Daten von der Südhalbkugel

Prognosen für die Grippesaision 2023/24

Stuttgart - 24.10.2023, 14:15 Uhr

Was bringen Influenzavakzinen? Auf der südlichen Hemisphäre reduzierten Grippeimpfstoffe der Saison 2023 das Risiko für grippebedingte Krankenhausaufenthalte um 52%. (Foto: terovesalainen / AdobeStock)

Was bringen Influenzavakzinen? Auf der südlichen Hemisphäre reduzierten Grippeimpfstoffe der Saison 2023 das Risiko für grippebedingte Krankenhausaufenthalte um 52%. (Foto: terovesalainen / AdobeStock)


Erst im Nachhinein kann das Robert-Koch-Institut bewerten, wie schwer eine Grippesaison verlief und wie effektiv die eingesetzten Influenzaimpfstoffe geschützt haben. Prognosen für die bevorstehende Saison auf der Nordhalbkugel können jedoch mithilfe von Daten der letzten Saison auf der Südhalbkugel getroffen werden.

Wie gut schützten die Grippeimpf­stoffe vor schweren Influenza-be­dingten Atemwegserkrankungen, die einen Krankenhausaufenthalt erforderten? Daten dazu liefert das „Netzwerk für die Bewertung der Wirksamkeit von Impfstoffen in Lateinamerika und der Karibik – Grippe“ (REVELAC-i), welche analysiert und von den US-amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention (CDC) Mitte September 2023 veröffentlicht wurden [1].

Insgesamt wertete das Netzwerk REVELAC-i Daten von 2780 Patienten aus Argentinien, Brasilien, Chile, Paraguay und Uruguay mit schwerer akuter Atemwegsinfektion (SARI) im Krankenhaus aus, darunter 1262 (45,4%) Kleinkinder, 388 (14,0%) Personen mit Vorerkrankungen und 1130 (40,6%) ältere Menschen. Knapp jeder dritte SARI-Patient (32,4%, n = 900) war Influenza-positiv, die meisten Grippeinfektionen trafen dabei ältere Menschen (n = 547), gefolgt von Klein­kindern (n = 214) und vorerkrankten Menschen (n = 139). 15,3% der SARI-Patienten war mit einer saisonalen Vakzine gegen Grippe geimpft, ver­glichen mit 28% der Kontrollpatienten. Die bereinigte Impfeffektivität lag insgesamt bei 51,9%. Vor allem Kleinkinder schützte die Vakzine gut (Impf­effektivität: 70,2%), bei Älteren lag der Wert bei 37,6%.

Südliche Hemisphäre: Vor allem Influenza-A-Viren

Den REVELAC-i-Daten zufolge zirkulierten auf der Südhalbkugel zwischen März und Juli vor allem Influenza-A-Viren (90,6%, n = 815) – nahezu alle vom A(H1N1)pdm09-Subtyp (99,3%, n = 668), nur fünf (0,07%) der nach­gewiesenen Influenza-A-Viren ließen sich der A(H3N2)-Linie zuordnen. Bei 85 Patienten (9,4%) ließ sich eine Influenza-B-Infektion nachweisen. Betrachtete man die Subtyp-spezifische Impfeffektivität gegen Influenza-assoziierte Krankenhausaufenthalte, so lag diese für Influenza A(H1N1) bei 55,2% und damit bei einem ähnlichen Wert wie die Gesamtschätzung. Die Impfeffektivität für Influenza B (Vic­toria) war hingegen statistisch nicht signifikant. Zusammenfassend deuten diese vorläufigen Daten darauf hin, dass Influenzaimpfstoffe mehr als die Hälfte der Grippe-bedingten Krankenhausaufenthalte bei Kleinkindern, Menschen mit Vorerkrankungen und älteren Erwachsenen wirksam ver­hindern konnten.

Wie ist die Lage in Deutschland aktuell?

