Impfungen und Reiseapotheke für exotische Urlaubsziele

Dieses Jahr geht es mal nicht an die Nordsee

08.05.2024, 07:00 Uhr

Eine Reise nach Brasilien? Klingt super, sollte aber auch gut vorbereitet werden. (Foto: Jose / AdobeStock)

Eine Reise nach Brasilien? Klingt super, sollte aber auch gut vorbereitet werden. (Foto: Jose / AdobeStock)


Mückenschutz, Blasenpflaster, Sonnencreme – damit macht man auf Reisen nichts verkehrt. Wer allerdings vorhat, seinen Urlaub in Nordpakistan oder Brasilien zu verbringen, sollte sich etwas gründlicher vorbereiten – und kommt mit Fragen zu einer passenden Reiseapotheke vielleicht auch in Ihre Apotheke. Warum gerade Nordpakistan und Brasilien? Die Redaktion des US-Reisemagazins „Travel + Leisure“ veröffentlicht jedes Jahr 50 Reiseziele, die ihrer Ansicht nach die kommende Urlaubssaison dominieren werden. Und Nordpakistan und Brasilien haben es unter die Trend-Ziele für 2024 geschafft.

Trekking, Wandern oder Skifahren funktioniert nicht nur in den Alpen, sondern auch in Südasien. Und genau das macht Nordpakistan für „Travel + Leisure“ so reizvoll. Denn der Norden des Landes ist mit seinen Hochgebirgslandschaften dem Reisemagazin zufolge ideal für abenteuerlustige Backpacker. Was muss nun in die Reiseapotheke und welche Impfungen sollte man bei Reisen nach Pakistan haben?

Impfen rechtzeitig planen

Das Auswärtige Amt rät bei Reisen nach Pakistan zu Impfungen gegen [1]:

  • Hepatitis A
  • Hepatitis B
  • Typhus
  • Tollwut
  • Meningokokken-Meningitis ACWY
  • Dengue-Fieber bei Langzeitaufenthalten oder besonderer Gefährdung
  • Japanische Enzephalitis, je nach Aufenthaltsort in Pakistan

Zudem sollte der Reisende alle von der STIKO empfohlenen Impfungen aktuell haben – insbesondere auch Polio. Pakistan meldet nach wie vor Poliomyelitis-Erkrankungen, die oral-fäkal übertragen werden.

Am besten beinhaltet die Reiseplanung also nicht nur die Flugbuchung, sondern auch ein Impfschema, das etwa zwei Wochen vor Reiseantritt abgeschlossen ist, denn: Bei den meisten Impfstoffen besteht ein vollständiger Impfschutz erst zehn bis 14 Tage nach der Spritze, und mögliche Impfreaktionen sind so bis zum Reisedatum abgeklungen. Auch bei Last-Minute-Reisen sollten sich Reisende impfen lassen, für manche Impfstoffe sind verkürzte Schnell-Impfschemata zugelassen (z. B. Tollwut, Japanische Enzephalitis, FSME), und bei Hepatitis A genügt bereits eine Dosis, um sich ein bis zwei Jahre vor der Viruserkrankung zu schützen. Mit Heplisav B gibt es auch eine mit neuartigem Adjuvans verstärkte Hepatitis-B-Vakzine, die nur zwei Dosen (Impfabstand: ein Monat) erfordert [2]. Mindestabstände dürfen beim Impfen nicht unterschritten werden, Maximalabstände gibt es nicht, da jede Impfung zählt. Problematisch können immer wieder auch Lieferengpässe sein, wie aktuell bei den Vakzinen Ixiaro gegen Japanische Enzephalitis und Rabipur gegen Tollwut – das Paul-Ehrlich-Institut in­formiert darüber [3].

