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Autoantikörper nach Erkrankung
Warum SARS-CoV-2 Autoimmunerkrankungen auslöst und was das mit Long COVID zu tun hat
Seit nunmehr vier Jahren beschäftigt sich die Welt mit SARS-CoV-2. Mittlerweile weiß man auch so einiges über das Virus. Zum Beispiel, dass SARS-CoV-2 Autoimmunerkrankungen auslösen kann. Welcher immunologische Mechanismus dahintersteckt und was das wiederum mit Long COVID zu tun hat, erklärte Professor Rolf Marschalek aus Frankfurt im Rahmen seines Vortrags beim Pharmacon.
SARS-CoV-2 unterscheidet sich in mancherlei Hinsicht von anderen Viren, das machte der Molekularbiologe Professor Rolf Marschalek beim Pharmacon in Schladming 2024 deutlich. So hat es beispielsweise negative Auswirkungen auf die Immunantwort. Das Virus verschlechtert dramatisch die humorale Immunantwort aufgrund der systemischen Inflammation. Zudem kann die Omikron-Variante selektiv CD8+-Zellen eliminieren und führt so zu einer Immunsuppression bei den Betroffenen. Ein weiterer Unterschied zu vielen anderen humanpathogenen Viren ist, dass SARS-CoV-2 über zwei virale Proteasen verfügt und nicht nur über eine. Proteasen spielen eine wichtige Rolle bei der Virusreplikation, indem sie die viralen Vorläuferproteine schneiden. Sie schneiden jeweils an bestimmten Aminosäuresequenzen, den sogenannten Konsensussequenzen. Diese Sequenzen kommen aber nicht nur bei viralen, sondern auch bei körpereigenen Proteinen vor, welche auch von den viralen Proteasen geschnitten werden können, was zur Entstehung sogenannter Neoantigene führt. Diese werden vom Immunsystem möglicherweise als fremd identifiziert. Die Folge ist die Bildung von Autoantikörpern.
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Das ist grundsätzlich bei allen Viren möglich. SARS-CoV-2 schneidet aber mit seinen Proteasen besonders viele körpereigene Proteine – über 6000. Zum Vergleich: Latent in der Bevölkerung persistierende Viren wie Varizella Zoster oder Herpes simplex schneiden weniger als zehn körpereigene Proteine. Somit entstehen bei einer Infektion mit SARS-CoV-2 im Vergleich vielmehr Neoantigene und somit auch Autoantikörper. Bei der großen Mehrheit der Menschen, die eine SARS-CoV-2-Infektion durchgemacht haben, sind Autoantikörper nachweisebar. In vielen Fällen bleibt das ohne spürbare Folgen, aber eben nicht immer. Das hängt jeweils vom individuellen Immunsystem ab, eine entscheidende Rolle spielen dabei die jeweiligen MHC-Kompositionen. Die Autoantikörper können sich gegen verschiedenste Strukturen richten, zum Beispiel gegen Interferon, was zu einer Hyperinflammation und einem Versagen des Immunsystems führt, oder gegen bestimmte Organe, was den Verlust des Geruchs- und Geschmackssinns erklärt.
Long COVID ist eine Autoimmunerkrankung
Zudem weiß man Marschalek zufolge mittlerweile auch, dass hinter Long COVID ebenfalls ein autoimmunes Geschehen steckt. Hier richten sich die Antikörper gegen G-Protein-gekoppelte Rezeptoren. Sie sind mit mehr als 800 verschiedenen Mitgliedern die größte Proteinsuperfamilie und kommen überall im Körper vor, was die Symptomvielfalt von Long COVID erklärt. Nach bisherigen Erkenntnissen, so Marschalek, steigt mit der Anzahl und dem Schweregrad der Infektionen das Risiko für Long COVID. Impfungen hingegen senken es.
Heilung durch Neutralisation der Autoantikörper?
Auf Basis dieser Erkenntnisse werden auch mögliche Heilungsansätze erforscht. So wurde ein Aptamer aus 15 Nukleotiden entwickelt, das den Namen BC007 trägt. Es bindet und neutralisiert konzentrationsabhängig fast alle Autoantikörper, die gegen G-Protein-gekoppelte Rezeptoren gerichtet sind. Marschalek hält das für einen spannenden und vielversprechenden Ansatz. Auch schon angewandte Behandlungsansätze bei Long COVID, zum Beispiel eine Plasmapharese oder die Behandlung mit Antikörper-Cocktails zielen auf den autoimmunen Prozess ab und erzielen auch teilweise Erfolge.
8 Kommentare
Warum SARS-CoV-2 Autoimmunerkrankungen auslöst und was das mit Long COVID zu tun hat
von BSCHERER am 02.02.2024 um 14:04 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Ich vermissen einen Punkt
von Christian Wiechering am 17.01.2024 um 12:07 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten
AW: Lächerlich
von Daniel am 24.01.2024 um 3:46 Uhr
AW: Ich vermissen einen Punkt
von Christian Wiechering am 25.01.2024 um 17:22 Uhr
Schlimmer als HIV
von Stefan Siebert am 16.01.2024 um 22:49 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Schlimmer als HIV
von Stefan Siebert am 16.01.2024 um 22:51 Uhr
Sehr gelungen
von S. Ehrlich am 16.01.2024 um 20:35 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Es gibt ein Medikament
von Daniel am 25.01.2024 um 1:34 Uhr
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