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Am 24.März 1882 gab Robert Koch in Berlin die Entdeckung des Tuberkulosebakteriums bekannt. Am 100. Jahrestag dieser Veröffentlichung schlug die Internationale Union gegen Tuberkulose und Lungenkrankheiten (IUATLD) den 24. März als Welttuberkulosetag vor. Er fiel auf den gestrigen Sonntag. Weltweit ist die Krankheit auch heute noch von Bedeutung.
In Deutschland und Europa spielt Tuberkulose nur eine sehr untergeordnete Rolle. So meldete das Robert-Koch-Institut für das Jahr 2022 nur knapp über 4000 Fälle. Weltweit hingegen erkranken jedes Jahr rund 10 Millionen Menschen neu an Tuberkulose, etwa 1,6 Millionen Menschen sterben an der Krankheit. Zusätzlich ist mit einer hohen Dunkelziffer zu rechnen, da viele Menschen es sich nicht leisten können zum Arzt zu gehen beziehungsweise keinen Zugang zu medizinischer Versorgung haben oder aus Angst vor Stigmatisierung keinen Arzt aufsuchen. Am häufigsten sind die Länder Indien, Indonesien, China, Philippinen, Bangladesch, Nigeria, Pakistan und Südafrika betroffen. Hier leben circa zwei Drittel der weltweiten Tuberkulosefälle [1, 2, 3].
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Welttuberkulose-Tag 2023
Tuberkulose-Inzidenz steigt wieder
Ansteckungsrisiko von mehreren Faktoren abhängig
Erreger der Tuberkulose sind aerobe stäbchenförmige Mycobakterien, beim Menschen meist M. tuberculosis. Die Infektion erfolgt fast immer durch das Einatmen von erregerhaltigen Aerosolen, die von an einer offenen Lungentuberkulose Erkrankten beim Husten freigesetzt werden. Eine Ansteckungsgefahr besteht bis ca. zwei bis drei Wochen nach Beginn einer wirksamen Therapie. Prinzipiell erfolgt die Ansteckung bei Tuberkulose nicht so leicht wie zum Beispiel bei Windpocken. Ausschlaggebende Faktoren für eine Übertragung sind vor allem Häufigkeit, Enge und Dauer des Kontakts, Menge der eingeatmeten Erreger sowie die Empfänglichkeit der exponierten Person. Betrifft die Tuberkulose andere Organe als die Atemwege, zum Beispiel Knochen, Gelenke oder Lymphknoten, ist sie im Allgemeinen nicht ansteckend.
Tuberkulose verläuft oft asymptomatisch
Manifestiert sich die Erkrankung, tritt in circa 70 % der Fälle eine Lungentuberkulose auf. Viele Patienten sind jedoch asymptomatisch. So erkranken nach einer Ansteckung nur circa 5 bis 10 % der Jugendlichen und Erwachsenen, bei Kleinkindern und Menschen mit ausgeprägter Immunschwäche sind es etwa 20 bis 40 %. Die Erreger können jedoch im Körper persistieren und bei einer Abnahme der Immunabwehr reaktiv werden, sodass die Erkrankung erst nach Jahren bis Jahrzehnten ausbricht. Kommt es zu Beschwerden, sind diese zunächst unspezifisch wie Müdigkeit, Fieber, nächtliches Schwitzen und Appetitlosigkeit mit ungewolltem Gewichtsverlust. Leitsymptom ist ein länger bestehender Husten mit oder ohne Auswurf. Erkrankte Kinder zeigen oft keine typischen Beschwerden und fallen eventuell nur durch eine Entwicklungsverzögerung auf. Über das Lymphsystem oder die Blutbahn können die Bakterien sich im Körper ausbreiten und auch andere Organe, z. B. Lymphknoten, Nieren oder Harnwege befallen. In sehr seltenen Fällen kommt es zur Hirnhautentzündung. Wird die Tuberkulose rechtzeitig erkannt und adäquat behandelt, heilt sie in aller Regel ohne Folgen aus [4, 5].