Hierzulande beginnt die Grippesaison 2023/24 mit der 40. Kalenderwoche. Bereits seit der 27. Kalenderwoche verzeichnet das RKI steigende Zahlen akuter Atemwegsinfektionen – ausgehend von einem „niedrigen Sommer­niveau“ –, wobei vor allem Rhino­viren zirkulieren, zudem SARS-CoV-2 und Parainfluenzaviren [2]. Laut dem ersten Wochenbericht des RKI zur Aktivität akuter respiratorischer Erkrankungen (ARE) für die neue Grippesaison setzt sich dieser Trend fort: Das Nationale Referenzzentrum für Influenza­viren (NRZ) fand in der 40. Kalenderwoche (KW) 2023 in insgesamt 49 (62%) der 79 eingesandten Sentinelproben respiratorische Viren: Rhinoviren (32%), SARS-CoV-2 (19%) und Parainfluenza­viren (13%) – also noch keine Influenzaviren. Geht es um schwere akute respiratorische Infektionen (im Rahmen der ICD-10-Code basierten Krankenhaussurveillance ICOSARI), erhielten in der KW 40 18% der Patienten eine COVID-19-Diagnose, 1% waren RSV-positiv, eine Influenza­-Diagnose wurde dem RKI zufolge nicht gestellt [3].

Informationen über das aktuelle Infektionsgeschehen liefern auch Meldungen gemäß Infektionsschutzgesetz (IfSG). Hier kann das RKI über 161 labordiagnostisch bestätigte Influenzafälle in der 41. Meldewoche berichten, bei etwa jedem fünften Pa­tienten lagen Informationen über eine Hospitalisierung vor (n = 31; 19%). Influenza-bedingte Todesfälle beziehungsweise Patienten, die mit einer Influenzadiagnose verstorben sind, kamen in der aktuellen Grippesaison noch nicht vor [4]. Verglichen mit dem Vorjahreszeitraum ist das Influenzageschehen auf einem niedrigeren Niveau. Im letzten Jahr berichtete das RKI in der 41. Meldewoche 2022 über 1378 labordiagnostisch be­stätigte Grippefälle, davon waren 167 Patienten hospitalisiert [5].

Gleichzeitig gegen Grippe und COVID-19 impfen?

Dem Robert Koch-Institut zufolge dürfen COVID-19- und Influenza-Impfungen simultan verabreicht werden, wobei die Injektionen in unterschiedliche Gliedmaßen erfolgen sollten. Voraussetzung ist, dass für beide Impfungen eine Indikation vorliegt. Als optimalen Impfzeitpunkt für eine Grippeimpfung nennt das RKI den Zeitraum von Mitte Oktober bis Mitte Dezember [6].

Literatur

[1] Fowlkes AL, Nogareda F, Regan A, et al. Interim Effectiveness Estimates of 2023 Southern Hemisphere Influenza Vaccines in Preventing Influenza-Associated Hospitalizations — REVELAC–i Network, March–July 2023. MMWR Morb Mortal Wkly Rep 2023;72:1010–1015, doi: http://dx.doi.org/10.15585/mmwr.mm7237e1

[2] ARE-Wochenbericht des RKI: Aktuelles zu akuten respiratorischen Erkrankungen 39. Kalenderwoche (25.9. bis 1.10.2023), https://influenza.rki.de/Wochenberichte/2022_2023/2023-39.pdf

[3] ARE-Wochenbericht des RKI: Aktuelles zu akuten respiratorischen Erkrankungen 40. Kalenderwoche (2.10. bis 8.10.2023), https://influenza.rki.de/Wochenberichte/2023_2024/2023-40.pdf

[4] ARE-Wochenbericht: Aktuelles zu akuten respiratorischen Erkrankungen Kalenderwoche 41 (9.10. bis 15.10.2023), https://influenza.rki.de/Wochenberichte/2023_2024/2023-41.pdf

[5] ARE-Wochenbericht: Aktuelles zu akuten respiratorischen Erkrankungen Kalenderwoche 41 (10.10. bis 16.10.2022), https://influenza.rki.de/Wochenberichte/2022_2023/2022-41.pdf

[6] Antworten auf häufig gestellte Fragen zur Schutzimpfung gegen Influenza. Stand: 28.9.2023, www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Impfen/Influenza/FAQ_Uebersicht.html


Celine Bichay, Apothekerin, Redakteurin DAZ
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Grippeimpfung verhinderte 50 Prozent aller Infektionen

Positive Daten von der Südhalbkugel

Weltweit sehr niedrige Influenza-Aktivität

Wo bleibt die Grippe in diesem Jahr?

Influenzasaison 2019/20

Bye bye Grippewelle

Influenzasaison 2020/21

Was macht eigentlich die Grippe?

Influenzasaison 2019/20

Ende der Grippewelle in Sicht

Influenzasaison 2020/21

Bleibt die Grippewelle aus?

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.