Was bei gereizten Augen empfohlen werden kann

Einen Augenblick bitte

Stuttgart - 08.04.2024, 09:14 Uhr

Blau, grün, grau oder braun - diese Farben darf das Auge haben. Rot sollte es dagegen nicht sein. Foto: LIGHTFIELD STUDIOS/AdobeStock

Blau, grün, grau oder braun - diese Farben darf das Auge haben. Rot sollte es dagegen nicht sein. Foto: LIGHTFIELD STUDIOS/AdobeStock


Augensymptome können einen hohen Leidensdruck verursachen. Aktuell sind mehr Kunden als noch zum Jahresanfang von allergisch bedingten Beschwerden betroffen. Doch auch trockene Büroluft, ausgedehnte Bildschirmarbeit und die Einnahme bestimmter Medikamente können zu Augenreizungen führen.

Die Pollenflugsaison hat längst begonnen. In diesem Jahr fand die Hauptblüte von Erle und Hasel, die die Pollensaison gewöhnlich einläuten, erst im Laufe des Februars statt. Die Pollen-intensivsten Monate April bis Juni stehen noch bevor. Während in dieser Zeit der Fokus hauptsächlich auf den „üblichen Verdächtigen“ wie Birken- und Gräserpollen liegt, ist die Bedeutung von flugfähigen Sporen einiger Schimmelpilz-Gattungen wie Alternaria, Cladosporium, Epicoccum und Pleospora weniger bekannt. Das mag daran liegen, dass sie nur bei einem relativ geringen Teil der Bevölkerung Allergiesymptome hervorrufen. Dennoch bietet die Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst (PID) zusätzlich zur wöchentlichen Pollenvorhersage auch eine Sporenflugvorhersage an. Sie kann vor allem im Sommer, wenn die Belastung mit Schimmelpilzsporen am höchsten ist, Betroffene unterstützen.

Antiallergische Wirkstoffe

Zu den besonders belastenden Reaktionen auf allergene Pollen oder Sporen zählen Augenbeschwerden. Bei Symptomen wie beidseitigen Rötungen, Lidschwellungen, Augentränen und Juckreiz, gegebenenfalls in Verbindungen mit nasalen Symptomen, liegt der Verdacht auf eine Allergie nahe. Die meisten antiallergischen Ophthalmika unterliegen nicht der Rezeptpflicht. Empfehlenswerte Wirkstoffe sind der Mastzell­stabilisator Cromoglicinsäure und die H1-Antihistaminika Azelastin, Levocabastin und Ketotifen (siehe Tab. 1). Für Kunden, die zusätzlich von nasalen Beschwerden, wie laufende Nase und Nasenjucken, betroffen sind, stehen Kombinationspräparate aus Augentropfen und Nasenspray zur Verfügung.

WirkstoffPräparatebeispielezugelassen ab
AzelastinAllergodil® akut, Allergo-Azelind®, Azedil®, Azela-Vision® sine, Azelastin® Micro Labs, Pollival®, Vividrin® Azelastin4 Jahre
CromoglizinsäureCromo® Micro Labs, Crom-ophthal®, Cromo-ratiopharm®, Cromo-Stulln® UD, Pollicrom®, Vividrin® antiallergische Augentropfenohne Altersbeschränkung
KetotifenKetazed®, Zatiden® ophtha3 Jahre
LevocabastinLevocamed®, Livocab® direkt1 Jahr

Tab. 1: Antihistaminika-haltige Augentropfen (eine Auswahl)

Bindehautreizung gut behandelbar

Als Ursachen für nichtallergische Konjunktivitiden kommen vor allem Wind oder Zugluft, UV-Strahlung, Übermüdung, wasserdesinfizierende Zusätze in Schwimmbädern oder Partikel wie Staub oder Insekten infrage. Empfehlenswert sind Augenspüllösungen und konservierungsmittelfreie Tränenersatzmittel mit pflanzlichen bzw. homöopathischen Zubereitungen aus Extrakten von Augentrost (z. B. Herba-Vision® Augenbad plus, Wala® Euphrasia Augentropfen, Weleda Visiodoron Euphrasia® Augentropfen), Malve (z. B. Weleda Visiodoron Malva® Augentropfen) oder Echinacea (z. B. Wala® Echinacea Augentropfen). Alpha-Sympathomimetika wie Tetryzolinhydrochlorid (z. B. Berberil® N, Ophthalmin® N, Visine® Yxin) können über maximal fünf Tage zum Einsatz kommen.