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Neuer Mechanismus für Therapieversagen entschlüsselt
Resiliente Tuberkulose-Bakterien
Resistenzsituation beachten
Die Therapie muss unter Berücksichtigung der Resistenzsituation erfolgen. In Deutschland wird eine Vierfach-Therapie über acht Wochen mit Isoniazid (INH), Rifampicin (RMP), Pyrazinamid (PZA) und Ethambutol (EMB) empfohlen. Anschließend folgt eine vier Monate lange Behandlung mit INH und RMP [6].
Eine besondere Form der Tuberkulose ist die Multidrug-resistant-tuberculosis (MDR-TB). Da diese durch Mykobakterien verursacht wird, die sowohl gegen Isoniazid als auch Rifampicin resistent sind, muss die Behandlung mit Second-Line-Medikamenten erfolgen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt die Gesamtzahl an MDR-TB-Fällen auf rund 490.000, wobei die Mehrheit in Ländern mit ineffizienten Tuberkulose-Programmen auftritt, wie China, Indien, sowie osteuropäischen und zentralasiatischen Ländern. In West- und Mitteleuropa, Nordamerika sowie der westlichen Mittelmeerregion hingegen ist die Erkrankung selten. Die Behandlung einer MDR-TB erfolgt mit Bedaquilin, Pretomanid, Linezolid und Moxifloxacin (BPaLM) über mindestens sechs Monate. Eine von der WHO empfohlene, fest zusammengesetzten Therapie über neun Monate ist für Tuberkulosefälle im deutschsprachigen Raum nur in Einzelfällen relevant. Ist die 6-Monats-Therapie aufgrund von Kontraindikationen oder Resistenzen nicht möglich, wird eine individualisierte Therapie über 18 Monate mit Bedaquilin, Levofloxacin oder Moxifloxacin und Linezolid sowie je nach Resistenzlage mindestens einem weiteren Wirkstoff durchgeführt. Problematisch sind teilweise die hohen Kosten einer MDR-TB Behandlung, die das 10- bis 100-fache einer klassischen TB-Behandlung betragen [7, 8, 9].
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Positive Studienergebnisse zum Impfstoffkandidaten VPM1002
Neuer Tuberkulose-Impfstoff in Sicht
Impfung wird in vielen Ländern verwendet
Eine Impfung wird in Deutschland von der Ständigen Impfkommission (STIKO) seit 1998 generell nicht mehr empfohlen. Weltweit wird sie jedoch in vielen Ländern verwendet, in denen hohe Tuberkulosezahlen vorliegen (Abb 1.). Den Bazille-Calmette-Guérin-Impfstoff (BCG) gibt es seit Ende der 1920er Jahre. Er besteht aus dem nach seinen Entwicklern Albert Calmette und Camille Guérin benannten Bacillus Calmette-Guérin (BCG), einem abgeschwächten Impfstamm. In Ländern, in denen die Impfung Teil des nationalen Impfprogramms für Kinder ist, werden über
80% aller Neugeborenen und Säuglinge mit ihm geimpft. Der BCG-Impfstoff hat eine dokumentierte Schutzwirkung gegen Meningitis und disseminierte Tuberkulose bei Kindern. Allerdings kann er weder die Primärinfektion noch die Reaktivierung einer latenten Lungeninfektion verhindern. Der Einfluss der BCG-Impfung auf die Übertragung von M. tuberculosis ist somit begrenzt [11].
An der Entwicklung eines neuen und besser wirksamen Impfstoffes wird daher intensiv geforscht. Im Projekt „Improving understanding of lung immunity in tuberculosis to establish a diverse innovative tuberculosis vaccine pipeline targeting mucosal immunity“ forschen insgesamt
19 Gruppen aus neun Ländern der EU, Großbritannien und der Schweiz an der Entwicklung neuer Impfstoffe. Die Gruppen haben unterschiedliche Forschungsschwerpunkte von proteinbasierten Impfstoffen bis zu mRNA-Impfstoffen [12].
