Neue Leitlinie

Parkinson – wann kann inhalatives Levodopa empfohlen werden?

Stuttgart - 10.11.2023, 17:50 Uhr

Erst seit kurzem ist das erste Levodopa zur Inhalation auf dem Markt. Es heißt Inbrija. (Screenshot: Acorda Therapeutics auf X)

Erst seit kurzem ist das erste Levodopa zur Inhalation auf dem Markt. Es heißt Inbrija. (Screenshot: Acorda Therapeutics auf X)


Eine neue Leitlinie zur Parkinson-Krankheit ist erschienen, in der alle Therapieempfehlungen überarbeitet wurden. Beispielsweise gibt es jetzt erstmals auch Empfehlungen zur Anwendung des neuen inhalativen Levodopa-Präparates Inbrija.

Wie die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) am 8. November mitteilte, ist am 25. Oktober 2023 die neue S2k-Leitlinie Parkinson-Krankheit erschienen. Es ist darin ganz bewusst von der „Parkinson-Krankheit“ statt dem „idiopathischen Parkinson-Syndrom“ die Rede, weil eine nicht zu vernachlässigende Zahl der Erkrankungen nicht idiopathisch sei, sondern beispielsweise durch genetische Varianten verursacht wird. „Mit zunehmendem Wissen und besserem Verständnis der pathophysiologischen Prozesse, die den Parkinson-Syndromen zugrunde liegen, wird der Begriff ‚idiopathisch‘ womöglich künftig obsolet werden“, heißt es wörtlich in der Leitlinie [1].

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Doch das ist nicht die einzige (für Pharmazeuten) relevante Neuerung. Die DGN erklärt, dass „nahezu alle Therapieempfehlungen für motorische, kognitive, affektive, psychotische und dysautonome Symptome sowie Schlafstörungen, Schmerz, Dysarthrie und Dysphagie bei der Parkinson-Krankheit“ teilweise modifiziert, durch neue Evidenz gesichert und/oder durch neue Inhalte ergänzt wurden [1, 2].

Erst seit kurzem ist etwa das erste Levodopa-Präparat zur Inhalation auf dem Markt (Inbrija®). Es ist zur „intermittierenden Behandlung von episodenhaft auftretenden motorischen Fluktuationen (OFF-Episoden) bei erwachsenen Patienten mit Morbus Parkinson, die mit Levodopa und einem Dopa-Decarboxylase-Hemmer behandelt werden“, indiziert [3].

Die verschiedenen Darreichungsformen von Levodopa

Wie die Leitlinie ausführt, gibt es in Deutschland Levodopa nebst in inhalativer Form auch in fester Kombination (4:1) entweder mit dem Dopadecarboxylase-Hemmer Carbidopa oder Benserazid – und zwar in

  • Standardform,
  • in retardierter Form sowie
  • in rasch löslicher Form.

Gibt es also Empfehlungen, wann die unterschiedlichen Formulierungen bevorzugt zum Einsatz kommen sollten?

Retardiertes Levodopa nur für die Nacht

Laut Leitlinie haben retardierte Präparate hinsichtlich der Symptomkontrolle, Motorfluktuationen oder Dyskinesien keinen Vorteil gegenüber Standard-Release-Präparaten. Vielmehr gibt es Einschränkungen, wann sie nicht angewendet werden sollten: „Wegen der längeren Resorptionszeiten und der damit verbundenen längeren Zeiten von Nahrungskarenz und des höheren Risikos einer Interferenz von Nahrungsaufnahme mit der Levodopa-Resorption sollten retardierte Präparate nicht während der Wachzeit, sondern nur während der Nachtzeit gegeben werden.“

Inhalatives Levodopa nur als Ergänzung für den Tag

Zu den schnell löslichen und der inhalativen Darreichungsform erklärt die Leitlinie, dass sie sich besonders zur Coupierung von Off-Phasen eignen – das inhalative Levodopa-Präparat „allerdings wegen des fehlenden Dopadecarboxylase-Inhibitors“ nur bei Patient:innen, die bereits Levodopa plus Dopadecarboxylase-Hemmer erhalten. Inhalatives Levodopa kann laut Leitlinie „bedarfsweise bei tagsüber und unvorhergesehen auftretenden Off-Zuständen eingesetzt werden“. Patient:innen müssen dabei in der Lage sein, einen heraufziehenden Off-Zustand zu erkennen, um das Arzneimittel rechtzeitig anzuwenden. 

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Plötzlich einsetzende Off-Phasen könnten mit subkutanem oder sublingualem Apomorphin, inhalativem oder löslichem Levodopa erfolgen. Insgesamt könne keine Priorisierung der einzelnen therapeutischen Optionen bei Fluktuationen auf Grundlage von Studien erfolgen.

Das Dopaminagonisten-Entzugssyndrom

Neben vielen weiteren Neuerungen konnten nun laut DGN außerdem drei Risikofaktoren identifiziert werden, „bei deren Vorhandensein in 92 % ein DAWS entsteht“. Hinter DAWS verbirgt sich das Dopaminagonisten-Entzugssyndrom, das erstmal 2010 beschrieben wurde und über das die DAZ auch bereits berichtete. Die drei Risikofaktoren sind laut DGN: 

  • Impulskontrollstörungen,
  • hohe Dopaminagonisten-Dosen und
  • vorherige tiefe Hirnstimulation.

Das Absetzen von Dopaminagonisten – etwa bei Impulskontrollstörungen oder Halluzinationen – sollte somit immer langsam erfolgen [1,2].

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All das sind nur kleine Auszüge der neuen Leitlinie. Eine Lektüre der umfassenden Parkinson-Leitlinie lohnt sich also auch für Pharmazeut:innen.

Literatur 

[1] Pressemitteilung der DGN. Neue S2k-Leitlinie Parkinson-Krankheit: Was ist neu? 8. November 2023, dgn.org/artikel/neue-s2k-leitlinie-parkinson-krankheit-was-ist-neu

[2] S2k-Leitlinie Parkinson-Krankheit, Stand 
25.10.2023, register.awmf.org/de/leitlinien/detail/030-010

[3] Fachinformation von Esteve zu Inbrija® 33 mg Hartkapseln mit Pulver zur Inhalation, Stand Mai 2023, www.fachinfo.de/


Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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