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Sonn- und Feiertagsbelieferungen in NRW
Auch Berliner Gericht weist Mayd in die Schranken
Im Frühjahr hatte bereits das Landgericht Köln einem in NRW ansässigen und mit dem Lieferdienst Mayd kooperierendem Apotheker untersagt, an Sonn- und Feiertagen Waren seiner Apotheke ausliefern zu lassen – jedenfalls, sofern er keinen Notdienst leistet. Nun urteilte auch das Landgericht Berlin in einem Verfahren der Wettbewerbszentrale gegen Mayd selbst in diesem Sinne: In NRW sind Sonn- und Feiertagslieferungen des Schnelllieferdienstes unlauter – und daher zu unterlassen.
Das Berliner Start-up Mayd wirbt mit der Lieferung von Arzneimitteln an 365 Tagen im Jahr – in der Regel innerhalb von 30 Minuten. Kurrierfahrer:innen bringen insbesondere rezeptfreie Medikamente und apothekenübliche Waren von mit Mayd kooperierenden Apotheken vor Ort direkt zur Kundin oder zum Kunden. Eigenen Angaben zufolge ist das Unternehmen bereits „in über 70 Städten und zunehmend auch in ländlichen Regionen“ aktiv.
Die Wettbewerbszentrale hat wegen dieser Dienstleistung zwei wettbewerbsrechtliche Verfahren angestoßen. Sie betreffen einen ganz speziellen Aspekt des Angebots: die Sonn- und Feiertagslieferung in Nordrhein-Westfalen. Bereits im vergangenen April entschied das Landgericht Köln in erster Instanz, dass eine in NRW ansässige Apotheke, die nicht zum Notdienst eingeteilt ist, an Sonn- und Feiertagen aber dennoch über Mayd ausliefern lässt, unlauter handelt. Denn es liege ein Verstoß gegen das Feiertagsgesetz des Landes NRW – und damit eine Marktverhaltensregel – vor. Da dieser Verstoß auch die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar beeinträchtigen könne, bejahte das Gericht einen Unterlassungsanspruch. Rechtskräftig ist das Kölner Urteil nicht – der Apotheker hat Rechtsmittel eingelegt.
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Parallel dazu ging die Wettbewerbszentrale auch gegen Mayd selbst vor – hier musste vor dem Landgericht Berlin geklagt werden. Die Frage war, ob die Hauptstadt-Richter:innen möglicherweise eine liberalere Sicht auf die Dinge haben. Doch das am 20. Juli 2023 verkündete Urteil fügt sich nahtlos in die Argumentation des Landgerichts Köln ein. Auch in Berlin hält man die Auslieferung der Apothekenwaren in NRW an Sonn- und Feiertagen für unzulässig. Es werde gegen § 3 Feiertagsgesetz NRW verstoßen, wonach an Sonn- und Feiertagen alle öffentlich bemerkbaren Arbeiten verboten sind, die geeignet sind, die äußere Ruhe des Tages zu stören – es sei denn sie sind besonders erlaubt.
Das Gericht macht hinter alle Voraussetzungen einen Haken und verweist in seinem Urteil auch auf die Entscheidung aus Köln. Insbesondere sei die Abholung und Auslieferung der Waren nicht nach § 7 Abs. 1 Ladenöffnungsgesetz NRW „besonders erlaubt“. Danach ist zwar Apotheken an Sonn- und Feiertagen die Öffnung gestattet. Jedoch enthält Absatz 2 der Norm eine Ermächtigung für die zuständige Apothekerkammer, zu regeln, dass an Sonn- und Feiertagen abwechselnd ein Teil der Apotheken geschlossen sein muss. Und die Wettbewerbszentrale hat nur solche Apotheken vor Augen, gegenüber denen eine solche Schließungsverfügung der Kammer ergangen ist.
Kein Widerspruch zu § 23 Apothekenbetriebsordnung
Mayd hatte sich insbesondere darauf berufen, dass § 23 Apothekenbetriebsordnung als übergeordnetes Bundesrecht einer Anwendung der landesrechtlichen Vorschriften entgegenstehe. Nach dieser Norm sind Apotheken zur ständigen Dienstbereitschaft verpflichtet, die zuständige Behörde kann sie aber von dieser Bereitschaft zu gewissen Zeiten „befreien“. Auch wenn hier eine Schließungsanordnung nicht vorgesehen ist: In Köln wie auch in Berlin halten die Richter:innen die bundesrechtliche Regelung in der Apothekenbetriebsordnung nicht für abschließend. Einer bundesrechtlichen Ermächtigung für eine Schließungsanordnung bedürfe es nicht.
Das Landgericht Berlin argumentiert zudem damit, dass § 23 ApBetrO kein Privileg der Apotheken sein solle, sich während der Ladenschlusszeiten wirtschaftlich betätigen zu dürfen. Es gehe vielmehr ausschließlich darum, die ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sicherzustellen. Sei dies durch eine ausreichende Zahl notdienstbereiter Apotheken gewährleistet, gebe es „im Hinblick auf den durch die Feiertagsgesetze festgeschriebenen Arbeits-/Gesundheitsschutz keinen Grund dafür, dass die Apotheken sich außerhalb dieser Ladenschlusszeiten wirtschaftlich betätigen dürfen“.
Rechtskräftig ist auch dieses Urteil nicht. Mayd kann noch Rechtsmittel einlegen. Möglicherweise hat das Unternehmen auch ein gewisses Einsehen. Jedenfalls ist der Webseite mittlerweile zu entnehmen, dass Lieferungen an Sonn- und Feiertagen von der Region abhängen.
Landgericht Berlin, Urteil vom 20. Juli 2023, Az.: 93 O 110/22
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