Unterschätzte Volkskrankheit

Das Trockene Auge (Keratokonjunktivitis sicca, Sicca-Syndrom) ist mittlerweile so verbreitet, dass es zu den Volkskrankheiten gerechnet wird. Anders als bei Volkskrankheiten wie beispielsweise Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus oder Krebs wird das Trockene Auge jedoch oft unterschätzt. Gründe dafür sind beispielsweise, dass die meisten Arzneimittel rezeptfrei und Klinikaufenthalte nur in Ausnahmefällen nötig sind. Die indirekten Kosten, beispielsweise durch eine geringere Produktivität bei der Arbeit, können jedoch beachtlich sein, ebenso wie die Auswirkungen auf die Lebensqualität.

Abb.: Querschnitt des Auges Die Bindehaut ist eine dünne, transparente Schleimhaut, die den Augapfel bis zum Rand der kreis­förmigen Hornhaut bedeckt. Sie verbindet Augapfel und Augenlider und sorgt dafür, dass der Augapfel in alle Richtungen beweglich ist. Die weiße Lederhaut gibt als fibröse Hülle dem Augapfel Form und Festigkeit.

Risikofaktoren identifizieren

Bei der Identifizierung von Risikofaktoren für das Trockene Auge kann die Apotheke behilflich sein. Denn neben dem Alter, dem weiblichen Geschlecht, verschiedenen Erkrankungen (z. B. Diabetes mellitus, Rosazea, Meibomdrüsen-Dysfunktion, Sjögren-Syndrom), Umweltfaktoren, Rauchen und Alkoholkonsum zählen auch Arzneistoffe zu den Risikofaktoren. Patienten, die über ein Trockenheitsgefühl in den Augen berichten, sollten nach ihrer aktuellen (Dauer-)Medikation befragt werden. Sehr häufig wurde beispielsweise Augentrockenheit nach Anwendung von Isotretinoin beobachtet. Gelegentlich, also mit einer Häufigkeit zwischen ≥ 1/1000 und < 1/100, trat ein Trockenheitsgefühl der Augen nach Anwendung von Timolol-haltigen Antiglaucomatosa auf. Ein verminderter Tränenfluss, der zu einem Trockenheitsgefühl in den Augen führen kann, wurde unter der Einnahme von Bisoprolol berichtet (selten, ≥ 1/10.000 bis < 1/1000). Im Zweifelsfall lohnt ein Blick in die Fachinformationen der verordneten (Dauer-)Medikamente. Auch lange Bildschirmarbeit und die ausgiebige Nutzung von Smartphones oder Computerspielen in der Freizeit begünstigen die Entstehung von Trockenen Augen, da bei diesen Tätigkeiten die Lidschlagfrequenz sinkt. Um der Entstehung eines Office-Eye-Syndroms entgegenzuwirken, wird etwa empfohlen, bei der Bildschirmarbeit bewusst zu blinzeln, regelmäßige Pausen einzulegen und dabei möglichst in die Ferne zu schauen.

Produkt (Hersteller)Inhaltsstoff(e)konservierungsmittelfrei
bei wässrigem Defizit

Artelac® Splash

EDO und MDO

Hyaluronsäureja

Bepanthen® Augentropfen

EDO und MDO

Hyaluronsäure, Dexpanthenolja

Berberil® Dry Eye

EDO und MDO

Hypromellose

EDO ja

MDO nein

Dr. Theiss Hydro med Green EDOHyaluronsäure, Ectoinja

Herba-Vision® Augentrost

EDO und MDO

Hyaluronsäure, Augentrosttinkturja
Hylo Dual® MDOHyaluronsäure, Ectoinja
Hylo Fresh® MDOHyaluronsäureja