Klimawandel und Infektionskrankheiten

Der Klimawandel beschert uns nicht lediglich Extremwetter und heiße Sommer mit vielen Freibadoptionen. Das wärmere Klima hierzulande erleichtert es auch manchen Erregern oder ihren Überträgern, sich hier wohlzufühlen, und verändert das Verhalten der Menschen, sodass sich die Kontaktwahrscheinlichkeit erhöht, zum Beispiel bei von Zecken übertragenen Borrelien und Flaviviren, die FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis) verursachen. So könnten insbesondere mildere Winter zu einem früheren Beginn der Zeckenaktivität im Frühling führen, schreibt das RKI. Auch wurden 2019 erstmals West-Nil-Virus-Infektionen, welche durch Stechmücken übertragen werden, in Deutschland beim Menschen bekannt. „Wärmere und längere Sommer in Deutschland verlängerten möglicherweise die Übertragungssaison“, erklärt das Robert Koch-Institut [13]. Das Virus gelangte aus den Tropen über Zugvögel auch in Mittelmeergebiete und letztlich nach Deutschland und wurde auch in den letzten Sommer- und Herbstmonaten nachgewiesen [14]. Auch im Wasser verändert sich etwas: „Neben dem Erreger der Cholera (verursacht durch V. cholerae O:1 und seltener O:139), die in Deutschland ausschließlich als importierte Infektion vorkommt, nehmen Infektionen des Menschen durch Nicht-Cholera-Vibrionen in Deutschland und Europa stetig zu“, erklärt das RKI. Nicht-Cholera-Vibrionen könnten vor allem Wund-, Darm- und Ohrinfektionen auslösen und kämen als normale Flora in fast allen europäischen Meeren und Brackwassern, aber z. B. auch in Nordamerika vor. In Deutschland ist dem RKI zufolge vor allem die Ostsee betroffen, aber vereinzelt auch Binnengewässer mit hohen Keimzahlen vor allem, wenn im Sommer hohe Wassertemperaturen erreicht würden. Das RKI erklärt: „Die Häufigkeit des Auftretens dieser Infektionen ist klimasensitiv. In wärmeren und längeren Sommern ist mit höheren Fallzahlen an Infektionen zu rechnen, vor allem auch durch importierte Fälle von Reiserückkehrern aus dem europäischen Raum, aber auch dem Rest der Welt“ [13].

Unbedingt mitnehmen: etwas gegen Durchfall

Durchfallerreger lauern in Pakistan landesweit (Salmonellen, Shigellen, Typhus oder Parasiten wie Amöben und Lamblien oder Wurmerkrankungen). Es gilt: Am besten Flaschenwasser mit Kohlensäure kaufen und auch zum Zähneputzen nutzen, Nahrungsmittel kochen oder schälen. Mittel der Wahl bei Durchfall ist die Rehydrierung, das gelingt einfach, beispielsweise mit Elotrans. Starken Durchfall stoppt etwa Loperamid – allerdings: Nicht länger als zwei Tage und nicht bei Fieber und blutigem Durchfall anwenden. Auch Racecadotril (rezeptpflichtig) hilft. Kohle­tabletten sollten bei akut infektiösem Durchfall nicht eingesetzt werden, ebenso wenig gibt es eine Empfehlung für eine Antibiotika- oder Probiotika-Prophylaxe für gesunde Menschen [4].

Mückenschutz mit DEET oder Icaridin

In Pakistan fliegen tagaktive Stechmücken, wie die Aedes-Mücke, die das Denguefieber überträgt. Anopheles-Mücken schwirren hingegen nachts und können Malaria weitergeben. „Die Notwendigkeit einer Malariaprophylaxe sollte immer vor der Reise mit einer reisemedizinischen Ambulanz/Praxis besprochen und geplant werden“, rät die Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und Globale Gesundheit e. V. (DTGG) [5].

Barrieremaßnahmen – Insektennetze (am besten imprägniert), lange und helle Kleidung – sind die Basis zur Expositionsprophylaxe. Freie Haut, wie Nacken und Knöchel, können Reisende mit Insektenschutzmitteln schützen. Bewährt haben sich weltweit Diethyltoluamid (DEET, z. B. In Nobite®) und Icaridin (z. B. In Autan Active, Nobite® Haut Sensitive). Die Dauer der Schutzwirkung bei DEET ist konzentrationsabhängig (DEET 20%: 1 - 3 Stunden, 30%: bis sechs Stunden, 50%: bis zwölf Stunden). Sowohl bei Icaridin wie auch bei DEET sollte die Konzentration mindestens 20% betragen. Mit Mückenschutzmitteln imprägnierte Kleidung (z. B. Nobite® Kleidung, Wirkstoff Permethrin) hält Mücken ebenfalls sehr effektiv ab [5].

