Bemerkt das Apothekenteam, dass E-Rezepte aus einer bestimmten Praxis regelmäßig erst mit zeitlicher Verzögerung abrufbar sind, ist also zunächst zu klären, ob dort auch während der Sprechstunde ausgestellte E-Rezepte per Stapelsignatur unterzeichnet werden. Dann kann das Umstellen auf die Komfortsignatur Abhilfe schaffen, sofern sich die Ärztin oder der Arzt darauf einlässt.
Allerdings mehren sich Berichte aus der Apothekerschaft, wonach E-Rezepte erst mit deutlichem zeitlichem Verzug abrufbar sind, obwohl die Praxis die Komfortsignatur einsetzt. Auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hat dieses Problem bereits registriert: KBV-Vorstandsmitglied Sibylle Steiner sagte Ende Januar in einem Videoclip, die KBV stehe dazu im Austausch mit der Gematik. Mögliche Erklärungen spricht Steiner in dem Mitschnitt nicht an.
Eine Frage der Praxissoftware
Eine erste Anfrage der DAZ bei der Gematik zu diesem Thema brachte keine neuen Erkenntnisse: Aktuell seien keine Beeinträchtigungen bekannt, teilte eine Sprecherin mit. Daraufhin hakte die Redaktion beim Geschäftsführer von Red Medical, Jochen Brüggemann, nach. Das Unternehmen ist in Apothekenkreisen vor allem dafür bekannt, dass es eine sogenannte Konnektorenfarm betreibt, über die sich die Apotheken an die Telematikinfrastruktur anbinden lassen können, ohne einen stationären Konnektor im eigenen Haus aufstellen zu müssen. Red Medical bietet aber unter anderem auch Praxissoftware an – Brüggemann ist mit dem Markt und den technischen Anforderungen an Praxisverwaltungssysteme (PVS) also bestens vertraut.
Und tatsächlich hat der Experte eine Erklärung für den beobachteten Zeitversatz. Das signierte E-Rezept in den Fachdienst zu stellen, ist demnach Aufgabe der Praxissoftware. „Wann genau das passiert, ist eine Frage, die man pauschal nicht beantworten kann“, erläutert Brüggemann. „Die Antwort hängt von der Software selbst, deren Einstellungen und der Art und Weise, wie sie bedient wird, ab.“ Vonseiten der Gematik gebe es keine Vorgabe, innerhalb welcher Zeit nach dem Signieren das E-Rezept im Fachdienst bereitstehen muss. Die Konsequenz: „Theoretisch könnte eine Praxissoftware auch bei aktivierter Komfortsignatur alle Rezepte eines Tages (oder einer Woche ...) am Ende eines Tages (oder einer Woche ...) auf den Fachdienst stellen“, fasst der Fachmann zusammen. „Selbst den Tokenausdruck könnte man machen, bevor das E-Rezept auf den Fachdienst gespeichert wird, weil man den Token vorher bekommt.“
Die Gematik bestätigt auf erneute DAZ-Nachfrage, dass das Einstellen der elektronischen Verordnungen in den Fachdienst nicht Teil der Spezifikation ist. „Die gematik definiert die Anforderungen an den Fachdienst zur Bearbeitungsgeschwindigkeit und wie schnell ein Konnektor signieren soll“, teilt eine Sprecherin mit. „Die Schnelligkeit des Einstellens von E-Rezepten in den Fachdienst wird nicht durch die gematik spezifiziert.“
Drohen Verschiebungen im Apothekenmarkt?
Wie schnell ein E-Rezept nach dem Signieren in der Apotheke abrufbar ist, hängt also unter anderem davon ab, welche Software die Praxis nutzt. Das könnte einzelnen Inhaberinnen und Inhabern zum Verhängnis werden: Wer zum Beispiel eine Apotheke in einem Ärztehaus betreibt, erkauft sich diesen Standortvorteil oft etwa durch hohe Mietzahlungen. Kommt in den Praxen nun jedoch ein System zum Einsatz, das die E-Rezepte erst mit zeitlicher Verzögerung in den Fachdienst einspeist, ist der Vorteil dahin und für die betroffene Apotheke geht die Rechnung nicht mehr auf, weil die Patientinnen und Patienten ihre Verordnungen dann bevorzugt in Wohnortnähe einlösen. Es bleibt abzuwarten, ob und wie stark sich dies auf den Apothekenmarkt auswirken wird.
2 Kommentare
Herr Brüggemann hat Recht
von Andreas Müller am 09.02.2024 um 8:40 Uhr
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Einlesen der eGk funktioniert nicht - trotz signierten Rezepten
von Guse am 08.02.2024 um 19:50 Uhr
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