränke nicht geeignet. Das enthaltene Ethanol kann sowohl die Aufnahme der Arzneistoffe als auch ihre Wirksamkeit beeinflussen. 

Zum einen kann Alkohol die Freisetzung einer Substanz aus oralen Darreichungsformen beschleunigen und so zu einer gefährlichen Erhöhung des Wirkstoffspiegels führen. Zum anderen wird die leberschädigende Wirkung von Schmerzmitteln durch die gleichzeitige Aufnahme von Alkohol verstärkt, ebenso die zentral dämpfende Wirkung anderer Substanzen.

Für den Therapieerfolg ist bei der Einnahme von Tabletten bzw. Kapseln auch die in der Gebrauchsanweisung genannte Tageszeit wichtig. Dabei ist auf den richtigen Abstand zu den Mahlzeiten zu achten. 

Müssen Medikamente auf nüchternen Magen eingenommen werden, so ist dies am sichersten morgens 30 bis 60 Minuten vor dem Frühstück möglich. Denn nimmt der Patient während des Tages mehrere Mahlzeiten und nährstoffhaltige Getränke zu sich, so kann es sein, dass der Magen im Laufe des Tages den Nüchternzustand nicht mehr erreicht. 

Eine Einnahme vor dem Essen bedeutet, dass das Arzneimittel ungefähr eine halbe bis eine Stunde vor einer Mahlzeit eingenommen werden soll. Auch kleine Snacks sind dabei zu berücksichtigen, denn auch diese können zu einer Wechselwirkung zwischen Wirkstoff und Nahrungsmittel führen. 

Bei einer Einnahme zur Mahlzeit kann das Arzneimittel während des Essens eingenommen werden. Bei einer Einnahme nach dem Essen sollte seit der letzten Nahrungsaufnahme etwa eine Stunde vergangen sein. Meist ist hier in der Packungsbeilage eine genaue Zeitangabe zu finden. 

Methoden zur Einnahme bei Schluckschwierigkeiten

Haben Kunden Probleme Tabletten zu schlucken, so kann in der Apotheke der sogenannte Tabletten-Flaschen-Trick empfohlen werden. 

Dabei wird Wasser in eine flexible Flasche aus Kunststoff gefüllt und die zu schluckende Tablette auf die Zunge gelegt. Anschließend wird die Flasche an den Mund gesetzt, die Flaschenöffnung fest mit den Lippen umschlossen und ein großer Schluck aus der Flasche gesaugt. Die Tablette kann so leichter zum Zungengrund gelangen und geschluckt werden. 

Kopf hoch bei Kapseln

Hartkapseln werden wegen ihres relativ großen Volumens meist ungern geschluckt. Instinktiv möchten die Patienten es sich leichter machen und neigen den Kopf beim Schluckvorgang zurück. 

Bei dieser Kopfstellung kommt es jedoch zu einer Verengung am Eingang der Speiseröhre und die Schluckschwierigkeiten werden verstärkt. Zudem schwimmen die Kapseln aufgrund ihrer geringen Dichte meist auf dem Getränk, kommen nach Abfließen der Flüssigkeit mit der Rachenschleimhaut in Berührung und lösen dort einen Würgereiz aus. 

Bestehen Schwierigkeiten bei der Einnahme von Kapseln, lohnt es sich, den sogenannten Kapsel-Nick-Trick anzuwenden: Dazu legt der Kunde die Kapsel zunächst auf die Zunge und nimmt einen Schluck Wasser auf, ohne diesen sofort zu schlucken. Anschließend wird der Kopf nach vorne geneigt, das Kinn also Richtung Brust geführt, und die Flüssigkeit geschluckt. 

Die Kapsel schwimmt dabei nach oben in Richtung Rachen und lässt sich leichter schlucken. Da bei dieser Technik zunächst nur wenig Flüssigkeit verwendet wird, sollte das restliche Wasser unmittelbar danach getrunken werden.

Tabletten sicher teilen

Das Schlucken von großen Tabletten kann auch durch Teilen erleichtert werden. Dies ist allerdings nicht bei allen Tabletten möglich. Zudem verschreiben Ärzte manchmal die Einnahme einer halben Tablette. Dafür muss diese in zwei gleich große Stücke (dosisgleich) geteilt werden können. Das Teilen von Tabletten wird auch angewendet, um für Kinder oder Patienten mit eingeschränkter Nieren- und Leberfunktion die gewünschte niedrigere Dosis zu erhalten. 

Tabletten mit einfachen oder gekreuzten Bruchkerben können in der Regel geteilt werden. Die erhaltenen Bruchstücke können vom Kunden als Einzeldosen eingenommen werden. Allerdings gibt es auch Präparate mit sogenannten Schmuckkerben oder kerbenähnlichen Prägungen, die nicht teilbar sind. Auch ist eine Teilung zur Dosisreduktion teilweise trotz Bruchkerben nicht erlaubt, weil entsprechende Untersuchungen fehlen. Eine Teilung zur erleichterten Einnahme der gesamten Tablette ist in diesem Fall jedoch möglich. 

