Vigabatrin-Engpass bis zum 2. Quartal 2024

Sabril-Beutel weiterhin nur gegen Vorlage eines Rezeptes bestellbar

Stuttgart - 26.10.2023, 09:15 Uhr

Da zurzeit nur sehr begrenzte Mengen Sabril-Beutel verfügbar sind, können diese nur bestellt werden, wenn ein entsprechendes Rezept vorliegt. (Foto: Schelbert)

Da zurzeit nur sehr begrenzte Mengen Sabril-Beutel verfügbar sind, können diese nur bestellt werden, wenn ein entsprechendes Rezept vorliegt. (Foto: Schelbert)


Vigabatrin im Handelspräparat Sabril bleibt weiter knapp. Am 23. Oktober ist der fünfte Informationsbrief von Sanofi zu Sabril erschienen und verkündet: Sabril-Filmtabletten sind wieder weitgehend verfügbar, doch für Sabril-Beutel besteht der Engpass voraussichtlich noch bis zum zweiten Quartal 2024. 

Seit Juli 2022 sind Sabril-Beutel und -Tabletten nur eingeschränkt lieferbar. Mit einem am 4. April veröffentlichten Informationsschreiben, gaben Hersteller Sanofi und das BfArM bekannt, dass der Lieferengpass noch bis zum 4. Quartal 2023 andauern wird. Für die Tabletten wurde sogar ein Lieferabriss erwartet.

Es war bereits der vierte Informationsbrief zu Sabril® seit 2022, mit dem das voraussichtliche Ende der Lieferschwierigkeiten ein weiteres Mal nach hinten verschoben wurde. Ursache der Lieferschwierigkeiten sei kein Qualitätsmangel, sondern eine Lieferverzögerung des Wirkstoffes, so Sanofi. Zwischenzeitlich hatte das BfArM das befristete Inverkehrbringen von Sabril Beuteln in nicht-deutscher Aufmachung genehmigt. Gänzlich abfangen konnte diese Maßnahme die Versorgungsschwierigkeiten jedoch nicht.

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*Jetzt ist am 23. Oktober der fünfte Informationsbrief zu Sabril® erschienen. Darin heißt es unter anderem: „Sabril® 500 mg Filmtabletten sind wieder weitgehend verfügbar. Ein Lieferabriss oder eine Verschlechterung der Liefersituation wird derzeit nicht erwartet.“ Die Rezeptmengen für Sabril® 500 mg Filmtabletten würden abhängig von der Verfügbarkeit bedient. Für Sabril® Beutel besteht der Engpass aber weiterhin. Die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) macht derzeit darauf aufmerksam, dass der Engpass bis in das zweite Quartal 2024 andauern wird. Die bisherigen Empfehlungen sollen weiterhin gelten. 

Kontingentierte Belieferung gegen Rezept

Für Apotheken bedeutet das: Sabril®-Beutel können sowohl beim Hersteller als auch beim Großhandel weiterhin nur bestellt werden, wenn ein individuelles Rezept vorgelegt werden kann. Weiterhin heißt es: „Abhängig von der Verfügbarkeit wird die Abgabe limitiert.“ Dies hieß zuletzt: nicht mehr als 100 Beutel (ausgeliefert als 1x100 oder 2x50 Beutel) pro Rezept.

Zugelassen ist Sabril® für die beiden Indikationen

  • infantile Spasmen im Rahmen des West-Syndroms (als Monotherapie) und
  • pharmakoresistente fokale Anfälle mit oder ohne sekundäre Generalisierung, bei denen alle anderen adäquaten Arzneimittelkombinationen nicht ausreichend wirksam waren oder nicht vertragen wurden (also Kombinationstherapie). 

Versorgung von Kindern mit infantilen Spasmen sichern

Aus den Empfehlungen zu Risikominimierung des Informationsschreibens geht klar hervor, dass die Sicherstellung der Verfügbarkeit des Arzneimittels für Patient:innen mit infantilen Spasmen höchste Priorität hat. Dieser Indikation soll die Granulatformulierung (Beutel) vorbehalten werden, wobei Tabletten vorzuziehen sind, sobald das Kind diese schlucken kann – wenn sie verfügbar sind. Bei dieser Indikation sollen Patient:innen auch weiterhin neu auf Sabril® eingestellt werden.

In der Indikation der pharmakoresistenten Epilepsie soll hingegen nach Möglichkeit ein Neurologe konsultiert und eine Umstellung auf eine alternative Behandlung erwogen werden. Ebenso sollten bei Neueinstellungen alternative Therapien in Betracht gezogen werden. 

Der Wirkstoff, sowohl in Sabril® Filmtabletten als auch Beuteln, ist Vigabatrin, ein strukturell mit Gamaaminobuttersäure (GABA) verwandtes Molekül, welches das Enzym GABA-Transaminase irreversibel hemmt und dadurch die Konzentration des inhibitorischen Neurotransmitters erhöht. Unter der Anwendung von Vigabatrin kommt es sehr häufig zu Nebenwirkungen. Besonders hervorzuheben, sind Gesichtsfeldeinschränkungen, die bei etwa einem Drittel der Behandelten beobachtet werden. Sie treten meist erst nach mehreren Monaten oder Jahren der Behandlung auf. Während die Mehrzahl der Patient:innen diese Einschränkungen nicht wahrnimmt, ist ein kleiner Teil der Behandelten erheblich eingeschränkt. Eine regelmäßige Untersuchung der Behandelten ist erforderlich, wobei es für Kinder unter drei Jahren gar keine und unter neun Jahren keine validierte Methode gibt. Aufgrund des ungünstigen Nebenwirkungsprofils sollte Vigabatrin gemäß Fachinformation (Stand Januar 2021) „nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung im Vergleich zu alternativen Therapien eingesetzt werden“.

*Dieser Artikel ist erstmalig am 06.04.2023 erschienen, er wurde am 25.10.2023 aktualisiert / ergänzt. (dm)


Gesa Gnegel, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (gg)
redaktion@daz.online


Deutsche Apotheker Zeitung / dm
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