Hylo-Vision® HD Plus

MDO

Hyaluronsäure, Allantoinnein

Ocutears® Hydro+

EDO und MDO

Hyaluronsäureja

Opticalm®

EDO und MDO

Hyaluronsäure, Hypromelloseja

Optive Fusion®

EDO und MDO

Hyaluronsäure, Carboxymethylcellulose, Glycerol, Erythritol

EDO ja

MDO nein

Tears Again® Gel MDOHyaluronsäureja

Thealoz® Duo

EDO und MDO

Hyaluronsäure, Trehaloseja
VisuXL® MDOHyaluronsäure, Coenzym Q10, Vitamin Eja
bei Lipid-Defizit

EvoTears® Omega

MDO

Perfluorohexyloctan, Omega-3-Fettsäurenja
Hylo-Vision® SafeDrop Lipocur MDOHyaluronsäure, Lipide, Taurinja

Optive Plus®

EDO und MDO

Carboxymethylcellulose, Rizinusöl, Polysorbat, Glycero, Erythritol, L-Carnitin

EDO ja

MDO nein

Tears Again® Liposomales AugensprayLecithin (Liposomen), Vitamin Aja
EDO: Einzeldosis-System, MDO: Mehrdosis-System

Tab. 2: Tränenersatzmittel (eine Auswahl)

Formen des Trockenen Auges

Definiert ist das Trockene Auge als eine multifaktorielle Erkrankung der Augenoberfläche, bei der die Homöostase des Tränenfilms gestört ist. Man unterscheidet zwei Formen:

  • hypovolämische/hyposekretorische Form, bei der die Tränenproduktion verringert ist
  • hyperevaporative Form mit normaler Tränensekretion, der häufig eine Meibomdrüsen-Dysfunktion zugrunde liegt

Beide Formen können auch gleichzeitig vorliegen, was die Diagnostik und Therapie besonders herausfordernd macht. Zusätzlich zu den beiden Formen unterscheiden Ophthalmologen verschiedene Schweregrade. Für die Behandlung gilt der Grundsatz, dass bei geringem Schweregrad niedrigviskose, wässrige Augentropfen ausreichen. Bei schweren Formen des Trockenen Auges kommen bevorzugt hochviskose Gele zum Einsatz. Die Zahl der rezeptfreien Zubereitungen zur Behandlung der Symptome des Trockenen Auges sind nahezu unüberschaubar. Befeuchtende Tränenersatzmittel enthalten meistens Hyaluronsäure, Polyvinylalkohol, Polyvinylpyrrolidon (Povidon), Cellulosederivate (Hypromellose, Carmellose) oder Polyacrylsäure (Carbomer). Tränenersatzmittel mit Zusätzen wie Rizinus- oder Paraffinöl, Omega-3-Fettsäuren oder Phospholipiden können die Lipidschicht des Tränenfilms ergänzen. Diese ist beispielsweise bei einer Meibomdrüsen-Dysfunktion ungenügend ausgebildet, sodass die Tränenflüssigkeit übermäßig verdunstet. Dies führt zur hyperevaporativen Form des Trockenen Auges.

Eine intensive Befeuchtung kann auch durch Augensalben erreicht werden. Sie müssen wegen der Beeinträchtigung des Sehvermögens vor dem Schlafengehen aufgetragen werden. Beim Trockenen Auge können auch leicht Hornhaut­läsionen entstehen, da der Tränenfilm nur einen unvollkommenen Schutz davor bietet. Heilungsfördernde Inhaltsstoffe wie Dexpanthenol sind hier empfehlenswert (siehe Tab. 2).

Möglichst ohne Konservierungsmittel

Sollen Tränenersatzmittel über einen längeren Zeitraum angewendet werden, sind möglichst konservierungsmittelfreie Präparate zu bevorzugen. Dank der Entwicklung von Mehrdosen-Verpackungssystemen wie dem Abak®-System, dem 3K®-System und dem Comod®-System kommen heute viele Präparate ohne Konservierungsmittel aus. Das Abak®-System (z. B. in Thealoz® Duo) und das 3K®-System (z. B. VisuXL®) sind so konstruiert, dass die einströmende Luft oder Restflüssigkeit einen feinporigen Filter passieren muss und auf diese Weise die antimikrobielle Kontamination des Arzneimittel­reservoirs verhindert wird. Beim Comod®-System (z. B. Hylo® Augentropfen von Ursapharm) wird die Augentropfenlösung aus einem Polyethylenbeutel abgepumpt. Mit zunehmender Entleerung faltet sich dieser seitlich zusammen, sodass kein Druckausgleich notwendig ist und somit auch keine kontaminierte Außenluft einströmen kann.

