Im Tierversuch erfolgreich

Kanadische Pharmazeuten entwickeln sublinguales Insulin

23.07.2024, 09:15 Uhr

Insulin unter die Zunge – ist das ein vielversprechender Forschungszweig? (Smybolfoto: kittyfly / AdobeStock)

Insulin unter die Zunge – ist das ein vielversprechender Forschungszweig? (Smybolfoto: kittyfly / AdobeStock)


Kanadischen Pharmazeuten ist es gelungen, eine Formulierung zur sublingualen Verabreichung von Insulin zu entwickeln. In Mäusen wurde die neue Formulierung bereits mit der subkutanen Injektion von Insulin verglichen.

Rund elf Millionen Menschen in Deutschland leiden an Diabetes. Ihre Bauchspeicheldrüse produziert nicht ausreichend Insulin und ist auf Zufuhr von außen angewiesen. Mehrmals täglich müssen sich Diabetiker daher eine Insulin-Injektion verabreichen. Das ist nicht nur schmerzhaft, sondern birgt auch ein gewisses Risiko z. B. für Infektionen. Zudem kommen dabei im Laufe der Zeit einige Nadeln zusammen, die entsprechend entsorgt werden müssen. Eine orale Gabe ist nicht möglich, da das Peptid im Magen zersetzt würde. 

Kanadischen Pharmazeuten ist es nun gelungen, eine Formulierung zur sublingualen Verabreichung zu entwickeln. 

Mit einer Größe von 51 Aminosäuren dringt Insulin normalerweise nur sehr langsam in Zellen ein und würde nach sublingualer Gabe in den äußeren Zellen der Mundschleimhaut verweilen. Um die rasche sublinguale Aufnahme zu ermöglichen, vermischen es die Forscher mit Protamin. Dieses Arginin-reiche Peptid fördert die Porenbildung in Zellmembranen und erlaubt so auch größeren Molekülen den Eintritt ins Zellinnere. 

Sublinguale und parenterale Applikation in Präklinik ähnlich wirksam

Im Tierversuch gelang es bereits, neben dem Peptid Insulin das Antidiabetikum Semaglutid und Proteine wie bovines Serumalbumin (BSA) und rekombinantes humanes Wachstumshormon (rhGH) einzuschleusen. Mit einer Größe von 150 kDa war das größte erfolgreich verabreichte Molekül ein IgG-Antikörper. Durch Konjugation von Protamin an ein Lipid bzw. ein zweites Protaminmolekül wurde die zelluläre Penetration weiter gesteigert. In Mäusen konnte mit einer sublingualen Gabe der Protamin-Insulin-Mischung eine ähnliche Wirkung erreicht werden wie mit der subkutanen Injektion von Insulin. Zudem erwies sich die wiederholte Anwendung der Protamin-Formulierung in den Tieren als gut verträglich. 

Sollte sich dies im Menschen bestätigen, könnte die Verabreichung von Arzneistoffen auf Peptid- und Proteinbasis deutlich einfacher werden. Wäre eine sublinguale Gabe statt einer Injektion möglich, dürfte sich dies besonders positiv auf die Compliance von Patienten auswirken.

Literatur

Wu J et al. Systemic delivery of proteins using novel peptides via the sublingual route. J Control Release 2024:368;290-302


Ulrich Schreiber, MSc Toxikologie, DAZ-Autor
redaktion@daz.online


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