Tabletten ohne Bruchkerbe, mit magensaftresistentem Film- oder Retardüberzug dürfen grundsätzlich nicht geteilt werden. Zur Teilung ungeeignet sind auch Tabletten mit niedrig dosiertem Wirkstoff, da in diesem Fall die Dosierungsgenauigkeit der erhaltenen Bruchstücke nicht gewährleistet ist. 

Infos zur Teilbarkeit vom Hersteller

Eine verbindliche Auskunft zur Teilbarkeit eines bestimmten festen Arzneimittels kann nur vom pharmazeutischen Hersteller erhalten werden. In der Packungsbeilage oder der jeweiligen Fachinformation sind dann meist entsprechende Hinweise zu finden. 

In manchen Fällen ist die Teilbarkeit allerdings nur indirekt aus den Angaben zur Dosierung, also „Einnahme einer ½ Tablette“, zu erkennen. In der ABDA-Datenbank und in der Gelben Liste sind eine Zusammenstellung von Tabletten und Hinweise zur Teilbarkeit zu finden.

Um eine Tablette zu teilen, wird das Präparat in der Regel mit Daumen und Zeigefinger beider Hände gehalten und entlang der Bruchkerbe geteilt. Manchmal ist in der Packungsbeilage eine Beschreibung zur optimalen Teilungstechnik aufgeführt. 

Alternativ können in der Apotheke Tablettenteiler empfohlen werden. Diese bestehen aus einer Haltevorrichtung für runde oder längliche Presslinge am Boden und einer scharfen Metallklinge im Deckel des Geräts. Durch Schließen des Deckels kann die eingelegte Tablette geteilt werden.

Ob Küchen- oder Besteckmesser zum Teilen von Tabletten eingesetzt werden dürfen, ist umstritten. Häufig werden schlechtere Ergebnisse erreicht als beim Teilen von Hand. Auch können die Bruchstücke leicht wegspringen und die Tablette zerbröseln. Zudem besteht das Risiko, dass Medikamentenreste am Messer verbleiben und so von Dritten mit der Nahrung aufgenommen werden können. Vor allem bei Kindern birgt dies ein erhebliches Gefahrenpotenzial.

Kapseln teilen?

Hartkapseln sind grundsätzlich nicht zur Teilung vorgesehen. In Ausnahmefällen können die Steckkapseln jedoch vorsichtig geöffnet und ihr Inhalt mit Flüssigkeit oder Weichkost eingenommen werden. Das ist aber nur dann möglich, wenn im Beipackzettel ein Hinweis darauf zu finden ist. 

Besitzt der Kapselinhalt eine flüssige oder halbfeste Konsistenz, dann sind Ober- und Unterteil häufig durch eine versiegelte Überlappungszone dicht verschlossen und ein Öffnen ist nicht erlaubt. Das gilt auch für Kapseln mit magensaftresistenten Überzügen.

Problemlose Einnahme: Brausetabletten

Einige Wirkstoffe werden auch in Form von Brausetabletten verarbeitet. Dabei handelt es sich um nicht überzogene Tabletten, die vor der Einnahme in Wasser aufgelöst werden müssen. 

Enthaltene Hilfsstoffe wie Natriumhydrogencarbonat und organische Säuren bilden beim Kontakt mit Wasser zunächst Kohlensäure, die rasch zu Kohlenstoffdioxid und Wasser zerfällt. Auf diese Weise kommt es zum typischen Brauseeffekt und zum leichten Auflösen der Tablette. 

Ein Vorteil von Brausetabletten ist, dass die Wirkung meist relativ schnell einsetzt. Auch sind sie für Kinder oder Patienten mit Schluckbeschwerden gut geeignet. Typischerweise werden leicht wasserlösliche Mineralstoffe und Vitamine als Brausetabletten angeboten, aber auch die Wirkstoffe Acetylsalicylsäure, Paracetamol, Acetylcystein und Ranitidin sind in dieser Formulierung erhältlich. 

In der Apotheke sollten die Kunden darauf hingewiesen werden, dass Brausetabletten zunächst in einem Glas Wasser aufgelöst werden müssen. Die so erhaltene Flüssigkeit soll anschließend umgehend getrunken werden. 

Außerdem sollte darauf geachtet werden, dass Brausetabletten vor Feuchtigkeit geschützt aufbewahrt werden. Sie sollten daher z. B. nicht im Vorfeld in eine Tablettendose ausgeblistert werden.

Literatur

Kirchner W.: Arzneiformen richtig anwenden, Deutscher Apotheker Verlage, 4. Auflage, Stuttgart 2016.
https://www.ratiopharm.de/ratgeber/tipps-zur-medikamenteneinnahme.html


Dr. Annina Bergner, Apothekerin, Autorin PTAheute.de
redaktion@daz.online


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