Anwendungshinweise nicht vergessen

Nachdem ein geeignetes Produkt gefunden wurde, sollten den Kunden im Beratungsgespräch einige Anwendungshinweise mit auf den Weg gegeben werden. Denn bei der Anwendung von Augenarzneien gibt es viele potenzielle Fehlerquellen.

  • Vor der Anwendung von Augenarzneien die Hände waschen.
  • Die Behältnisse dürfen das Auge nicht berühren.
  • Das Anbruchsdatum sollte auf dem Behältnis vermerkt werden, um die Anwendungsdauer nicht zu überschreiten.
  • Viele Tränenersatzmittel sind auch zur Benetzung von Kontaktlinsen geeignet.
  • Werden zusätzlich andere Augentropfen angewendet, ist ein Abstand von mindestens einer halben Stunde einzuhalten.

Wann zum Arzt?

Die Leitlinie „Trockenes Auge“ des Berufsverbandes der Augenärzte Deutschlands (BVA) und der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) empfiehlt rezeptfreie Tränenersatzmittel als erste Wahl bei leicht ausgeprägten Formen. Sind häufige Applikationen notwendig oder liegt eine allergische Beteiligung vor, sollten konservierungsmittelfreie Produkte bevorzugt werden. Schwere Formen des Trockenen Auges sind kein Fall für die Selbstmedikation. Dann werden beispielsweise Immunmodulatoren wie Stero­ide oder Ciclosporin, Serum-Augentropfen oder Tretinoin-Augentropfen verordnet. Nichtmedikamentöse Optionen sind z. B. Punctum Plugs (Tränenwegsstöpsel/-verschlüsse aus Silikon), die Verödung von Tränenpünktchen oder die Öffnung verschlossener Meibomdrüsen.

Typische Sicca-Symptome wie Augentränen, Rötung, Brennen und Fremdkörpergefühl treten auch bei Keratitiden auf. Zusätzlich kann die Hornhaut getrübt sein, und Betroffene klagen über starke Schmerzen. Keratitiden gehören immer in augenärztliche Behandlung, da sie unbehandelt zu einem Verlust an Sehkraft führen können. Häufig sind Bakterien, Viren oder Pilze die Verursacher. Besonders gefürchtet sind Amöben­keratitiden. Sie werden durch Arten der Gattungen Acantha­moeba hervorgerufen, die sich bevorzugt in warmen Süßgewässern aufhalten und beim Baden durch Untertauchen mit geöffneten Augen auf die Hornhaut gelangen können.

Literatur

Aktuelles zum Start der Pollensaison 2024. Pressemeldung der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst (PID), der Stiftung ECARF und der ECARF Institute GmbH, Berlin, 20. Februar 2024, https://www.pollenstiftung.de/fileadmin/user_upload/Pressemeldung_ECARF_PID_PK_20._Februar_2024_de.pdf, Abruf am 11.3.2024

Bruhn C Gereizt. Von Augenjucken bis Verschwommensehen – wann Selbstmedikation, wann nicht? Deutsche Apotheker Zeitung, 32(2017)

Kircher W, Tost F, Walz L. Augenarzneimittel: Therapie, Anwendung, Beratung. Deutscher Apotheker Verlag 2012, 1. Aufl., ISBN 978-3-7692-5320-7

Messmer EM Diagnose und Therapie des Trockenen Auges. UNI-Med Verlag Bremen, 3. Aufl. 2023

Trockenes Auge. Leitlinie Nr. 11 des Berufsverbandes der Augenärzte Deutschlands e. V. (BVA) und der DOG Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft e. V. (DOG), Stand 8. März 2019


Dr. Claudia Bruhn, Apothekerin / Autorin DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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