Bei Trekkingtouren an Höhenkrankheit denken

„Die nördlichen Ausläufer dieses südasiatischen Landes gewinnen in der Welt der Abenteuerreisen dank der beeindruckenden Topografie, der hoch gelegenen Seen und der steilen Gipfel zunehmend an Bedeutung“, schreibt „Travel + Leisure“ [7]. Wer jedoch in Nordpakistan Backpacker-Trekkingtouren in größeren Höhen (über 2300 Meter) plant, sollte sich höhenmedizinisch beraten lassen und „an ortskundigen Führern, an ausreichend Trägern und an Zeit für die Höhenakklimatisation nicht sparen“, rät das Auswärtige Amt. Ab 2000 bis 2500 Meter sollten die Reisenden an Akklimatisierung denken und an eine Reisekrankenversicherung, die eine Helikopter-Bergung beinhaltet. Eine medikamentöse Prophylaxe der Reisekrankheit mit Azetazolamid könne für Sonderfälle erwogen werden, eine allgemeine Verwendung sei jedoch „nicht unumstritten“ [8].

Zum Surfen nach Brasilien

Neben Nordpakistan liefert „Travel + Leisure“ noch 49 weitere Ideen für Reiseziele, wie Bahia im Nordosten Brasiliens. „Ein Küstenstaat, der zwischen dem Amazonas und Rio de Janeiro liegt, und ein Ort, den die meisten Amerikaner nie erreichen – und das ist schade“, findet der Autor des Reisemagazins, da die Strände zu den malerischsten Brasiliens gehörten. Wer dort surfen oder baden will, sollte jedoch – neben den von der STIKO empfohlenen Impfungen – auch an Impfungen gegen Hepatitis A, Hepatitis B, Tollwut sowie Gelbfieber denken, da seit 2016 die Gelbfieberfälle im Südosten Brasiliens zunehmen. Seit letztem Jahr gibt es zudem einen Dengue-Fieber-Ausbruch. Eine Impfung gegen Dengue (Qdenga®) empfiehlt die STIKO jedoch nur Reisenden in Endemiegebiete, die in der Vergangenheit bereits eine labordiagnostisch gesicherte Dengue-Virus­infektion durchgemacht haben, da bei Dengue-naiven Menschen eine Impfung möglicherweise das Risiko einer Infektion erhöht [9]. Zum Gelbfieber- und Dengue-Schutz zählt auch eine konsequente Expositionsprophylaxe vor Mückenstichen (siehe oben). Diese ist auch wichtig für Reisende, die auf das Oropouche-Fieber verzichten möchten, eine durch das gleichnamige Virus ausgelöste Infektionskrankheit mit Fieber, Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen. Gegen Oropouche gibt es weder Impfung noch Therapie. Zumindest ist Bahia frei von Malaria [10].

Sonnenschutz: Brille, Hut, Kleidung, Sonnencreme

Das Klima in Bahia Brasilien ist tropisch (mit entgegengesetzten Jahreszeiten wie in Europa) und somit ist Sonnenschutz wichtig – zum Schutz vor Hautalterung, Sonnenbrand und Hautkrebs sowie Hitzschlag und Flüssigkeitsverlust. Insbesondere die Wassernähe am Strand intensiviert durch Reflexion die Intensität der Sonneneinstrahlung. Ein „Must“ für die Reise ist damit neben Sonnencreme mit hohem Lichtschutzfaktor (LSF 50) eine Kopfbedeckung, eine Sonnenbrille und am besten UV-Kleidung. Bei Sonnenschutzprodukten sollten Reisende an den Abwascheffekt von Wasser denken (ebenso, dass Nachcremen die absolute Schutzdauer nicht verlängert) und aufgrund von Nachhaltigkeitsaspekten sollten mineralische Lichtschutzfilter ohne Mikroplastik bevorzugt werden, rät die Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und Globale Gesundheit e.V. [11].

