Therapie der Koronaren Herzkrankheit

Rosuvastatin vs. Atorvastatin: Ähnlich gut wirksam und sicher?

05.02.2024, 09:15 Uhr

Beide Wirkstoffe waren ähnlich gut, was den primären Endpunkt (Tod jeglicher Ursache, Myokard­infarkt, Schlaganfall oder koronare Revaskularisation) betrifft. (Foto: Andrii/AdobeStock)

Beide Wirkstoffe waren ähnlich gut, was den primären Endpunkt (Tod jeglicher Ursache, Myokard­infarkt, Schlaganfall oder koronare Revaskularisation) betrifft. (Foto: Andrii/AdobeStock)


Eine Sekundäranalyse der LODESTAR-Studie befasst sich mit der Wirksamkeit und Sicherheit der beiden potenten Statine Rosuvastatin und Atorvastatin bei Patient:innen mit koronarer Herzkrankheit. Trotz ähnlicher therapeutischer Wirksamkeit wurden Unterschiede in der LDL-Senkungskapazität und im Nebenwirkungsprofil sichtbar.

Den Low-Density-Lipoprotein(LDL)-Cholesterol-Spiegel zu senken, ist essenzieller Bestandteil der Behandlung von Pa­tient:innen mit koronarer Herzkrankheit (KHK) – insbesondere, wenn ein hohes bis sehr hohes Risiko für weitere kardiovaskuläre Ereignisse besteht. Hier gelten Statine als Mittel erster Wahl. Es ist bereits bekannt, dass die LDL-Cholesterol-Senkungskapazität je nach Statin-Typ variiert. Jedoch waren die vergleichende Langzeitwirksamkeit und -sicherheit der zwei potenten Wirkstoffe Rosuvastatin und Atorvastatin noch unklar. Diese Lücke sollte eine Sekundäranalyse der südkoreanischen LODESTAR-Studie schließen. 

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Die randomisierte, multizentrische Open-Label-Studie lief über einen Zeitraum von drei Jahren (2016 bis 2019). Betrachtet wurden insgesamt 4400 erwachsene Patient:innen mit KHK (davon 27,9% weiblich, mittleres Alter 65 Jahre), welche entweder Rosuvastatin oder Atorvastatin erhielten. Es wurden außerdem je zwei verschiedene Therapiestrategien verfolgt: entweder eine einheitlich hoch dosierte Behandlung (high intensity) oder eine individuelle Dosistitration bis zum LDL-Cholesterol-Zielwert (treat-to-target). Nach drei Jahren erhielten die Teilnehmer der Rosuvastatin-Gruppe im Schnitt täglich 17,1 mg des Wirkstoffs und die der Atorvastatin-Gruppe 36,0 mg.    

Mehr Diabetes und Katarakt-OPs unter Rosuvastatin

Der primäre Endpunkt der Studie war definiert als eine Kombination aus Tod jeglicher Ursache, Myokardinfarkt, Schlaganfall oder einer koronaren Revaskularisation innerhalb von drei Jahren. Hier ergab sich, wie auch schon in vorherigen Studien festgestellt, eine ähnliche therapeutische Wirksamkeit der untersuchten Wirkstoffe: Bei Rosuvastatin trat der primäre Endpunkt bei 8,7% der Patienten ein, bei Atorvastatin waren es 8,2%. Unterschiede wurden jedoch bei Betrachtung der erzielten LDL-Chole­sterol-Werte und der sekundären Endpunkte deutlich. Es zeigte sich, dass Rosuvastatin mit einer stärkeren Senkung des LDL-Cholesterol-Spiegels verbunden war als Atorvastatin – die mittleren Werte unter der Therapie lagen bei 1,8 mmol/l vs. 1,9 mmol/l (Standardabweichung je 0,5 mmol/l). Außerdem erreichte auch ein proportional größerer Anteil der Rosuvastatin-Gruppe LDL-Cholesterol-Werte unterhalb 1,8 mmol/l, dem Zielwert laut der aktuellen Nationalen Versorgungsleitlinie „Chronische KHK“. Interessant ist jedoch, dass unter Rosuvastatin gleichzeitig auch ein höheres Risiko für einen neu auftretenden, behandlungsbedürftigen Diabetes mellitus festgestellt wurde (7,2% vs. 5,3%). Zudem waren in der Rosuvastatin-Gruppe auch mehr Kataraktoperationen notwendig als bei den mit Atorvastatin behandelten Patienten (2,5% vs. 1,5%).    

Macht die Lipophilie der Arzneistoffe den Unterschied?

Eine mögliche Erklärung für die aus­geprägtere LDL-Cholesterol-Senkung durch Rosuvastatin könnte laut den Autoren die höhere Bindungskapazität an das Target HMG-CoA-Reduktase sein, ebenso wie die längere Plasmahalbwertszeit im Vergleich zu Atorva­statin. Dass die niedrigeren LDL-Cholesterol-Werte jedoch nicht zu einem zusätzlichen therapeutischen Nutzen geführt haben, ließe sich damit erklären, dass Atorvastatin lipophil sei und so Zellmembranen durch passive Diffusion überwinden könne. Rosuva­statin sei dagegen hydrophil und leberselek­tiver, weshalb die Möglichkeiten für pleiotrope Effekte, die über die LDL-Senkung hinausgehen, eingeschränkter seien. Außerdem erhielten in der Atorvastatin-Gruppe mehr Patienten zusätzlich Ezetimib, welches nicht nur LDL-Cholesterol-senkend wirkt, sondern zugleich beispielsweise die Thrombozytenaggregation und -aktivierung hemmt, oxidativen Stress reduziert und die Plaque­regression beschleunigt.

Die Autoren merken an, dass bei Therapie mit Rosuvastatin eine sorgfältige Überwachung und geeignete Lebensstiländerungen in Betracht gezogen werden sollten, um das Risiko eines neu auftretenden Diabetes mellitus oder Katarakts zu verhindern. Um festzustellen, ob hier ein direkter Zusammenhang mit der Statin-­Behandlung besteht, seien weitere Untersuchungen der zugrunde liegenden Mechanismen notwendig.

Literatur
Chronische KHK. Nationale Versorgungsleitlinie der Bundesärztekammer, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (Hrsg.), AWMF-Register-Nr. nvl-004, Stand: September 2022 
Lee Y-J et al. Rosuvastatin versus atorvastatin treatment in adults with coronary artery disease: secondary analysis of the randomised LODESTAR trial. BMJ 2023:383:e075837, doi: 10.1136/bmj-2023-075837


Pauline Winter, Apothekerin


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