Fachinformationen von Vaprino und Tiorfan aktualisiert

Wer Racecadotril bei Durchfall nicht anwenden darf

Stuttgart - 25.07.2024, 09:15 Uhr

Theoretisch ist Racecadotril auch in der Selbstmedikation von Kindern ab zwölf Jahren erlaubt, es gibt allerdings keine entsprechenden Präparate. (Foto: daviddelossan / AdobeStock)

Theoretisch ist Racecadotril auch in der Selbstmedikation von Kindern ab zwölf Jahren erlaubt, es gibt allerdings keine entsprechenden Präparate. (Foto: daviddelossan / AdobeStock)


Obwohl Racecadotril gegen Diarrhö auch in der Selbstmedikation eingesetzt werden kann, passiert es in Deutschland im Praxisalltag kaum. Wer es dennoch hin und wieder abgibt, sollte an das Risiko schwerwiegender kutaner Nebenwirkungen denken. Denn vor diesen wird neuerdings in den Fachinformationen gewarnt.

Das Antidiarrhoikum Racecadotril ist in der Selbstmedikation nur in dem Präparat Vaprino vertreten. Der Wirkstoff ist dann von der Verschreibungspflicht ausgenommen, wenn er maximal für drei Tage zur Anwendung kommt und bei Erwachsenen pro abgeteilter Darreichungsform nicht mehr als 100 mg Wirkstoff enthält. Eine Packung darf maximal 1000 mg enthalten.

Für Kinder ab zwölf Jahren unterliegt Racecadotril theoretisch zwar auch nicht der Verschreibungspflicht, allerdings nur, wenn der Wirkstoff in Konzentrationen von 30 mg je abgeteilter Form zur Herstellung einer Suspension gemeinsam mit oraler Rehydratation angewendet wird. Eine Packung darf dann maximal 540 mg Racecadotril  enthalten. Ein solches Präparat ist in der Selbstmedikation momentan nicht im Handel – Suspensionen können unter dem Handelsnamen Tiorfan aber auf Rezept erworben werden. 
Laut der aktuellen „S2k-Leitlinie Akute infektiöse Gastroenteritis im Säuglings-, Kindes- und Jugendalter“ kann Racecadotril bei akuter infektiöser Gastroenteritis (AGE) „insbesondere bei ausgeprägter Diarrhö erwogen werden“.

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Für Erwachsene empfiehlt die aktuelle „S2k-Leitlinie Gastrointestinale Infektionen“ Racecadotril kurzfristig für die symptomatische Therapie der Reisediarrhö, allerdings nur als Alternative zu Loperamid. 

Aufgrund der aktuellen Marktsituation und der Empfehlungen in den Leitlinien wandert Racecadotril wohl nicht allzu häufig über den HV-Tisch – so heißt es auch in der Leitlinie für Erwachsene:

„Racecadotril, welches nach oraler Gabe und hydrolytischer Spaltung zum Metaboliten Thiorphan aktiviert wird, ist ein Enkephalinase-Hemmer, der den Abbau körpereigener Enkephaline hemmt und eine Alternative zu Loperamid darstellt. Enkephaline hemmen über δ-Opiatrezeptoren die Sekretion von Wasser und Elektrolyten in das Darmlumen. In Studien war die klinische Wirksamkeit vergleichbar zu Loperamid, das Präparat wird in Reiseberichten empfohlen, in Deutschland aber weiterhin im Praxisalltag kaum eingesetzt.“ 

Wer es dennoch in der Apotheke in der Selbstmedikation hin und wieder empfiehlt, sollte beachten, dass kürzlich die Fachinformationen von Racecadotril um einige Sicherheitshinweise ergänzt werden mussten.

Racecadotril sofort absetzen, wenn ...

So wird neuerdings vor schwerwiegenden kutanen Nebenwirkungen (SCAR) – einschließlich Arzneimittelreaktionen mit Eosinophilie und systemischen Symptomen (DRESS) – gewarnt. Diese können tödlich enden. Treten entsprechende Anzeichen auf, muss Racecadotril sofort abgesetzt werden und darf in Zukunft nicht wieder angewendet werden. 

  • Großflächiger Hautausschlag,
  • hohe Körpertemperatur und
  • vergrößerte Lymphknoten sind Anzeichen für das DRESS-Syndrom.

Wörtlich soll in den Packungsbeilagen nun der Hinweis stehen:

„Racecadotril darf NICHT eingenommen werden:

Wenn Sie jemals nach der Einnahme von Racecadotril einen schweren Hautausschlag oder Hautabschälung, Blasenbildung und/oder wunde Stellen im Mund entwickelt haben.“

Auch der anaphylaktische Schock wird neu als mögliche Nebenwirkung gelistet. 

In den vergangenen Jahren sind immer wieder schwere Hautreaktionen neu in die Fachinformationen verschiedener gängiger Arzneimittel aufgenommen worden.

Weitere Gegenanzeigen, die beispielsweise in der Fachinformation von Vaprino gelistet sind, lauten unter anderem: 

  • „Vaprino Gegen akuten Durchfall darf nicht angewendet werden bei Durchfällen, die mit Fieber und/oder blutigem oder schleimigem (eitrigem) Stuhl einhergehen, da diese auf das Vorliegen invasiver Bakterien oder anderer schwerer Erkrankungen hinweisen. In diesen Fällen sollte ein Arzt aufgesucht werden.
  • Vaprino Gegen akuten Durchfall darf nicht angewendet werden bei Durchfällen, die während oder nach der Einnahme von Antibiotika auftreten (pseudomembranöse Colitis).
  • Chronische Durchfallerkrankungen dürfen nur nach ärztlicher Verordnung mit Vaprino Gegen akuten Durchfall behandelt werden.“

Deutsche Apotheker Zeitung / dm
redaktion@daz.online


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