Herzinsuffizienz-Symptome in Studie verbessert

Semaglutid für schwache Herzen

08.09.2023, 09:15 Uhr

Der Glucagon-like-Peptide(GLP)-1-Rezeptoragonist Semaglutid ist zur Behandlung von Typ-2-Diabetes (Ozempic®) und seit kurzem auch zur Gewichtskontrolle zugelassen (Wegovy®). (Foto: imago images / Ulrich Roth)

Der Glucagon-like-Peptide(GLP)-1-Rezeptoragonist Semaglutid ist zur Behandlung von Typ-2-Diabetes (Ozempic®) und seit kurzem auch zur Gewichtskontrolle zugelassen (Wegovy®). (Foto: imago images / Ulrich Roth)


Semaglutid lässt die Pfunde purzeln und hat damit einen weltweiten Hype ausgelöst. Womöglich kann das Inkretinmimetikum aber noch mehr: Eine neue Studie zeigt, wie der Wirkstoff bei adipösen Patienten mit Herzinsuffizienz die Lebensqualität erhöhte und verschiedene Parameter der Herzschwäche verbesserte. 

Die Hälfte aller Herzinsuffizienz-Patienten leidet an einer Herzinsuffizenz mit erhaltener linksventrikulärer Ejektionsfraktion – dem HFpEF-Typ der Erkrankung. Das bedeutet, dass das Herz zwar eine normale Pumpfunktion aufweist, sich aber aufgrund eines versteiften linken Ventrikels nur ungenügend mit Blut füllt. Viele Patienten sind gleichzeitig übergewichtig bzw. adipös. Dass sich Adipositas und Herzinsuffizienz nicht nur parallel entwickeln, sondern die Fettleibigkeit der Herzinsuffizienz zugrunde liegt, dieser Verdacht erhärtete sich in den letzten Jahren [1]. 

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Der Glucagon-like-Peptide(GLP)-1-Rezeptoragonist Semaglutid, der zur Behandlung von Typ-2-Diabetes (Ozempic®) und seit kurzem auch zur Gewichtskontrolle zugelassen ist (Wegovy®), führt zu deutlichen Gewichtsverlusten und könnte einer von NovoNordisk finanzierten Studie nach als neuartiger Ansatzpunkt gegen die Herzschwäche dienen [2]. Noch fehlt es an geeigneten Arzneimitteln gegen das Leiden. 

Mehr Lebensqualität, weniger Gewicht

529 Patienten mit Herzinsuffizienz vom HFpEF-Typ (Alter im Median 69 Jahre, Body-Mass-Index > 30 kg/m2 ) nahmen an der einjährigen Studie teil und erhielten randomisiert entweder eine wöchentliche Gabe von 2,4 mg Semaglutid oder Placebo. Nach einem Jahr mit Semaglutid fühlten sich die Teilnehmer deutlich besser. Mittels des Kansas-Cardiomyopathy-Fragebogens wurden entsprechende Daten zur Herzinsuffizienz-bezogenen Lebensqualität erhoben und zu einem Score zusammengefasst (KCCQ-CSS). Unter Semaglutid verbesserte sich der Wert um 16,6 Punkte und damit um deutlich mehr als unter der Kontrolle, bei der sich der Score nur um 8,7 Punkte erhöhte (p < 0,001). Gleichzeitig verloren die Probanden in der Verumgruppe erwartungsgemäß prozentual mehr Gewicht als die Kontrollen (-13,3% vs. -2,6%; p < 0,001). Im 6-Minuten-Gehtest war die zurückgelegte Distanz unter dem Wirkstoff um 21,5 m verlängert, während sie unter Placebo nur um 1,2 m zunahm (p < 0,001). Auch den Entzündungsparameter C-reaktives Protein (CRP) senkte Semaglutid deutlicher als Placebo (-43,5% vs. -7,3%, p < 0,001). 

In einer explorativen Analyse werteten die Forscher aus, wie viele Studienteilnehmer aufgrund einer akuten Herzinsuffizienz ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten: zwölf Probanden aus der Kontrollgruppe und nur einer aus der Semaglutid-Gruppe. Ein ähnlicher Zusammenhang offenbarte sich auch in den Analysen zur Sicherheit der Behandlung: Schwere unerwünschte Wirkungen traten signifikant häufiger in der Placebogruppe auf und gingen insbesondere auf das Konto von kardialen Ereignissen.

Ausstehende Langzeitdaten 

Das Science Media Center holte zwei Expertenmeinungen zu der Studie ein. Prof. Dr. Stefan Störk, Leiter des Departments Klinische Forschung und Epidemiologie am Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz in Würzberg, und Prof. Dr. Andreas Zeiher, Kardiologieprofessor an der Goethe-Universität in Frankfurt, beurteilten die Ergebnisse grundsätzlich positiv [3]. Auch wenn beide betonen, dass die Auswirkungen auf harte Endpunkte noch fehlen, zeigen die derzeitigen Daten in die richtige Richtung. „Es ist bekannt, dass die […] Veränderungen in den Zielparametern verlässliche Indikatoren einer besseren Prognose sind“, so Störk. „Ob sich das langfristig auch auf das Auftreten harter kardiovaskulärer Endpunkte auswirkt, bleibt abzuwarten“, führt Zeiher aus. Fragezeichen bleiben auch noch dahingehend, ob die Wirkung nur auf die Gewichtsabnahme zurückzuführen ist, oder ob auch direkte Effekte auf das Herz ausgeübt werden. Störk erwartet in dieser Frage in der nächsten Zeit neue Ergebnisse, da bei Semaglutid gerade eine starke Umfeldforschung stattfinde.

Literatur 

[1] Borlaug BA et al. Obesity and heart failure with preserved ejection fraction: new insights and pathophysiological targets. Cardiovasc Res 2023;118:3434-3450, doi: 10.1093/cvr/cvac120 

[2] Kosiborod MN et al. Semaglutide in Patients with Heart Failure with Preserved Ejection Fraction and Obesity. N Engl J Med 2023, doi: 10.1056/NEJMoa2306963 

[3] Abnehmmedikament Semaglutid hilft gegen Herzleiden. Meldung des Science Media Centers vom 25. August 2023


Dr. Tony Daubitz, Apotheker
redaktion@daz.online


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