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Onkologie
Checkpoint-Inhibitoren in der Schwangerschaft weniger bedenklich als gedacht
In einer Kohortenstudie konnte gezeigt werden, dass Checkpoint-Inhibitoren während der Schwangerschaft weniger bedenklich sind als vermutet. Dennoch sollte das Nutzen-Risiko-Profil individuell abgeschätzt werden. Von Kombinationen mehrerer Immunonkologika wird abgeraten.
Krebserkrankungen während der Schwangerschaft sind mit einer Inzidenz von rund 0,1% selten und erfordern ein therapeutisches Vorgehen, das neben dem Schwangerschaftstrimenon auch Tumorart und Tumorstadium berücksichtigt. Grob vereinfacht gesagt, kann eine Chemotherapie ab dem zweiten Trimenon durchgeführt werden. Für die häufigsten Krebserkrankungen, die während der Schwangerschaft auftreten – das sind Tumoren der Brust, Zervix- und Ovarialkarzinome sowie einige hämatologische Erkrankungen – werden ausgewählte Zytostatika empfohlen, deren Auswirkungen auf das Kind überschau- und handelbar sind. Mit dem zunehmenden Einsatz von Immunonkologika – gemeint sind Inhibitoren von PD-1 (Checkpoint-Rezeptor Programmed-Death-1), PD-L1 (Programmed-Death-Ligand 1) sowie CTLA-4 (zytotoxisches T-Lymphozyten-assoziiertes Antigen 4) – stellt sich die Frage, ob diese auch während der Gravidität eingesetzt werden können, zumal sie häufig mit einem deutlichen Benefit für die Tumorpatientin verknüpft sind (s. Neubeck N. Checkpoint-Inhibitoren in der Tumortherapie, in dieser DAZ auf S. 26).
Zu beachten ist dabei eine veränderte mütterliche Immuntoleranz während der Schwangerschaft. So steigt die Expression von Immuncheckpoints (insbesondere von PD-1) auf T-Zellen an der maternofetalen Schnittstelle an, was physiologisch dazu dient, die Abstoßung des Feten im Uterus zu verhindern. Greift man nun mit Immunonkologika in diese Balance ein, könnte sich dies auf das fetale Wachstum auswirken. So führten auch Tierversuche mit sehr hohen Dosen des PD-1-Inhibitors Nivolumab zu Frühgeburten und fetalen Wachstumsstörungen. Um die Frage zu beantworten, ob Immunonkologika während der Schwangerschaft eingesetzt werden können, ohne dem Kind zu schaden, wertete eine französische Arbeitsgruppe die Daten einer Pharmakovigilanz-Datenbank (VigiBase der WHO) aus.
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Rund 3560 Berichte zum Einsatz von Immunonkologika bei Schwangeren ausgewertet
In dieser Datenbank sind über 30 Millionen Berichte zur Pharmakovigilanz abgelegt, davon 3558 Meldungen über Folgen von Krebstherapien während der Schwangerschaft. 91 (2,6%) Berichte beschäftigten sich mit Immunonkologika, der Rest (97,4%) mit anderen Onkologika. Die betroffenen Frauen waren im Mittel 29 Jahre alt, die häufigsten Tumorentitäten, bei denen Immunonkologika angewendet wurden, waren Melanome und Lymphome. Die eingesetzten Wirkstoffe waren meist PD-1-Inhibitoren, gefolgt von einer Kombination aus PD-1-Hemmer und CTLA-4-Inhibitor, Monotherapien mit einem CTLA-4-Hemmer oder PD-L1-Inhibitor, gefolgt von einem PD-1-Inhibitor plus dem LAG3-Inhibitor Relatlimab. 11% der Meldungen bezogen sich auf eine Kombination aus Immuncheckpoint-Inhibitoren mit einem onkologischem Wirkstoff, der nicht den Immunonkologika zuzurechnen ist (z. B. herkömmliche Zytostatika). Unter Zuhilfenahme dieser Daten wurde das Risiko für Mutter, Fetus und das Neugeborene unter einer Therapie mit Immunonkologika mit dem Risiko unter anderen Krebstherapien verglichen. Insgesamt wurden 45 präspezifizierte maternofetale Nebenwirkungen erfasst. Darunter fielen Aborte, Totgeburten, kongenitale Malformationen, Schwangerschaftskomplikationen, frühzeitige Geburten, Komplikationen während der Entbindung und neonatale Komplikationen.
Keine erhöhte Komplikationsrate unter Immun-Monotherapien bei schwangeren Frauen
Betrachtete man diese 45 maternofetalen Nebenwirkungen zusammen – also in ihrer Gesamtheit - und verglich die Häufigkeit unter einer Therapie mit Immunonkologika vs. einer Behandlung mit anderen Onkologika, so zeigte sich kein Unterschied. Jedoch ergaben sich bei einzelnen Komplikationen und unter bestimmten immunonkologischen Therapien Unterschiede, so bei der Rate an Frühgeburten. Diese lag nach einer Behandlung mit einem PD-1-Hemmer plus einem CTLA-4-Inhibitor bei 80%; unter nicht-immunonkologischen Therapien lag sie bei 23% (< 0,001). Wurden PD-1-, PD-L1- oder CTLA-4-Inhibitoren als Monotherapie eingesetzt, ergaben sich im Vergleich mit nicht-immunonkologischen Behandlungen keine Unterschiede.
Es lagen drei Meldungen über mögliche immunassoziierte maternofetale Ereignisse vor: Ein Fall eines mütterlichen Antiphospholipid-Syndroms [durch zirkulierende Antiphospholipid-Antikörper verursachte Thrombophilie], der zu einem Spontanabort führte, ein Fall von Pneumonitis mit neonatalem Atemnotsyndrom mit Todesfolge und ein Fall einer transienten kongenitalen Hypothyreose.
Fazit der Autoren
Die Auswertung von Pharmakovigilanzdaten zeigte unter einer immunonkologischen Monotherapie keine höheren Raten mütterlicher, neonataler und fetaler Komplikationen, wenn man diese mit den Komplikationsraten unter anderen Tumortherapien verglich. Eine Immuntherapie während der Schwangerschaft scheint besser toleriert zu werden, als im Vorfeld angenommen. Diese Aussage gilt allerdings nur für die Gesamtheit aller Komplikationen unter einer Monotherapie. Eine Kombination aus PD-1-Inhibitor plus CTLA-4-Hemmer führte zu einer signifikant erhöhten Rate an Frühgeburten. Auch sind mögliche immun-assoziierte neonatale Ereignisse unter Immunonkologika zu bedenken. Nutzen und Risiko einer Immuntherapie während der Schwangerschaft sind individuell zu beurteilen, Kombinationen aus PD-1- und CTLA-4-Inhibitoren sind zu vermeiden. Eine Immuntherapie während der Schwangerschaft ist kein Grund für eine routinemäßige Schwangerschaftsunterbrechung.
Literatur
Gougis P et al. Immune Checkpoint Inhibitor Use During Pregnancy and Outcomes in Pregnant Individuals and Newborns. JAMA Netw Open 2024;7(4):e245625, doi: 10.1001/jamanetworkopen.2024.5625
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