Klage erfolgreich

Veröffentlichung der Protokolle des Corona-Expertenrates

Berlin - 27.05.2024, 16:45 Uhr

Der Corona-Expertenrat im Herbst 2022. (Foto: IMAGO / Jürgen Heinrich)

Der Corona-Expertenrat im Herbst 2022. (Foto: IMAGO / Jürgen Heinrich)


Ein Frankfurter Arzt hat erfolgreich für die Veröffentlichung von Teilen der Protokolle des Corona-Expertenrates geklagt. Auch Passagen aus den Protokollen des Krisenstabs der Bundesregierung müssen nun offengelegt werden. Namen von beteiligten Expert*innen werden weiterhin geheim gehalten, ebenso wie Absätze, die das Verhältnis zu China betreffen.

Teile der Protokolle des Corona-Expertenrates müssen entschwärzt werden. Das entschied das Verwaltungsgericht Berlin in der vergangenen Woche. Der Allgemeinmediziner Christian Haffner aus Frankfurt am Main hatte die Klage gegen das Bundeskanzleramt eingereicht. Darüber berichtete die Berliner Zeitung am vergangenen Donnerstag. Der zuständige Richter erklärte, dass der Kläger berechtigt sei, die Offenlegung von Informationen über die Wirksamkeit von Impfstoffen und Arzneimitteln zu verlangen. Haffner spricht infolge des Urteils von einem „Teilerfolg, der wichtig ist, um über politischen Diskussionen über die medizinische Wirkung der Corona-Impfstoffe Transparenz herzustellen“.

Keine Wettbewerbsnachteil für Deutschland

Das Gericht folgte in wesentlichen Punkten nicht der Argumentation des Bundeskanzleramtes. Dessen Vertreter*innen hatten argumentiert, durch die Offenlegung von Passagen zur Impfstoffbeschaffung und -verteilung könnte die Wettbewerbsfähigkeit des Staates mit Blick auf zukünftige Impfstoff- und Arzneimittelbeschaffungen gefährdet werden. Dieser Sichtweise schloss sich das Berliner Verwaltungsgericht nicht an. 

Es sei nicht ersichtlich, dass die Preisgabe der Informationen künftig zu einer schwächeren Verhandlungsposition für die Bundesregierung führen würde. Auch Preissteigerungen für Arzneimittel und Impfstoffe, die das Kanzleramt infolge der Offenlegung der Protokolle befürchtet, seien nicht plausibel, so das Gericht. Vor allem seien „die Bewertungen angesichts der laufenden Adaption von Impfstoffen und Medikamenten an neue Virusvarianten im Fall einer zukünftigen Pandemie überholt“.

Teile bleiben weiterhin geschwärzt

In weiteren Punkten lehnte das Gericht jedoch die Entschwärzung der Protokolle des Corona-Expertenrates ab. So hatte der Kläger auch eine Offenlegung der beteiligten Experten*innen in den Protokollen gefordert. Deren Namen seien jedoch für die Bewertung der geführten Debatten unerheblich, so das Gericht. Allerdings beauftragte es das Kanzleramt, ein Drittbeteiligungsverfahren durchzuführen, bei dem die Betroffenen Stellung beziehen sollen. Auch Absätze, die das außenpolitische Verhältnis zu China im Kontext der Pandemie behandeln, bleiben weiterhin unkenntlich für die Öffentlichkeit.

Protokolle des Krisenstabs der Bundesregierung

Neben der Offenlegung der Protokolle des Expertenrates konnte der Kläger noch einen weiteren Erfolg verbuchen: Auch die Dokumente des von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im November 2021 einberufenen Krisenstabs mussten veröffentlicht werden, jedoch wiederum mir erheblichen Schwärzungen. Darüber berichtete die Berliner Zeitung am vergangenen Sonntag. In den offengelegten Passagen wird insbesondere die Strategie zur Erhöhung der Impfquote deutlich. Christian Haffner plant möglicherweise auch eine weitere Klage zur Freigebung der unkenntlich gemachter Passagen, die die Sitzungen im Zusammenhang mit der geplanten Einführung einer Impfpflicht Anfang April 2022 betreffen.

Bereits im März dieses Jahres hatte ein Online-Magazin erfolgreich auf die Veröffentlichung der Protokolle des RKI-Krisenstabs geklagt. Auch darin waren viele Passagen geschwärzt geblieben, angeblich zum persönlichen Schutz von Mitarbeiter*innen des RKI.


Michael Zantke, Redakteur, DAZ
redaktion@daz.online


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