Andauernde E-Rezept-Störungen

Nordrhein: Bis zehn Uhr nur Papierrezepte

Berlin - 18.03.2024, 12:15 Uhr

Plakatmotiv des Aktionsbündnisses, um Patientinnen und Patienten zu informieren. (Bild: Aktionsbündnis Patientenversorgung)

Plakatmotiv des Aktionsbündnisses, um Patientinnen und Patienten zu informieren. (Bild: Aktionsbündnis Patientenversorgung)


In Nordrhein ist den Heilberufler-Gruppen wegen der andauernden E-Rezept-Störungen in den Morgenstunden die Hutschnur geplatzt. Hausärztinnen und Hausärzte werden dort bis zehn Uhr Papierrezepte ausstellen. Das kündigte das Aktionsbündnis Patientenversorgung, dem auch der Apothekerverband angehört, am Montag an.

In den betroffenen Apotheken und Arztpraxen wird man sich wieder die Haare gerauft haben: Auch an diesem Montagmorgen meldet die Gematik „technische Beeinträchtigungen“. Wie schon in den vergangenen beiden Wochen geht es um den OCSP-Responders des Trust Service Providers Medisign bei der SMC-B/HBA.

In Nordrhein haben Hausärztinnen und Hausärzte bereits ihre Konsequenzen gezogen. Wie das Aktionsbündnis Patientenversorgung am Montag informierte, werden sie ab sofort bis zehn Uhr morgens nur noch Papierrezepte ausstellen. Dies sei eine Reaktion „auf die großen Probleme bei der TI-Infrastruktur“, heißt es von der Gruppe bestehend aus dem Apothekerverband Nordrhein, dem Hausärzteverband Nordrhein, dem Verband medizinischer Fachberufe und dem Freien Verband Deutscher Zahnärzte.

Weitere Eskalationsschritte möglich

Dabei ist das noch nicht das letzte Wort: „Weitere Eskalationsschritte bis zur kompletten Umstellung auf das Papierrezept schließen Ärzte und Apotheker nicht aus, um die Versorgungssicherheit für die Patienten wiederherzustellen, wenn das unstabile und unfertige E-Rezept-Projekt des Bundesministeriums für Gesundheit nicht zeitnah stabil und sicher läuft“, so das Aktionsbündnis. Angekündigt hatte die Gruppe die Umstellung für den „weiterer politischer Tatenlosigkeit“ bereits am Donnerstag vergangener Woche.

Damit zeigen sich die Heilberufler-Gruppen in Nordrhein um einiges ungeduldiger als der Deutsche Apothekerverband (DAV). Der hatte am Freitag Bundesgesundheitsministerium und Gematik eine Frist bis Ostern gegeben. Sollte sich das System bis dahin nicht stabilisieren, werde man sich „auch gegenüber den anderen Leistungserbringer-Gruppen im Gesundheitswesen dafür aussprechen, in ein zeitweises Ersatzverfahren (zum E-Rezept, Anm. DAZ) überzugehen“. Ziel der Maßnahme sei, so der DAV-Vorsitzende Hans-Peter Hubmann in seinem Appell, „langfristig das Vertrauen in digitale Lösungen zu erhalten“.

Das Aktionsbündnis Patientenversorgung hingegen begnügt sich nicht mehr mit Appellen an den schweigenden Bundesgesundheitsminister. Die Gruppe wendete sich am Donnerstag geradewegs an Regierungschef Olaf Scholz (SPD): „Herr Bundeskanzler, nutzen Sie Ihre Richtlinien-Kompetenz und stoppen Sie das Experiment E-Rezept bis dieses unfertige IT-Produkt fehler- und unterbrechungsfrei funktioniert“, heißt es von ihnen in einer Pressemitteilung. „Das sind Sie den Bürgerinnen und Bürgern schuldig.“

Das von der Gematik „übergestülpte E-Rezept-Projekt“ sei „von Unzulänglichkeiten und regelmäßig auftretenden Systemausfällen oft über mehrere Stunden geprägt“, heißt es vom Bündnis. Man komme immer mehr zur Auffassung, „dass das E-Rezept der Gematik noch längst keine Marktreife erreicht hat“. Jeder IT-Anwender würde solch ein Produkt von seinem Computer wieder löschen und vom Anbieter sein Geld zurückverlangen, schrieb das Bündnis vergangene Woche Donnerstag.


Matthias Köhler, DAZ-Redakteur
redaktion@daz.online


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