Was in keiner Reiseapotheke fehlen sollte

  • Fiebersenkende Schmerzmittel mit Paracetamol oder Ibuprofen,
  • ein Fieberthermometer,
  • Erkältungspräparate, z. B. abschwellendes Nasenspray,
  • bei Allergieneigung auch Antihistaminika, z. B. Cetirizin oder Dimetinden (Fenistil),
  • Reisetabletten bei möglicher Reiseübelkeit (Dimenhydrinat z. B. in Superpep Reisekaugummis),
  • Desinfektionsmittel,
  • Pflaster,
  • Erste-Hilfe-Verbandmaterial (sterile Kompressen, festes Sporttape, Steri-Strips, Dreieckstuch, Rettungsdecke, Einmalhandschuhe, Schere, Kondome, Pinzette),
  • eine Wund- und Heilsalbe wie Bepanthen,
  • Sonnenschutzmittel,
  • Blasenpflaster und
  • bei Vorliegen von Grunderkrankungen alle ohnehin benötigten Arzneimittel.

Wichtige Arzneimittel sollten die Reisenden je zur Hälfte im Aufgabegebäck und im Handgepäck (Cave: Lagerungsbedingungen bestimmter Arzneimittel) verstauen, zudem wird empfohlen, sich vorab zu informieren, wie die Mitnahme bestimmter Arzneimittel (z. B. Opioid-haltige Schmerzmittel oder Psychopharmaka) geregelt ist und eventuell eine ärztliche Bescheinigung (mehrsprachig) mitzuführen [12].

Ebenso wichtig: Eine Auslandskrankenversicherung abzuschließen und die Reiseapotheke keinen extremen Temperaturen auszusetzen.

Literatur

[1] Auswärtiges Amt: Pakistan: Reise- und Sicherheitshinweise (abgerufen am 18.04.2024); www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/pakistansicherheit/204974
[2] Rothe C et al. Reiseimpfungen — Hinweise und Empfehlungen Flug u Reisemed. 2023; 30:52-85; https://dtg.org/images/Startseite-Download-Box/2023_DTG_Empfehlungen_Reiseimpfungen.pdf
[3] Paul-Ehrlich-Institut: Lieferengpässe von Human-Impfstoffen (abgerufen am 18.04.2024); www.pei.de/DE/arzneimittel/impfstoffe/lieferengpaesse/lieferengpaesse-node.html?cms_tabcounter=0
[4] S2k-Leitlinie Gastrointestinale Infektionen der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) (Stand: November 2023)
[5] Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und Globale Gesundheit e.V.: Nachhaltige Reiseapotheke, Malaria
[6] Auswärtiges Amt: Expositionsprophylaxe (Stand 03/2019)https://www.auswaertiges-amt.de/blob/251022/943b4cd16cd1693bcdd2728ef29b85a7/expositionsprophylaxeinsektenstiche-data.pdf
[7] Travel + Leisure: The 50 Best Places to Travel in 2024 (abgerufen am 22.04.2024) www.travelandleisure.com/best-places-to-go-2024-8385979
[8] Auswärtiges Amt: Aufenthalt in großer Höhe und höhenbedingte Erkrankungen vom 4.11.2024 (abgerufen am 22.04.2024) www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/reise-gesundheit/hoehenkrankheit/2519606
[9] Robert Koch-Institut: Antworten auf häufig gestellte Fragen zu Dengue und zur Impfung (Stand: 30.11.2024) www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Dengue/FAQ-Liste.html
[10] Rothe C et al. Empfehlungen zur Malariaprophylaxe Flug u Reisemed 2023; 30: 168–208 | © 2023. Thieme.[11] Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und Globale Gesundheit e.V.: Nachhaltige Reiseapotheke, Sonnenschutz (abgerufen am 22.04.2024)www.dtg.org/index.php/aktuelles/nachhaltige-reiseapotheke.html#_Toc160290361
[12] Epidemiologisches Bulletin 14|2024www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2024/Ausgaben/14_24.pdf?__blob=publicationFile
[13] Robert Koch-Institut: Auswirkungen des Klimawandels auf Infektionskrankheiten www.rki.de/DE/Content/GesundAZ/K/Klimawandel_Gesundheit/Klimawandel_Infektionskrankheiten.html
[14] Robert Koch-Institut: West-Nil-Fieber im Überblickwww.rki.de/DE/Content/InfAZ/W/WestNilFieber/West-Nil-Fieber_Ueberblick.html


Celine Bichay, Apothekerin, Redakteurin DAZ
redaktion@daz.online


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