KI-Chatbot Checker Evi

Künstliche Intelligenz unterstützt bei Meldung zweifelhafter Nahrungsergänzungsmittel

04.06.2024, 16:45 Uhr

Apothekenmitarbeiter können mithilfe einer neuen künstlichen Intelligenz Werbeaussagen zu NEM überprüfen. Die KI ermittelt für sie außerdem die zuständigen Überwachungsbehörden. (Screenshot von Checker Evi auf medwatch.de)

Apothekenmitarbeiter können mithilfe einer neuen künstlichen Intelligenz Werbeaussagen zu NEM überprüfen. Die KI ermittelt für sie außerdem die zuständigen Überwachungsbehörden. (Screenshot von Checker Evi auf medwatch.de)


Irreführende Heilversprechen bei Nahrungsergänzungsmitteln sind weit verbreitet. Der KI-Chatbot Checker Evi soll helfen, die falschen Aussagen vom Markt verschwinden zu lassen. Im Test funktioniert das schnell und unkompliziert – auch wenn die inhaltliche Recherche Apothekensache bleibt. 

Wer in einer Drogerie oder auf Influencer-Kanälen Nahrungsergänzungsmittel sieht, könnte diese Orte leicht mit Apotheken verwechseln. Für jedes Problem scheint es ein passendes Vitamin oder Kraut zu geben. Doch oft sind die Werbeversprechen wissenschaftlich unbegründet und unzulässig.

Apothekenangestellte müssen häufig diese falschen Erwartungen korrigieren. Die unseriösen Praktiken schaden Patienten und führen dazu, dass viele Kunden die Apotheke als Ort der Enttäuschung wahrnehmen, wenn Pharmazeuten ihre fachliche Meinung äußern. Diese fachliche Seite erhält nun Unterstützung durch den Chatbot Checker Evi.

Entwickelt wurde der Prototyp vom investigativen Redaktionsbüro MedWatch und tactile.news, einem Innovationslabor für Journalisten. Kunden und Apothekenmitarbeiter können mit ihm Werbeaussagen überprüfen lassen. Der KI-basierte Bot gleicht die Aussagen mit der EU Health Claims Verordnung ab. Erscheinen sie irreführend, fragt er Firmenname und Adresse ab. Anschließend ermittelt Checker Evi die Mailadressen der Überwachungsbehörden und erstellt eine Nachricht an die zuständige Lebensmittelüberwachungsbehörde, die der Nutzer nur noch abschicken muss.

Mit sechs Klicks zur Meldung an die zuständige Behörde

Wagen wir einen Testversuch mit dem Nahrungsergänzungsmittel „LiquidRespiration“ der BioLife Holding GmbH. Es enthält einen Extrakt der Brunnenkresse und wird auf der Website beworben mit: „Es wurde zur Unterstützung der Ernährung bei Erkrankungen der oberen Luftwege entwickelt.“ Diese Aussage suggeriert eine Heilung oder Vorbeugung von Krankheiten, was nur Arzneimitteln vorbehalten ist.

Checker Evi bewertet dies ähnlich und bietet an, das Produkt zu melden. Nach sechs Klicks und vier Eingaben erscheint eine vorgefertigte Mail und die Adresse des zuständigen Veterinäramts in Heidelberg. In dieser Mail fordern wir das Amt auf, „die fragliche Geschäftspraxis auf mögliche Verstöße gegen §11 Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) und andere einschlägige Rechtsnormen zu überprüfen.“ Die Behörde soll uns über das Ergebnis informieren – eine Antwort lag zu Redaktionsschluss nicht vor.

Checker Evi prüft nicht auf Unbedenklichkeit oder Wirksamkeit

Der Vorteil: Checker Evi ist leicht zu bedienen und liefert schnell Ergebnisse. Innerhalb von zwei Minuten kann ein Produkt an die entsprechende Behörde gemeldet werden. Der Nachteil: Checker Evi erklärt nicht die wissenschaftlichen oder rechtlichen Hintergründe seiner Einschätzung. „Wir sagen nicht, dass dieses Nahrungsergänzungsmittel ungefährlich ist oder wirklich hilft“, erklärt Sigrid März aus dem Entwicklerteam. „Solche Empfehlungen sollten Journalisten nicht aussprechen.“

Kunden müssen also weiterhin auf die Recherche und Einschätzung des Apotheken-Teams vertrauen.

Weiterentwicklung hängt von Förderungen ab

Die Entwicklung von Checker Evi wurde durch den Innovationsfonds Wissenschaftsjournalismus der Wissenschaftspressekonferenz gefördert. Weitere Einnahmen gibt es aus dem frei zugänglichen Projekt nicht. März hofft daher auf neue Förderungen und Kooperationen, mit denen sich Checker Evi weiterentwickeln lassen könnte – zum Beispiel zur App.

Der KI-Bot liefert zum jetzigen Zeitpunkt nur Antworten zu Produkten, die in Deutschland hergestellt werden. Künftig könnte der Suchradius auf Österreich und die Schweiz erweitert werden. Oder auf andere Produkte, wie Kosmetika und Coachings – denn auch dort gäbe es einen Wildwuchs an Heilversprechen. „Für uns wäre es schade, wenn Checker Evi ein Prototyp bleibt“, sagt März. „Der Markt der Nahrungsergänzungsmittel ist gewaltig – das Potenzial ist also da.“


Apotheker Marius Penzel
redaktion@daz.online


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