Energie- und Proteinzufuhr im Blick behalten
Die Energiezufuhr für Krebspatienten und -patientinnen sollte, wie bei Gesunden, zwischen 25 und 30 kcal pro kg Körpergewicht pro Tag liegen. Um Muskelabbau vorzubeugen, sind reichlich Proteine vonnöten: 1 bis 1,5 g pro kg Körpergewicht pro Tag Eiweiße können mit Lebensmitteln wie Fisch, (weißem) Fleisch, Eiern, Linsen oder Kichererbsen erreicht werden. Eiweißreiche Shakes helfen, den Bedarf zu decken.
Mikronährstoffe, wie Vitamine oder Mineralstoffe, sollten nach Zufuhrempfehlung oder bei bestehendem Mangel supplementiert werden. In der Leitlinie wird darauf hingewiesen, dass keine hoch dosierten Supplemente eingenommen werden sollten, außer wenn ein nachgewiesener Mangel vorliegt.
Ernährungsscreening für alle Krebserkrankten
Alle Krebserkrankten sollten von geschultem Personal auf ihren Ernährungsstatus untersucht werden, damit Mangelernährung vorgebeugt werden kann.
Hat der Patient oder die Patientin bereits abgenommen oder fällt durch ein Ernährungsscreening zum Beispiel eine niedrige Muskelmasse auf, sollte ein Ernährungstagebuch geführt und ausgewertet werden, bei dem auch Beschwerden abgefragt werden. Körperliche Fitness und Entzündungsparameter geben Auskunft über den Allgemeinzustand. Verliert ein Krebspatient oder eine Krebspatientin mit Insulin-Resistenz an Gewicht, sollte der Anteil von Fett in der Nahrung erhöht werden (und der von Kohlenhydraten gesenkt), damit die glykämische Last sinkt. Außerdem sollten dann energiedichte Lebensmittel bevorzugt werden.
Im Allgemeinen gelten für Krebserkrankte dieselben Ernährungsempfehlungen wie für Gesunde: eine pflanzenbasierte, ballaststoffreiche Mischkost, die vor allem unverarbeitete, frische Lebensmittel beinhaltet und viel Gemüse, Vollkornprodukte, Pflanzenöle, Hülsenfrüchte und Nüsse inkludiert. Die mediterrane Ernährung gilt als „Goldstandard der Ernährungsweisen“ und konnte bei einigen Tumorentitäten in der Sekundärprophylaxe positive Effekte zeigen.
Arzneimittel und Supplemente gegen Appetitlosigkeit
Trockener Mund, Appetitlosigkeit, Übelkeit, schnell eintretendes Sättigungsgefühl oder Schluckbeschwerden – diese Beschwerden, die durch eine Tumorerkrankung oder die Therapie hervorgerufen werden können, beeinflussen den Ernährungsstatus und sollten behandelt werden, wie es in der europäischen Leitlinie heißt. Soweit möglich, sollten die Patienten und Patientinnen körperlich aktiv werden bzw. bleiben, damit Muskeln bestehen bleiben.
In der Leitlinie werden folgende Arzneimittel und Supplemente erwähnt, die gegen Mangelernährung von Krebserkrankten eingesetzt werden können:
- Corticosteroide können den Appetit verbessern bei anorektischen Krebserkrankten, die sich in einem fortgeschrittenen Krankheitsstadium befinden. Der Einsatz sollte nicht länger als eine bis drei Wochen erfolgen, damit keine unerwünschten Wirkungen auftreten (wie zum Beispiel Insulin-Resistenz oder erhöhte Infektanfälligkeit).
- Progestine, das sind Analoga von Gestagenen, können bei anorektischen Krebserkrankten in fortgeschrittenem Krankheitsstadium eingesetzt werden. Als Nebenwirkung können Thromboembolien auftreten, wie die Leitlinie beschreibt.
- Patienten und Patientinnen, die sich in einem fortgeschrittenem Krankheitsstadium befinden, eine Chemotherapie durchlaufen und bei denen ein Risiko für Mangelernährung besteht, wird empfohlen, langkettige n-3-Fettsäuren oder Fischölkapseln zu supplementieren. Die Autoren der Leitlinie sehen es als ausreichend bewiesen an, dass solche Präparate den Appetit verbessern, die Nahrungszufuhr erhöhen und die fettfreie Körpermasse verbessern.
- Einige Krebserkrankte leiden unter Verstopfung. Wird diese behandelt, berichten einige Patienten und Patientinnen von früher einsetzendem Sättigungsgefühl. Die Leitlinie empfiehlt dann den Einsatz von Prokinetika, die die Vorwärtsbewegung des Bolus begünstigen. Auch hier gilt es, Nebenwirkungen im Blick zu haben: Metoclopramid kann Nebenwirkungen des zentralen Nervensystems auslösen und Domperidon kann Herzrhythmusstörungen verursachen, erinnert die Leitlinie.
Für andere Arzneimittel sieht die Leitlinie eine ungenügende Datenlage oder Effektivität: Aminosäuren oder deren Metabolite, nicht-steroidale Antirheumatika, Cannabinoide oder androgene Steroide werden nicht empfohlen, um Mangelernährung von Krebserkrankten vorzubeugen oder zu behandeln.
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