- „männliche Patienten, die derzeit mit Valproat behandelt werden, über das potenzielle Risiko für neurologische Entwicklungsstörungen informieren und prüfen, ob Valproat weiterhin die am besten geeignete Behandlung ist;
- mit männlichen Patienten die Notwendigkeit einer wirksamen Empfängnisverhütung, auch für die Partnerin, während der Einnahme von Valproat und für mindestens drei Monate nach Absetzen der Behandlung besprechen.
- männliche Patienten über die Notwendigkeit regelmäßiger Überprüfungen durch ihren Arzt informieren, um zu beurteilen, ob Valproat weiterhin die am besten geeignete Behandlung für den Patienten ist und mit dem Patienten geeignete Behandlungsalternativen besprechen. Dies ist besonders wichtig, wenn der männliche Patient plant, ein Kind zu zeugen, und in diesem Fall vor dem Absetzen der Verhütung;
- männlichen Patienten davon abraten, während der Behandlung und für mindestens drei Monate nach Beendigung der Behandlung Sperma zu spenden;
- männlichen Patienten den neuen Patientenleitfaden für männliche Patienten aushändigen und sie auf die Patientenkarte hinweisen, die der Verpackung ihres Arzneimittels beiliegt oder in ihr enthalten ist [2].“
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Convulex, Depakine, Ergenyl und Orfiril (Update)
Warum auch Männer unter Valproat für eine wirksame Empfängnisverhütung sorgen müssen
Ganz allgemein sollte klar sein: Verhütung ist nicht nur Frauensache. Wenn es um Arzneimittel geht, sind Frauen im gebärfähigen Alter jedoch häufiger von Sicherheitsmaßnahmen betroffen. So existiert für Valproinsäure bereits seit einigen Jahren ein Schwangerschaftsverhütungsprogramm, das Frauen anspricht. Laut neuen Empfehlungen des europäischen Pharmakovigilanz-Ausschusses sollten aber auch Männer auf eine wirksame Empfängnisverhütung hingewiesen werden und für mindestens drei Monate nach Beendigung der Behandlung kein Sperma spenden.
Üblicherweise liegt der Fokus von Risikomaßnahmen bei teratogenen Arzneimitteln wie Valproat auf Frauen im gebärfähigen Alter. Bereits im August vergangenen Jahres machten jedoch der Pharmakovigilanzausschuss (PRAC) der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) beziehungsweise das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) darauf aufmerksam, dass künftig auch Männer über die möglichen Risiken von Valproat für den noch ungeborenen Nachwuchs informiert werden sollten.
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Während erste Ergebnisse darauf hindeuteten, dass die Valproat-Einnahme von Vätern in den drei Monaten vor der Empfängnis bei den gezeugten Kindern das Risiko für neurologische Entwicklungsstörungen steigern könnte, waren die Untersuchungen damals allerdings noch nicht abgeschlossen. Es gab noch viele offene Fragen, beispielsweise was unter neurologischen Entwicklungsstörungen genau zu verstehen ist oder, ob das erhöhte Risiko auf bestimmte Epilepsieformen zurückzuführen ist [1].
PRAC empfiehlt neue Sicherheitsmaßnahmen für Valproat
Einer Mitteilung des BfArM vom 12. Januar zufolge, konnte der PRAC zwar nun auch abschließend nicht feststellen, ob das vermutete vermehrte Auftreten der neurologischen Entwicklungsstörungen auf die Einnahme von Valproat zurückzuführen ist. Auch reichte die vorhandene Evidenz nicht aus, „um festzustellen, für welche Arten von neurologischen Entwicklungsstörungen bei Kindern ein erhöhtes Risiko bestehen könnte“. Dennoch sollen jetzt Maßnahmen zur Information von Patienten und Angehörigen der Gesundheitsberufe ergriffen werden. Die Behandlung mit Valproat (z.B. Convulex, Depakine, Ergenyl und Orfiril) soll bei männlichen Patienten von einem Spezialisten für die Behandlung von Epilepsie oder bipolaren Störungen (in manchen Ländern auch Migräne) eingeleitet und überwacht werden. Zudem sollten Angehörige der Gesundheitsberufe [2]:
Frauen keinesfalls vergessen!
Das BfArM betont, dass frühere Empfehlungen weiterhin gelten: Insbesondere auch Frauen sollten also Valproat-haltige Arzneimittel während der Schwangerschaft meiden, weil ein Risiko für angeborene Missbildungen (Geburtsfehler) und neurologische Entwicklungsstörungen besteht.
Das „mögliche Risiko bei Kindern von Männern, die in den drei Monaten vor der Empfängnis mit Valproat behandelt wurden“, sei geringer „als das zuvor bestätigte Risiko bei Kindern von Frauen, die während der Schwangerschaft mit Valproat behandelt wurden“. (Das Risiko bei Kindern von Männern, die mehr als drei Monate vor der Empfängnis die Valproat-Behandlung beendet haben, wurde nicht untersucht.) Aus der vorliegenden Evidenz gehe hervor, dass „etwa 5 von 100 Kindern von Vätern, die mit Valproat behandelt wurden, eine neurologische Entwicklungsstörung aufwiesen, verglichen mit etwa 3 von 100 Kindern von Vätern, die mit Lamotrigin oder Levetiracetam behandelt wurden“. Im Kontrast dazu wird geschätzt, „dass bis zu 30 bis 40 von 100 Vorschulkindern, deren Mütter während der Schwangerschaft Valproat eingenommen haben, Probleme mit der frühkindlichen Entwicklung haben können“. Das könne sich beispielsweise in langsamem Laufen und Sprechen, intellektuellen Defiziten und Schwierigkeiten mit Sprache und Gedächtnis äußern. Allgemein definiert das BfArM neurologische Entwicklungsstörungen als „Entwicklungsprobleme, die in der frühen Kindheit beginnen, wie Autismus-Spektrum-Störungen, geistige Behinderung, Kommunikationsstörungen, Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen und Bewegungsstörungen“.
Für betroffene Patient:innen gilt allgemein die Empfehlung [2]:
„Brechen Sie Ihre Behandlung nicht ab, ohne Ihren Arzt zu konsultieren. Wenn Sie die Behandlung abbrechen, können sich Ihre Symptome verschlimmern.“
Besser geeignete Alternativen zur Valproinsäure sind laut Embryotox bei Epilepsie Lamotrigin und Levetiracetam, bei bipolar affektiver Störung „Quetiapin, andere Neuroleptika; Lamotrigin, ggf. auch das schwach teratogene Lithium“ [3].
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*Die Empfehlungen des PRAC wurden an die Koordinierungsgruppe für Verfahren der gegenseitigen Anerkennung und dezentrale Verfahren (CMDh) weitergeleitet [2]. Am 19. Februar wurde ein Rote-Hand-Brief zum Thema versendet. Diesen finden Sie hier.
* Dieser Text wurde am 19.02.2024 aktualisiert (dm).
Literatur
[1] Moll D. Schädigt eine väterliche Valproat-Therapie den Nachwuchs? DAZ.online 22.08.2023, www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2023/08/22/schaedigt-eine-vaeterliche-valproat-therapie-den-nachwuchs
[2] Mitteilung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Valproat: Potenzielles Risiko für neurologische Entwicklungsstörungen bei Kindern, die von Vätern gezeugt wurden, die valproathaltige Arzneimittel eingenommmen haben. 12.01.2024, www.bfarm.de/SharedDocs/Risikoinformationen/Pharmakovigilanz/DE/RI/2024/RI-valproat.html
[3] Eintrag zu Valproinsäure auf www.embryotox.de/
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