Blei, Cadmium und Arsen in Trinkwasser, Nahrungsmitteln und Co.

Wie Schwermetalle das Herz belasten

Stuttgart - 15.09.2023, 17:50 Uhr

Nicht nur Trinkwasser, sondern insbesondere auch Lebensmittel können mit Schwermetallen belastet sein. (Foto: Oleksandr/AdobeStock)

Nicht nur Trinkwasser, sondern insbesondere auch Lebensmittel können mit Schwermetallen belastet sein. (Foto: Oleksandr/AdobeStock)


In diesem Sommer wurde die Trinkwasser-Verordnung novelliert. Sie soll Verbraucher beispielsweise vor der Belastung durch Pestizide, mikrobiologische Verunreinigungen, aber auch Schwermetalle schützen. Letztere können auf verschiedene Organe toxisch wirken. In diesem Beitrag werden vor allem die schädlichen Effekte von Blei und Co. auf das Herz-Kreislauf-System beleuchtet.

Kardiovaskuläre Erkrankungen ge­hören nach wie vor zu den führenden Todesursachen weltweit. Nicht nur falsche Ernährung, mangelnde Be­wegung und Rauchen erhöhen das Risiko für Herzkrankheiten. In einer Stellungnahme der American Heart Association werden drei Elemente genannt, die als Umweltkontaminanten ebenfalls einen Beitrag leisten [1]. Dazu gehören die Schwermetalle Blei und Cadmium sowie das Halbmetall Arsen. Zwar kommen alle drei na­türlich in der Erdkruste vor, durch menschliche Intervention werden sie jedoch freigesetzt und können in erhöhten Konzentrationen in die Nahrungskette gelangen.

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Die Ionen aller drei Elemente werden aus Staub, Nahrungsmitteln und Wasser gut über die Lunge und mäßig über den Gastrointestinaltrakt absorbiert. Während Arsen jedoch innerhalb einiger Tage oder Wochen in methylierter Form über den Urin wieder ausgeschieden wird, reichern sich anorganisches Blei und Cadmium im Körper an. Blei lässt sich auch Jahrzehnte nach der Aufnahme noch in den Knochen nachweisen. Cadmium akkumuliert vor allem in Leber und Nieren. Von diesen Depots im Körper können die Schwermetalle auch Jahre nach der Exposition noch freigesetzt werden. 

Anorganisches Arsen und Cadmium gelten als krebserregend für den Menschen (Einstufung in Kategorie 1 der Internationalen Agentur für Krebsforschung [IACR]) und Blei als wahrscheinlich krebserregend (IARC Kategorie 2A). Aus epidemiologischen Studien ist bekannt, dass Menschen mit erhöhten Arsen-, Blei- und Cadmium-Konzentrationen in Blut oder Urin ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen haben. Mehrere Untersuchungen in verschiedenen Ländern fanden erhöhte Inzidenzen für kardiovaskuläre Erkrankungen allgemein, koronare Herzkrankheiten und Schlag­anfälle. Erhöhte Exposition gegenüber den drei toxischen Elementen ist insgesamt mit einer erhöhten kardio­vaskulären Sterblichkeit assoziiert.

Was verursachen Schwermetalle auf molekularer Ebene?

Was sich auf Populationsebene durch vermehrte Fälle von Herzkrankheiten bemerkbar macht, beginnt auf molekularer Ebene mit der Eigenschaft der zweiwertigen Cadmium– und Blei­-Ionen, für den Körper essenzielle zweiwertige Ionen zu ersetzen. Blei kann die Stelle von Calcium einnehmen und damit den Elektrolythaushalt in bestimmten Geweben stören. Cadmium ähnelt Zink und ist in der Lage, es in verschiedenen Enzymen und Metalloproteinen auszutauschen. Beide Schwer­metalle stehen zudem im Verdacht, Kupfer zu ersetzen. 

Die Funktion der Enzyme wird dadurch eingeschränkt. Hiervon betroffen sind unter anderem antioxidative Enzyme wie die Superoxiddismutase. Verlieren diese Enzyme ihre Aktivität, nimmt der oxidative Stress in der Zelle zu und es kommt vermehrt zu Lipidperoxidation. Diese wiederum fördert die Bildung arteriosklerotischer Plaques. 

