Verträge gekündigt

Zollsoft stellt E-Rezept-Service über Arzt-direkt ein

27.02.2024, 07:00 Uhr

Die Übermittlung und Einlösung von E-Rezepten in der arzt-direkt Patienten-App wird kurzfristig und komplett eingestellt. (Foto: IMAGO / Jochen Tack)

Die Übermittlung und Einlösung von E-Rezepten in der arzt-direkt Patienten-App wird kurzfristig und komplett eingestellt. (Foto: IMAGO / Jochen Tack)


Der Arztsoftwareanbieter Zollsoft stellt die Übermittlung und Einlösung von 
E-Rezepten in der Arzt-direkt-Patienten-App ein und folglich auch die Weiterleitung von E-Rezepten an Apotheken über diese App. Hintergrund soll ein Schreiben des Bundesgesundheitsministeriums mit Verweis auf das neue Digitalgesetz sein. Die Kammer Nordrhein war gegen den Anbieter vorgegangen und hofft nun, dass das neue Digitalgesetz für Ordnung im App-Markt sorgt. 

Alle Welt spricht derzeit über das CardLink-Verfahren. Es soll das ortsunabhängige Abrufen der E-Rezepte mittels Versichertenkarte ermöglichen und wird vor allem von den Versendern erwartet. Insbesondere die Frage, wann es und wie es für die Apotheken vor Ort nutzbar sein wird, treibt viele um. Dabei sind die Angebote der Arztsoftwareanbieter, mit denen Apps Patient*innen teils auch E-Rezepte empfangen können, ein bisschen in den Hintergrund getreten. Sie haben allerdings auch überschaubare Nutzerzahlen. 

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Die Idee dahinter: Verordnungen sollen direkt aus der Praxis in der jeweiligen App auf dem Handy der Patient*innen landen und von dort an eine Apotheke weitergeleitet werden können. Ein entsprechendes Angebot stammte beispielsweise von der Firma Tomedo/Zollsoft mit der App Arzt-direkt und dem Service Med-theke, der die Weiterleitung an die Apotheke gewährleistete.  

Doch damit ist nun Schluss. Die Firma hat die Apothekenkunden vergangenen Donnerstag darüber informiert, dass die Übermittlung und Einlösung von E-Rezepten in der arzt-direkt Patienten-App kurzfristig und komplett eingestellt werde. Es sei Arztpraxen also nicht mehr möglich, 
E-Rezept-Token von tomedo® an die arzt-direkt App zu übermitteln. Auch die Weiterleitung der E-Rezept-Token an Apotheken über den Service med-theke werde komplett eingestellt, heißt es in dem Schreiben. Der bestehende Kooperationsvertrag werde mit sofortiger Wirkung gekündigt.

Kammer Nordrhein wurde aktiv

Hintergrund ist dem Brief zufolge, die rechtliche Prüfung eines Schreibens aus dem Bundesgesundheitsministerium mit Verweis auf das neue Digitalgesetz. Aber auch die Apothekerkammer Nordrhein war gegen den Anbieter vorgegangen. 

Bereits Ende Januar hatte sich das BMG in einem Schreiben an die IT-Anbieter gewandt. Anlass für das BMG, in dieser Form nochmals auf die rechtlichen Rahmenbedingungen hinzuweisen, waren demnach Hinweise, dass es verschiedene Angebote im Markt gibt, die zurzeit noch nicht den geplanten Regelungen entsprechen, wie eben Arzt-direkt. 

In dem Schreiben machte das BMG deutlich, dass die Übertragung von E-Rezepten und Zugangstoken von der Arztpraxis an einen Versicherten außerhalb der Telematikinfrastruktur (TI) nicht vorgesehen ist – und zwar auch schon vor dem neuen Digitalgesetz. Zwar räume das neue Gesetz, die Möglichkeit ein, dass Versicherte Token direkt an Apotheken übermitteln (§ 360 Absatz 16 SGB V-neu). Dafür gelten allerdings strenge Auflagen, zum Beispiel dürfen keine Apotheken oder Gruppen von Apotheken bevorzugt werden (Diskriminierungsfreiheit). Letzteres war Arzt-direkt nicht gegeben, Apotheken mussten zahlen, um gelistet zu werden.

Weitere rechtliche Bedenken

Und auch ganz unabhängig vom neuen Digitalgesetz gab es rechtliche Bedenken bezüglich des Angebots, beispielsweise in Bezug auf das Makelverbot. Demzufolge dürfen nämlich Dritte (wie Softwareanbieter) keine Verschreibungen, Verschreibungen in elektronischer Form oder elektronische Zugangsdaten zu Verschreibungen in elektronischer Form, sammeln, an Apotheken vermitteln oder weiterleiten und dafür für sich oder andere einen Vorteil fordern, sich einen Vorteil versprechen zu lassen, anzunehmen oder zu gewähren. So ist es in §11 Apothekengesetz geregelt. Die Tatsache, dass für Apotheken eine kostenpflichtige Listung notwendig war, um E-Rezepte empfangen zu können, stellt aber genau so einen Vorteil da.

Der Software-Anbieter schließt sein Schreiben mit den Worten: „Es hat uns gefreut, dass Sie Teil der Digitalisierung des Gesundheitswesens waren und wir gemeinsam mit Ihnen gezeigt haben, wie einfach und komfortabel die Einlösung von E-Rezepten für Patienten sein kann. Leider sind uns hierbei absolut die Hände gebunden und wir haben keine andere Wahl.“ Es ist davon auszugehen, dass das nicht das letzte Angebot im Bereich E-Rezept-Übermittlung war, dem die Jurist*innen einen Riegel vorschieben.

Die Kammer Nordrhein, die im Falle von Arzt-direkt auch selbst aktiv wurde, erhofft sich nun, dass ab Inkrafttreten des Digitalgesetzes sich das Bundesamt für Informationssicherheit der vielen diskriminierenden Apps annimmt, die jetzt schon kursieren. 


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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