Bericht zu Fehlverhalten im Gesundheitswesen

AOK Rheinland/Hamburg: Schaden von 4,87 Millionen durch Betrug und Korruption

Berlin - 26.04.2024, 16:00 Uhr

Den Krankenkassen und damit der Solidargemeinschaft entstehen Jahr für Jahr beachtliche Schäden durch Betrug. (Foto: IMAGO / Funke Foto Services)

Den Krankenkassen und damit der Solidargemeinschaft entstehen Jahr für Jahr beachtliche Schäden durch Betrug. (Foto: IMAGO / Funke Foto Services)


Betrug und Korruption im Gesundheitswesen führen zu erheblichen Schäden für die Krankenkassen. Ein Bericht der für Fehlverhalten zuständigen Stelle der AOK Rheinland/Hamburg beziffert den Schaden für den Zeitraum 2022 und 2023 auf 4,87 Millionen Euro. Betrug bei Arzneimittel-Rezepten ist dabei besonders häufig. In 70 Fällen waren Apotheken tatverdächtig.

Durch betrügerisches Verhalten und Korruption ist der AOK Rheinland/Hamburg in den Jahren 2022 und 2023 ein Schaden in Höhe von 4,87 Millionen Euro entstanden. Das geht aus dem Tätigkeitsbericht der Stelle zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen der AOK Rheinland/Hamburg hervor. Darüber informierte die Krankenkasse am Donnerstag in einer Pressemitteilung. Insgesamt wurden 1.485 Fälle von Fehlverhalten registriert – 669 der Fälle sind neu im Berichtzeitraum, bei den restlichen 816 handelt es sich um Bestandsfälle.

„Der Fehlverhaltensbericht zeigt, dass die Zahl der Betrugsfälle im Gesundheitswesen in den vergangenen beiden Jahren nicht nur erneut gestiegen ist, sondern dass die Straftaten immer komplexer werden. Wir müssen uns darauf einstellen und effektive Wege finden, um dieser Form der Wirtschaftskriminalität Einhalt zu gebieten“, so Günter Wältermann, Vorstandsvorsitzender der AOK Rheinland/Hamburg.

Betrug bei Arzneimitteln besonders häufig

Die Leistungsbereiche Arznei- und Verbandsmittel sind nach Aussage der AOK Rheinland/Hamburg besonders stark betroffen. Hier sei ein Gesamtschaden von 3,46 Millionen Euro entstanden. In der häuslichen Krankenpflege betrug der Schaden demnach 1,01 Millionen Euro. 

Auf Nachfrage der DAZ teilte die Kasse mit, dass Fehlverhalten besonders häufig auftrete bei Arzneimitteln mit Suchtpotenzial, bei Doping-Arzneimitteln, aber auch bei Diabetes-Mitteln, die verstärkt als Abnehmpräparate eingesetzt werden. Bei bestimmten hochpreisigen Arzneimitteln, etwa zur Behandlung von Hepatitis, seien ebenfalls Betrugsfälle aufgedeckt worden. Häufig würden Rezepte gefälscht und eingelöst, in anderen Fällen würden Arzneimittel durch „Ärztehopping“ mehrfach verschrieben und abgegeben. In 70 Fällen seien Apotheken tatverdächtig. Beispielsweise habe eine Apotheke in Kooperation mit einer Arztpraxis Rezepte bei der Kasse abgerechnet, die nicht beliefert wurden.

Lockerung des Datenschutzes 

Die AOK Rheinland/Hamburg geht davon aus, dass die tatsächlichen Fallzahlen weitaus höher liegen. Deshalb fordert ihre zuständige Fehlverhaltensbeauftragte Simone Lötzer die Durchführung von Dunkelfeldstudien, bei der das Gesamtausmaß der Verstöße aufgedeckt werden kann. Darüber hinaus fordert sie Anpassungen beim Datenschutz, die in Verdachtsfällen den Datenaustausch zwischen Kranken- und Pflegekassen, Rentenversicherungsträgern, Jobcentern und Arbeitsagenturen ermöglichen soll. 

Auf Nachfrage der DAZ, zeigte sich die Kasse erfreut, dass mit dem Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GSVG) die Fehlverhaltensbekämpfung
weiterentwickelt und gestärkt werden soll, indem Daten einfacher ausgetauscht werden können. Insbesondere begrüßt sie, den geplanten neuen Passus in § 197a Abs. 3b SGB V, der eine Übermittlung personenbezogener Daten an die Gesundheitsämter, Heimaufsichten und nach Landesrecht zuständigen Gesundheitsbehörden ermöglichen soll. Allerdings wünscht sich die AOK noch mehr: Nämlich eine Erweiterung des Sozialdatenschutzes, der in konkreten Fällen den bedarfs- und verdachtsfallbezogenen Datenaustausch mit anderen Trägern der gesetzlichen Sozialversicherung – insbesondere der DRV, Berufsgenossenschaft, Arbeitsagentur und den Jobcentern – ermöglicht.  

Die Verwaltungsratsvorsitzenden Kasse, Wolfgang Ropertz und Günter Roggenkamp betonen, dass durch die betrügerischen Praktiken enorme Schäden für die Solidargemeinschaft entstehen – das sei nicht hinnehmbar.

Die AOK Rheinland/Hamburg hat zur Aufdeckung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen seit 2021 eine Kontaktstelle eingerichtet, bei der anonym Hinweise eingereicht werden können, sie ist über die Webseite der Kasse erreichbar.


Michael Zantke, Redakteur, DAZ
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Augen auf!

von Stefan Haydn am 26.04.2024 um 19:13 Uhr

Nur so angemerkt: Durch die Zahlung von Geldern an Versandapotheken die gegen das Rabattverbot und somit den Arzneiliefervertrag verstoßen wird auch jede Menge Geld verschleudert, bzw. veruntreut.

Das soll keinen Betrüger in Schutz nehmen, aber "ein jeder kehr vor seiner Tür"

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