Erhöhtes Risiko für seborrhoische Dermatitis beim Säugling

Antibiose der Mutter beeinflusst Haut des Kindes

30.07.2024, 09:15 Uhr

Bei Säuglingen wird die seborrhoische Dermatitis auch Kopfgneis genannt. (Foto: Olekond / AdobeStock)

Bei Säuglingen wird die seborrhoische Dermatitis auch Kopfgneis genannt. (Foto: Olekond / AdobeStock)


Auf der Jahrestagung der Society for Investigative Dermatology 2024 in Dallas, Texas, stellten Forscher neue Resultate zur Entstehung des seborrhoischen Ekzems vor. Die Ergebnisse einer großen Datenanalyse verdeutlichen, dass die Einnahme von Antibiotika während der Schwangerschaft eine seborrhoische Dermatitis (SD) beim Säugling begünstigen kann. Für eine Entstehung im späteren Kindesalter konnte dagegen kein Zusammenhang nachgewiesen werden.

Die Pathogenese der seborrhoischen Dermatitis ist weitgehend ungeklärt. Die Assistenzprofessorin für Dermatologie der Universität Pennsylvania, Dr. Zelma C. Chiesa Fuxench, erklärte in einem Interview, dass man bei der Entstehung der seborrhoischen Dermatitis von einem Zusammenspiel mehrerer Faktoren ausgeht. Ähnlich wie bei der atopischen Dermatitis (AD), die ebenfalls einen chronisch-­rezidivierenden Verlauf haben kann, spielen Genetik, eine Dysregulation des Immunsystems und eine Veränderung in der Lipidzusammensetzung und des Mikrobioms der Haut eine Rolle. 

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Die Arbeitsgruppe um Fuxench untersuchte in einer umfangreichen Analyse den Zusammenhang einer maternalen Antibiotikaexposition mit der Entwicklung einer seborrhoischen Dermatitis beim Kind. In einer früheren Studie wiesen die Wissenschaftler bereits nach, dass bei Exposition gegenüber Antibiotika im Uterus und in den ersten 90 Lebenstagen das Risiko erhöht ist, an einer atopischen Dermatitis zu erkranken [2].

Seborrhoisches Ekzem

Die seborrhoische Dermatitis (SD), auch seborrhoisches Ekzem genannt, ist eine entzündliche Hauterkrankung, bei der es zur vermehrten Talgproduktion bis hin zur Bildung gelber, weicher, fettiger Schuppen kommt.

Bei Säuglingen wird die seborrhoische Dermatitis auch Kopfgneis genannt (nicht zu verwechseln mit Milchschorf als Vorläufer der atopischen Dermatitis) und verläuft meist selbstlimitierend. Bei Erwachsenen kann sie chronisch sein.

Die Daten der aktuellen Studie stammten aus einer großen Datenbank zu medizinischen Aufzeichnungen des Vereinigten Königreichs. Es wurde eine prospektive Kohortenstudie von Mutter-Kind-Paaren durchgeführt, um das Risiko einer SD-Entwicklung beim Kind in Zusammenhang mit einer Antibiose der Mutter während der Schwangerschaft zu ermitteln.

Risiko unabhängig von der Art des Antibiotikums

Die Studienpopulation beinhaltete Daten von 1.023.140 Kindern sowie die mit ihnen verknüpften maternalen Daten. Insgesamt wurden die Kinder durchschnittlich 10,2 Jahre lang nach der Geburt beobachtet. Das Durchschnittsalter der Mütter betrug zu Beginn der Studie 28 Jahre, wovon 3% unter seborrhoischer Dermatitis und 14% unter atopischer Dermatitis litten. Mütter mit seborrhoischer Dermatitis erhielten häufiger ein Antibiotikum während der Schwangerschaft im Vergleich zu Müttern ohne SD (Odds Ratio [OR] = 1,42; 95%-Konfidenzintervall [KI] = 1,39 bis 1,46). Das Risiko für eine infantile seborrhoische Dermatitis war bei intrauteriner Exposition gegenüber jeglichem Antibiotikum erhöht (OR = 1,70; 95%-KI = 1,65 bis 1,76), für eine seborrhoische Dermatitis im späteren Kindesalter konnte kein erhöhtes Risiko ermittelt werden (OR = 1,26; 95%-KI = 1,20 bis 1,32).

Erkrankung der Mutter beeinflusst das Risiko nicht

Der Effekt änderte sich auch nicht, wenn Mütter mit seborrhoischer Dermatitis und ihre Kinder von der Analyse ausgeschlossen wurden. Eine Analyse ausschließlich mit Penicillin zeigte gleiche Auswirkungen. Der Zeitpunkt der Schwangerschaft, zu dem das Antibiotikum ge­geben wurde, beeinflusste die Ergebnisse ebenfalls nicht.

Zusammengefasst erhöht eine In-utero-Exposition gegenüber Antibiotika das Risiko einer infantilen seborrhoischen Dermatitis, unabhängig davon, ob die Mutter selbst daran leidet oder nicht. Einen Zusammenhang mit einer seborrhoischen Dermatitis, die sich erst im Kindesalter manifestiert, konnten die Forscher nicht nachweisen. Die Autoren schlussfolgerten, dass die Antibiotikaexposition im Uterus, besonders durch Penicillin, eine große Auswirkung auf die Besiedelung des Hautmikrobioms beim Neugeborenen hat und die Entstehung einer seborrhoischen Dermatitis im Säuglingsalter fördern kann. Somit könnte es unterschiedliche Risikofaktoren für die infantile seborrhoische Dermatitis und für eine Dermatitis, die sich im späteren Kindesalter manifestiert, geben.

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Literatur

[1] Brunk D. Antibiotics in Pregnancy Linked to Increased Risk for Infantile Seborrheic Dermatitis. Kongressbericht. Medscape Medical News, 31. Mai 2024

[2] Fuxench ZC et al. In utero or early-in-life exposure to antibiotics and the risk of childhood atopic dermatitis, a population-based cohort study. Br J Dermatol 2024;191(1):58-64, doi: 10.1093/bjd/ljad428


Sophie Schrade, Apothekerin, DAZ-Autorin
redaktion@daz.online


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