Fortschritte in der RSV-Prävention

Wie können Eltern ihre Kinder in der kommenden RSV-Saison schützen?

Stuttgart - 08.08.2023, 11:00 Uhr

Bei schweren Infektionen mit dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) können Sauerstoffgaben notwendig werden. (Foto: zilvergolf / AdobeStock)

Bei schweren Infektionen mit dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) können Sauerstoffgaben notwendig werden. (Foto: zilvergolf / AdobeStock)


In den USA empfehlen die „Centers for Disease Control and Prevention“ (CDC) ab diesem Herbst den Antikörper Nirsevimab für alle Säuglinge unter acht Monaten. Zudem sollen auch jüngere Kleinkinder (bis 19 Monate) mit einem erhöhten Risiko für schwere RSV-Erkrankungen damit immunisiert werden. Und in Deutschland? Hier wird es offenbar noch etwas dauern, bis die jüngsten Fortschritte in der RSV-Prävention spürbar in der Praxis ankommen.

Wer derzeit schwanger ist oder vor Kurzem ein Kind zur Welt gebracht hat, wird sich mit Blick auf die vergangene RSV-Saison fragen, ob und wie Babys künftig besser vor RSV geschützt werden können. Manche dürften hoffnungsvoll die Nachrichten gelesen haben, dass im Juli ein erster RSV-Impfstoff für Schwangere zur Zulassung empfohlen wurde. Doch noch ist die tatsächliche Zulassung nicht erteilt, eine Markteinführung vor der kommenden RSV-Saison fraglich und eine Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO), wem der neue Impfstoff schließlich verabreicht werden sollte, steht entsprechend noch aus [1].

Mehr zum Thema

Das lenkt die Hoffnung mancher Eltern vermutlich auf den neuen Antikörper Nirsevimab. Dieser ist bereits seit vergangenem Jahr in Europa zugelassen, aber auch noch nicht auf dem Markt. Unter dem Handelsnamen Beyfortus® ist er als einmalige Injektion indiziert – zur Vorbeugung von RSV-Infektionen bei Neugeborenen und Säuglingen während der ersten RSV-Saison. Anders als der RSV-Antikörper Palivizumab (Synagis®), der schon länger im Handel ist, ist Nirsevimab nicht nur für Kinder mit erhöhtem Risiko für eine schwere RSV-Infektion zugelassen. Palivizumab muss zudem anders als Nirsevimab einmal im Monat während der RSV-Saison verabreicht werden [2].

USA: Nirsevimab für alle Säuglinge unter acht Monaten

In den USA empfehlen nun die „Centers for Disease Control and Prevention“ (CDC) ab diesem Herbst Nirsevimab für alle Säuglinge unter acht Monaten. Zudem sollen auch jüngere Kleinkinder (acht bis 19 Monate) mit einem erhöhten Risiko für schwere RSV-Erkrankungen damit immunisiert werden. In einer Mitteilung der CDC heißt es: „Nirsevimab wird voraussichtlich in diesem Herbst verfügbar sein. Werdende Eltern und Eltern von Säuglingen unter 8 Monaten sowie von älteren Babys sollten mit ihrem Arzt sprechen und nach diesem zusätzlichen Schutz gegen RSV für diese Saison fragen“ [3, 4].

Nirsevimab ab September in Deutschland verfügbar

Diese Entwicklungen hat die Redaktion von „Tagesspiegel Background“ offenbar zum Anlass genommen, nachzuhaken, wann Eltern in Deutschland mit dem Einsatz von Nirsevimab rechnen können. Demnach soll Nirsevimab zwar am 1. September dieses Jahres hierzulande auf den Markt kommen, eine Empfehlung für dessen Einsatz lässt jedoch noch auf sich warten. 

Laut „Tagesspiegel Background“ wird die Ständige Impfkommission STIKO vor 2024 nicht darüber entscheiden können, ob Nirsevimab in der Breite eingesetzt werden sollte. Die STIKO entwickle laut RKI aktuell ein Modell, „um die am besten geeignete Präventionsstrategie zu identifizieren“. Sollten sich Eltern dennoch eine Immunisierung ihrer Kinder mit Nirsevimab wünschen, führt der „Tagesspiegel Background“ aus, müssen sie den Antikörper in der Folge ab September „zunächst aus eigener Tasche“ bezahlen.