Auch Arsen greift in den Fettmetabolismus ein. Makrophagen beginnen, vermehrt Fette einzulagern, und bilden Schaumzellen an Gefäßwänden. Arsen be­einträchtigt außerdem die Calcium-Homöostase im Herzmuskel und kann so Herzrhythmusstörungen verursachen. Schwermetallexposition korreliert zudem mit der Ausschüttung von Entzündungsmarkern. Histondeacetyl­asen und Histonacetyltransferasen katalysieren epigenetische Modifizierungen. Auch sie enthalten Zink-Ionen und können durch Cadmium und Blei in ihrer Funktion beeinträchtigt werden. 

Ein klarer Grenzwert, unterhalb dessen im Vergleich zu einer nicht exponierten Bevölkerung kein kardiovaskulärer Schaden zu erwarten wäre, lässt sich für keines der drei Metalle ableiten. Es scheint daher folgerichtig, die Exposition der Bevölkerung so weit wie realistisch möglich zu reduzieren. 

Dies ist in der Zweiten Ver­ordnung zur Novellierung der Trinkwasserverordnung vom 20. Juni 2023 erfolgt. Die Verordnung legt Qualitätskriterien für Trinkwasser fest. Grenzwerte werden unter anderem für Pestizide, mikrobiologische Verunreinigungen und organische Lösungs­mittel, aber auch für Schwermetalle festgelegt.

Der bisherige Grenzwert für Blei und Arsen beträgt 0,01 mg/l und gilt bis zum 11. Januar 2028, danach gilt für Blei 0,005 mg/l und für Arsen 0,004 mg/l. Der Grenzwert für Cad­mium liegt bei 0,003 mg/l und bleibt unverändert. Reduziert wurde dafür der Grenzwert für Chrom von bisher 0,025 mg/l auf 0,005 mg/l, der ab dem 12. Januar 2030 gelten soll. Die Grenzwerte anderer Schwermetalle wie Quecksilber (0,001 mg/l), Uran (0,01 mg/l) und Nickel (0,02 mg/l) wurden nicht gesenkt [2]. 

Da es sich um natürlich vorkommende Elemente handelt, lässt sich ihr Auftreten in der menschlichen Umwelt nicht vollkommen eliminieren. Wohl aber können menschliche Aktivitäten, die eine Anreicherung der Schwermetalle in bestimmten Ökosystemen fördern, kontrolliert werden (Bergbau, Metallindustrie, Müllverbrennung, Aus­bringung von Klärschlamm als Dünge­mittel).

Schwermetalle in Lebens-, Genuss- und Arzneimitteln

Neben Trinkwasser sind Lebensmittel eine Hauptquelle für die Schwermetallexposition von Menschen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) untersucht in seiner MEAL-Studie (Mahlzeiten für die Expositionsabschätzung und Analytik von Lebensmitteln) das Vorkommen von potenziell toxischen Stoffen in einer breiten Palette von Nahrungsmitteln. 

Insgesamt lag die Belastung aller untersuchten Lebensmittel mit Blei und Cadmium deutlich unter 1 mg/kg. Zu den stärker mit Blei und Cadmium belasteten Lebensmitteln zählen einige Pilzarten, Kakaopulver, dunkle Schokolade, Muscheln, Algen und Gemüsechips. Relativ hohe Blei-Mengen wurden zudem in manchen Gewürzen (z. B. Paprika- und Pfefferpulver) und Leber gefunden. Hohe Cadmium-Gehalte konnten in Sonnenblumenkernen und Leinsamen nach­gewiesen werden [3]. Sehr hohe Arsen-Gehalte von über 1 mg/kg wurden in einigen Fischarten und Algen gefunden. Auch Reis ist eine Arsen-Quelle, was vor allem in Bevölkerungen problematisch ist, deren Ernährung hauptsächlich darauf basiert. Kaum belastet mit den drei toxischen Elementen waren Eier, Milchprodukte, Früchte und Fruchtsäfte [4].

