Ergebnisse der Phase-III-Studien überzeugen

Dupilumab: Zulassungserweiterung für COPD

03.07.2024, 13:45 Uhr

Dupixent® hat von der EMA eine Zulassungserweiterung erhalten. Der monoklonale Antikörper Dupilumab kann jetzt auch erwachsenen Patienten mit unkontrollierter COPD verordnet werden. (Foto: Sanofi) 

Dupixent® hat von der EMA eine Zulassungserweiterung erhalten. Der monoklonale Antikörper Dupilumab kann jetzt auch erwachsenen Patienten mit unkontrollierter COPD verordnet werden. (Foto: Sanofi) 


Die Zulassung von Dupilumab (Dupixent®) wurde von der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) um die Indikation chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD) erweitert. Der monoklonale Antikörper ist damit das erste Biological, das für die Therapie der COPD zur Verfügung steht, und ein neuer Therapieansatz für die chronische Atemwegserkrankung, die EU-weit rund 220.000 Erwachsene betrifft. Dupilumab hat in zwei Phase-III-Studien zu einer deutlichen Reduktion der Exazerbationen geführt. 

Konkret hat der Hersteller Sanofi die Zulassung für Dupilumab (Dupixent®) als Add-on-Therapie für Erwachsene mit unkontrollierter COPD erhalten, deren Eosinophilen-Blutwerte erhöht sind. Es darf für Patienten verordnet werden, die bereits eine Kombination aus einem inhalativen Glucocorticoid (ICS), einem langwirksamen Beta-2-Sympathomimetikum (LABA) und einem langwirksamen Anticholinergikum (LAMA) erhalten, oder Patienten, die bereits eine Kombination aus LABA und LAMA erhalten und für die ICS nicht geeignet sind [1].

Dupilumab: Einsatz bei atopischer Dermatitis, Asthma und chronischer Rhinosinusitis

Dupilumab wurde 2017 initial zur Behandlung der atopischen Dermatitis zugelassen. Seither wurde die Zulassung bereits um die Indikationen Asthma (2019) und chronische Rhinosinusitis (2019) erweitert. Zwei große Phase-III-Studien, die die Basis der Zulassungserweiterung bilden, bestätigten dann die Wirksamkeit bei chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD).

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Therapieoptionen bei COPD

Nach Definition der WHO ist die COPD eine Lungenerkrankung, die durch eine chronische Atemwegsobstruktion mit eingeschränkter Lungenventilation gekennzeichnet ist. Zu den Hauptsymptomen zählen chronischer Husten und Auswurf (chronische Bronchitis), Kurzatmigkeit, vor allem bei Belastung und ein Engegefühl in der Brust. Verstärken sich die begleitenden Symptome akut über die normale Tagesschwankung hinaus und halten länger als 24 Stunden an, spricht man von einer Exazerbation. Mit jeder Exazerbation verschlechtert sich der Gesundheitszustand und die COPD schreitet weiter voran. Da die COPD bis heute nicht heilbar ist, sind die Hauptziele der Therapie:

  • Vermeidung von Exazerbationen und Krankheitsfortschritt
  • Verbesserung der körperlichen Belastbarkeit
  • Symptomlinderung
  • Erhalt einer möglichst hohen Lebensqualität

Die Basis bildet laut nationaler Versorgungsleitlinie die nicht-medikamentöse Therapie bestehend aus Tabakentwöhnung, körperlichem Training, Atemphysiotherapie, Ernährungsberatung und psychosozialer Intervention. Aufbauend auf der nicht-medikamentösen Therapie werden zur medikamentösen Langzeittherapie vor allem unterschiedliche Kombinationen aus langwirksamen Anticholinergika (LAMA), langwirkenden Beta-2-Sympathomimetika (LABA), inhalativen Glucocorticoiden (ICS), kurzwirkenden Beta-2-Sympathomimetika (SABA) und kurzwirkenden Anticholinergika (SAMA) verwendet [2].

Entzündungsreaktion als Treiber der Krankheit 

Sowohl in Deutschland als auch weltweit gehört die COPD zu den führenden Todesursachen. In vielen Fällen gilt die Erkrankung als vermeidbar, da neben genetischer Disposition und chronisch rezidivierenden Atemwegsinfekten vor allem exogene Faktoren wie Zigarettenrauchen, Luftverschmutzung und berufliche Exposition mit toxischen Stäuben oder Gasen krankheitsauslösend sind. Das Zigarettenrauchen gilt als häufigste Ursache. Die eingeatmeten Partikel des Zigarettenrauchs lösen dabei eine Entzündung in den Atemwegen aus. Überschießende Entzündungsreaktionen führen in der Folge zu einer progredienten Einschränkung der Luftventilation und den damit einhergehenden Symptomen. In knapp der Hälfte aller COPD-Erkrankungen entwickelt sich dadurch langfristig eine Typ-2-Entzündungsreaktion, charakterisiert durch eine erhöhte Anzahl an weißen Blutkörperchen, den Eosinophilen und die Freisetzung von entzündlichen Zytokinen wie Interleukin-4, Interleukin-5 und Interleukin-13.