Im Spannungsfeld zwischen wissenschaftlicher Evidenz und politischem Handlungswillen

War die STIKO zu langsam?

Lässt sich die STIKO – im Vergleich zur CDC – mit ihrer Empfehlung zu viel Zeit? Beispielsweise Professor Johannes Liese, Infektionsexperte und Fachbereichsleiter der Kinderklinik der Uni Würzburg, der aktuell die Überarbeitung einer S2k-Leitlinie zu RSV koordiniert, sieht das nicht so. Er warnt laut „Tagesspiegel Background“ vor einer vorschnellen Entscheidung, die dann für alle Neugeborenen gelte. „Ich verstehe alle Eltern, die jetzt sagen, sie wollen einen RSV-Schutz für ihre Kinder“, so Liese, doch in der Prävention müsse man gute, abgewogene Entscheidungen treffen, um die Menschen langfristig mitzunehmen. 

Damit müssen sich Eltern in Deutschland also noch etwas gedulden, wenn sie auf neue präventive Arzneimittel und eindeutige Empfehlungen für die kommende RSV-Saison gehofft haben. Für pädiatrische Risikopatient:innen gibt es wie bereits erwähnt Empfehlungen, die derzeit überarbeitet werden [5, 6]: 

Präventive RSV-Maßnahmen für Babys laut RKI [7] 

„Bislang ist kein Impfstoff zur aktiven Immunisierung zugelassen.

Zur passiven Immunisierung steht für pädiatrische Risikopatienten ein gegen das F-Protein des RSV-Virus gerichteter monoklonaler Antikörper (Palivizumab) zur Verfügung. Das Präparat ist während der RSV-Saison monatlich i.m. zu applizieren. Die Schutzwirkung beginnt mit der Verabreichung der ersten Dosis, erreicht aber erst nach der zweiten Dosis ihr Wirkmaximum. Die pädiatrischen Fachgesellschaften empfehlen das Präparat bislang nur für ausgewählte Risikogruppen (s. AMWF-Leitlinie 048/012). Es gibt keine spezifische Chemoprophylaxe.

[…] Eine gänzliche Vermeidung von RSV-Infektionen im Alltag ist schwierig. Das Einhalten von Hygieneregeln im öffentlichen Leben und innerhalb der Familie kann die Ausbreitung von RSV-Infektionen minimieren. Hierzu gehören regelmäßiges Händewaschen, hygienisches Husten und Niesen sowie die Reinigung eventuell kontaminierter Gegenstände wie Kinderspielzeug (eine Übersicht bietet http://www.wir-gegen-viren.de). […]“

Stand: 06.02.2018

Literatur 

[1] Moll D. RSV-Impfstoff für Schwangere zur Zulassung empfohlen. DAZ.online 24.07.2023, www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2023/07/24/rsv-impfstoff-fuer-schwangere-zur-zulassung-empfohlen 

[2] Moll D. EMA empfiehlt Zulassung von Nirsevimab zur RSV-Prävention bei Babys. DAZ.online 10.10.2022, www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2022/10/10/ema-empfiehlt-zulassung-von-nirsevimab-zur-rsv-praevention-bei-babys 

[3] Centers for Disease Control and Prevention (CDC). CDC Recommends a Powerful New Tool to Protect Infants from the Leading Cause of Hospitalization. Pressemitteilung vom 03.08.2023 

[4] Sanofi. Press Release: U.S. CDC Advisory Committee unanimously recommends routine use of Beyfortus™ (nirsevimab-alip) to protect infants against RSV disease. Pressemitteilung vom 03.08.2023 

[5] „Tagesspiegel Background“ Gesundheit & E-Health. RSV-Prophylaxe: Warum die STIKO hadert. Newsletter vom 07.08.2023 

[6] S2k-Leitlinie Prophylaxe von schweren Erkrankungen durch Respiratory Syncytial Virus (RSV) bei Risikokindern, Stand 31.08.2018, gültig bis 30.08.2023
register.awmf.org/de/leitlinien/detail/048-012 

[7] RKI-Ratgeber. Respiratorische Synzytial-Virus-Infektionen (RSV). Stand: 06.02.2018, www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_RSV.html


Deutsche Apotheker Zeitung / dm
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.