WHO will die Zahl der Tuberkulose-Todesfälle reduzieren
Die meisten Impfstoffe befinden sich jedoch noch in Phase I oder II der klinischen Prüfungen. Ein Problem bei der Entwicklung eines Tuberkuloseimpfstoffs ist, dass im Gegensatz zu zahlreichen viralen Erkrankungen bei Tuberkulose keine neutralisierenden Antikörper gegen protektive Antigene bekannt sind. Die Wirkung beruht vielmehr auf einem komplexen Wechselspiel zwischen unterschiedlichen T-Lymphozyten-Populationen. Einige wenige Impfstoffkandidaten befinden sich in Phase III. Am weitesten fortgeschritten ist die Entwicklung von VPM1002. Der Impfstoff wurde am Max-Planck-Institut entwickelt und ist eine genetische Modifikation des zugelassenen BCG-Impfstoffs. Derzeit wird er in gleich drei Phase III Studien auf verschiedenen Kontinenten getestet. Sind die Daten überzeugend, könnte es in näherer Zukunft zur Ersteinführung kommen [13].
Im Jahr 2014 hat die WHO in ihrer end TB Strategie angestrebt, bis 2035 die Zahl der Tuberkulose-Todesfälle um 95 % im Vergleich zu 2015 zu senken und die Tuberkulose-Inzidenzrate um 90 % im Vergleich zu 2015 zu reduzieren [14]. Ob diese Ziele erreicht werden, wird nicht zuletzt auch davon abhängen, ob es endlich gelingt, einen wirksamen Impfstoff zu entwickeln.
Literatur:
[1] Wikipedia, Welttuberkulosetag, https://de.wikipedia.org/wiki/Welttuberkulosetag, abgerufen am 21.03.24
[2] Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe e.V., Welt-Tuberkulose-Tag 2024: DAHW fordert weltweite Solidarität mit Betroffenen, https://www.dahw.de/unsere-arbeit/medizinische-soziale-arbeit/tuberkulose/welt-tuberkulose-tag.html
[3] Deutsches Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose, Aktuelle Tuberkulosesituation weltweit, https://www.dzk-tuberkulose.de/aerzte/aktuelle-situation-weltweit/, abgerufen am 21.03.2024
[4] Robert-Koch-Institut, RKI-Ratgeber Tuberkulose, https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Tuberkulose.html, Stand 14.03.24
[5] Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Tuberkulose, Stand 09.03.22, https://www.infektionsschutz.de/erregersteckbriefe/tuberkulose/
[6] Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. (DGP), S2k-Leitlinie Tuberkulose im Erwachsenenalter, AWMF- Registernummer 020 – 019, Stand 01.06.2022
[7] European Lung Foundation, MDR-Tuberkulose (Multidrug-resistant tuberculosis), Stand 14.02.2024 https://europeanlung.org/de/information-hub/lung-conditions/mdr-tuberkulose-multidrug-resistant-tuberculosis/
[8] Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. (DGP), Amendment zur Sk2-Leitlinie Tuberkulose bei Erwachsenen, AWMF- Registernummer 020 – 019, Stand 19.09.2023
[9] World Health Organization, WHO consolidated guidelines on tuberculosis. Module 4: treatment - drug-resistant tuberculosis treatment, 15. Dezember 2022
[10] The BCG World Atlas 3rd Edition, http://www.bcgatlas.org/, abgerufen am 21.03.2024
[11] World Health Organization , BCG Vaccine, https://www.who.int/teams/health-product-policy-and-standards/standards-and-specifications/vaccines-quality/bcg, abgerufen am 21.03.24
[12] Universitätsklinikum Ulm, Kampf gegen Tuberkulose: Entwicklung von Impfstoffen mit besserer Wirksamkeit, 03.02.2023, https://www.uniklinik-ulm.de/aktuelles/detailansicht/kampf-gegen-tuberkulose-entwicklung-von-impfstoffen-mit-besserer-wirksamkeit.html
[13] Kaufmann S., Impfstoffentwicklung gegen Tuberkulose, HIV online Ausgabe 4/2022, https://www.hivandmore.de/archiv/2022-4/impfstoffentwicklung-gegen-tuberkulose.shtml
[14] World Health Organization, The end TB strategy, 16.August 2015, https://www.who.int/publications/i/item/WHO-HTM-TB-2015.19
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