Landgericht Potsdam

Lunapharm: Der Strafprozess startet

Berlin - 09.10.2023, 14:00 Uhr

Mit erheblicher Verzögerung startet diese Woche in Potsdam der Strafprozess in der Lunapharm-Affäre. (Foto: DAZ)

Mit erheblicher Verzögerung startet diese Woche in Potsdam der Strafprozess in der Lunapharm-Affäre. (Foto: DAZ)


Vor vier Jahren hat die Staatsanwaltschaft Potsdam Anklage im Fall Lunapharm erhoben – diese Woche startet nun die Hauptverhandlung vor dem Landgericht Potsdam. Vor Gericht verantworten müssen sich drei Personen, denen unter anderem gewerbsmäßiger Handel mit gefälschten Arzneimitteln vorgeworfen wird – darunter die Lunapharm-Geschäftsführerin. Der Fall „Lunapharm“ sorgte 2018 bundesweit für Aufsehen und mischte die politische Diskussion über (Parallel-)Importe auf.

Gut fünf Jahre nachdem das TV-Magazin Kontraste den Fall „Lunapharm“ an die Öffentlichkeit brachte, beginnt nun auch die strafrechtliche Aufarbeitung: Vor dem Landgericht Potsdam müssen sich ab dem 11. Oktober die Geschäftsführerin des Brandenburger Unternehmens, Susanne Krautz-Zeitel, sowie zwei mutmaßliche Mittäter wegen illegalen Handels mit Arzneimitteln verantworten.

Laut Anklage soll die Lunapharm-Geschäftsführerin bereits zwischen Mai und Juni 2017 hochpreisige Medikamente über eine Apotheke in Griechenland bezogen und in Deutschland vertrieben haben, obwohl diese Apotheke keine Großhandelserlaubnis hatte – besagter Apothekenleiter ist einer der Mitangeklagten. In der Folge verlor Lunapharm seine Großhandels- und Herstellerlaubnis (letztere hatte das Unternehmen, da es als Importeurin Arzneimittel umverpackte). Dennoch sollen diese beiden Angeklagten den Handel bis Juli 2018 weiterbetrieben haben – über eine in Zypern ansässige Firma. Die Abwicklung soll dabei unter Beteiligung des dritten Angeklagten erfolgt sein.

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Kontraste hatte im Sommer 2018 vor allem über fragwürdige Herkunftsquellen, Vertriebswege und eine zweifelhafte Lagerung der (Krebs-)Arzneimittel berichtet – allerdings wurden keine Arzneimittel ausgemacht, die in ihrer Wirkung beeinträchtigt waren. Für einen gewerbsmäßigen Handel mit gefälschten Medikamenten ist es allerdings auch nicht nötig, dass es sich um Totalfälschungen handelt. Als gefälscht gilt ein Arzneimittel nach dem Arzneimittelgesetz auch dann, wenn zum in Aufzeichnungen und Dokumenten bezeichneten Vertriebsweg falsche Angaben gemacht werden. Und mit in dieser Art gefälschten Arzneimitteln soll Krautz-Zeitel über ihren Parallelhandel lukrative Geschäfte gemacht haben – 1,1 Millionen Einnahmen soll sie laut Anklage damit erzielt haben. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wurden bei Lunapharm und anderen Beteiligten Vermögenswerte in Höhe von rund 890.000 Euro vorläufig gesichert.

Die sogenannte Lunapharm-Affäre brachte nicht nur die damalige Brandenburger Gesundheitsministerin Diana Golze (Linke) zu Fall. Sie war auch einer der Auslöser für das von der Großen Koalition in Berlin auf den Weg gebrachte Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV), mit dem die Importförderklausel modifiziert wurde.

Ein Fall, der viele Gerichte beschäftigt

Zudem beschäftigte der Fall die Justiz auf vielerlei Ebenen. Es ging nicht nur um die Frage der Herstell- und Großhandelserlaubnis, um die die Lunapharm-Geschäftsführerin vergeblich kämpfte. Krautz-Zeitel klagte auch gegen das Land Brandenburg, die Kontraste-Berichterstattung und gegen das Bundesgesundheitsministerium, seinerzeit vertreten durch Minister Jens Spahn (CDU). Sie war und ist überzeugt, stets korrekt gehandelt zu haben und fühlt sich zu Unrecht in ihrer Reputation geschädigt – sie klagte auf Unterlassung und Schadenersatz. Durchschlagenden Erfolg hatten ihre Klagen jedoch nicht – lediglich ein Teil der Kontraste-Aussagen wurde als unzulässige Verdachtsberichterstattung gewertet. Auch mit ihrer Forderung nach Schadenersatz konnte sich die Brandenburger Unternehmerin nicht durchsetzen. Dass der Strafprozess jetzt erst mit einer solchen Verzögerung startet, erklärte ein Gerichtssprecher mit dem „sehr komplexen Verfahren“. Für den Prozess sind zunächst 20 Verhandlungstage bis zum 6. März anberaumt.


Kirsten Sucker-Sket / dpa
redaktion@daz.online


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