Angriffspunkt für Dupilumab sind Typ-2-Entzündungsreaktionen

Typ-2-Entzündungsreaktionen sind an der Pathogenese  der COPD beteiligt, aber auch der atopischen Dermatitis, von Asthma und chronischer Rhinosinusitis. Das erklärt die vielseitigen Einsatzmöglichkeiten des Antikörpers Dupilumab (Dupixent®). Nach subkutaner Injektion blockiert Dupilumab den Interleukin-4-Rezeptor. In der Folge wird der Signalweg der beiden zentralen Zytokine und Schlüsselmediatoren der Typ-2-Entzündungsreaktion gehemmt: Interleukin-4 und Interleukin-13.

Die Wirksamkeit von Dupilumab bei COPD wurde bereits 2023 in einer ersten Phase-III-Studie (BOREAS) untersucht [3]. Eine zweite Phase-III-Studie (NOTUS) derselben Autoren von der Abteilung für Lungen-, Allergie- und Intensivmedizin der University of Alabama in Birmingham schloss an die erste Studie an [4]. Im Rahmen der doppelblinden randomisierten Studie wurde die Wirksamkeit und Sicherheit von Dupilumab bei COPD-Patienten mit erhöhten Eosinophilen-Blutwerten (> 300 Zellen/µl) als Indikator für eine aktive Typ-2-Entzündungsreaktion und erhöhtem Exazerbationsrisiko untersucht. Insgesamt nahmen 935 Patienten an der Studie teil, 470 in der Dupilumab-Gruppe und 465 in der Placebo-Gruppe. Über einen Zeitraum von 52 Wochen erhielten die Patienten je nach Gruppe alle zwei Wochen entweder 300 mg Dupilumab oder Placebo. Als primärer Endpunkt wurde zum Ende des Untersuchungszeitraums die Rate moderater und schwerer Exazerbationen über das Jahr berechnet. Weiterhin wurden in der 12. und 52. Woche nach Behandlungsstart die Veränderung der Einsekundenkapazität (FEV1-Wert) gemessen sowie die Lebensqualität anhand eines Fragebogens (St. George’s Respiratory Questionnaire, SGRQ, Score 1 bis 100, niedrigerer Score entspricht höherer Lebensqualität) in Woche 52 erfasst.

Überwachung der Lungenfunktion bei COPD

Für einen Lungenfunktionstest werden die beiden Parameter Vitalkapazität (VC) und Einsekundenkapazität (FEV1) verwendet. Die Vitalkapazität beschreibt die Volumendifferenz zwischen maximaler Einatmung und maximaler Ausatmung. Sie ist der wichtigste Parameter für die Diagnose von Erkrankungen wie Lungenfibrose, bei denen die Lunge schrumpft. Die Einsekundenkapazität oder auch forciertes exspiratorisches Volumen beschreibt das Luftvolumen, welches nach kompletter Einatmung innerhalb einer Sekunde bei maximaler Anstrengung ausgeatmet werden kann. Die Einsekundenkapazität ist der wichtigste Lungenfunktionswert im Zusammenhang mit Lungenerkrankungen, die wie die COPD mit verengten Bronchien einhergehen.

Exazerbationen unter Dupilumab signifikant reduziert

In der  Studie konnte gezeigt werden, dass die über das Jahr berechneten moderaten und schweren Exazerbationen unter der Behandlung mit Dupilumab im Vergleich zu Placebo signifikant vermindert wurden (relatives Risiko 0,66, 95%-Konfidenzintervall 0,54 bis 0,82, p > 0,0001). Auch die Lungenfunktion besserte sich signifikant. Die Einsekundenkapazität stieg in der Dupilumab-Gruppe nach 12 Wochen um 82 ml im Vergleich zur Placebo-Gruppe (p < 0,0001) und nach 52 Wochen um 62 ml (p = 0,02). Die Erfassung der Lebensqualität nach 52 Wochen ergab keine signifikanten Unterschiede zwischen den Patientengruppen. Die Inzidenz von unerwünschten Arzneimittelwirkungen war in beiden Gruppen ähnlich und konsistent mit dem bekannten Nebenwirkungsprofil von Dupilumab.

Die Ergebnisse der Studie bestätigen damit die Ergebnisse der ersten Phase-III-Studie aus dem Jahr 2023: In COPD-Patienten mit erhöhten Entzündungswerten bewirkt Dupilumab im Vergleich zu Placebo eine gesenkte Rate an Exazerbationen und eine Verbesserung der Lungenfunktion.

Dem positiven Votum des Ausschusses für Humanarzneimittel (CHMP) der EMA im Mai 2024 zum Einsatz von Dupilumab bei COPD-Patienten mit Typ-2-Entzündungsreaktion, das auf den beiden Phase-III-Studien basierte, folgte nun die Zulassung der erweiterten Indikation. 

Literatur

[1] Press Release: Dupixent approved in the EU as the first-ever targeted therapy for patients with COPD. Sanofi, 3. Juli 2024

[2] Nationale Versorgungsleitlinie COPD – Kurzfassung 2. Auflage, Version 1 AWMF-Register-Nr nvl-003

[3] Bhatt SP et al. Dupilumab for COPD with Type 2 Inflammation Indicated by Eosinophil Counts. N Engl J Med 2023;389(3):205-214, doi: 10.1056/NEJMoa2303951

[4] Bhatt SP et al. Dupilumab for COPD with Blood Eosinophil Evidence of Type 2 Inflammation. N Engl J Med 2024;390(24):2274-2283, doi: 10.1056/NEJMoa2401304


Dr. Leonie Vormittag, Apothekerin, DAZ-Autorin


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