Kein Lebensmittel, aber doch eine Quelle für Cadmium, ist die Tabakpflanze. Sie hat die Eigenschaft, Cadmium aus dem Boden aufzunehmen und in ihren Blättern zu akkumulieren. Dabei geht sie so effizient vor, dass die Cadmium-Konzentration der Blätter die des Bodens überschreiten kann. Raucher reichern daher etwa zweimal soviel Cadmium in ihrem Körper an wie Nichtraucher [5]. 

Auch einige andere Pflanzen akkumulieren das Schwermetall. Dazu gehören Sonnenblumen, Raps und Indischer Senf [6, 7]. Was problematisch für die Lebensmittelgewinnung ist, kann auf der anderen Seite genutzt werden, um Cadmium aus kontaminierten Böden gezielt abzureichern.

Neben Lebens- und Genussmitteln können auch Arzneimittel, etwa aus der ayurvedischen Medizin, Schwermetalle enthalten.

Neben den kardiotoxischen Eigenschaften und ihrer Kanzerogenität wirken die drei Metalle auch auf andere Organsysteme toxisch. Zudem muss berücksichtigt werden, dass sich anorganische und organische Spezies in ihrer Absorption und Toxizität meist unterscheiden. 

Eine Chelat-Therapie kann die Schwermetallbelastung besonders exponierter Personen reduzieren und ihr Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen senken. Chelatbildner mit hoher Affinität zu Schwermetallionen wie EDTA (Ethylen­diamintetraessigsäure) oder DMSA (Dimercapto­bernsteinsäure) kom­plexieren Blei und Cadmium. Die Komplexe werden anschließend über den Urin ausgeschieden. 

Raucher und Vielverzehrer bestimmter Lebensmittel haben eine effektive Möglichkeit, ihre Exposition gegenüber kardiotoxischen Metallen selbst zu reduzieren. Ansonsten können Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit die Grundbelastung der Menschen senken und einen Beitrag zur Vermeidung von kardiovaskulären Erkrankungen leisten.

Literatur

[1] Lamas GA et al. American Heart Association Council on Epidemiology and Prevention; Council on Cardiovascular and Stroke Nursing; Council on Lifestyle and Cardiometabolic Health; Council on Peripheral Vascular Disease; and Council on the Kidney in Cardiovascular Disease. Contaminant Metals as Cardiovascular Risk Factors: A Scientific Statement From the American Heart Association. J Am Heart Assoc 2023;12(13):e029852, doi: 10.1161/JAHA.123.029852

[2] Zweite Verordnung zur Novellierung der Trinkwasserverordnung. BGBl 2023 I Nr. 159 vom 23. Juni 2023, www.recht.bund.de/bgbl/1/2023/159/VO

[3] Fechner C et al. Results of the BfR MEAL Study: In Germany, mercury is mostly contained in fish and seafood while cadmium, lead, and nickel are present in a broad spectrum of foods. Food Chem X 2022;14:100326, doi: 10.1016/j.fochx.2022.100326

[4] Hackethal C et al. Total arsenic and water-soluble arsenic species in foods of the first German total diet study (BfR MEAL Study). Food Chem 2021;346:128913, doi: 10.1016/j.foodchem.2020.128913

[5] Kozak K, Antosiewicz DM. Tobacco as an efficient metal accumulator. Biometals 2023;36(2):351-370, doi: 10.1007/s10534-022-00431-3

[6] Shi G et al. Cadmium accumulation and growth response to cadmium stress of eighteen plant species. Environ Sci Pollut Res Int 2016;23(22):23071-23080, doi: 10.1007/s11356-016-7545-9

[7] Benavides BJ et al. Cadmium phytoextraction by Helianthus annuus (sunflower), Brassica napus cv Wichita (rapeseed), and Chyrsopogon zizanioides (vetiver). Chemosphere 2021;265:129086, doi: 10.1016/j.chemosphere.2020.129086

[8] Gitelman J et al. Lead toxicity from Ayurvedic medicines. CMAJ 2023;195(30):E1010-E1012, doi: 10.1503/cmaj.230592

[9] Saper RB et al. Lead, mercury, and arsenic in US- and Indian-manufactured Ayurvedic medicines sold via the Internet. JAMA 2008;300(8):915-923, doi: 10.1001/jama.300.8.915


Ulrich Schreiber, MSc Toxikologie, DAZ-Autor
redaktion@daz.online


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