THC-Grenzwert im Straßenverkehr

Wann dürfen Cannabis-Nutzer Auto fahren?

Berlin - 20.08.2024, 15:15 Uhr

Durch eine Gesetzesänderung sollen Cannabis-Nutzer*innen zukünftig weniger Sanktionen im Straßenverkehr befürchten und Behörden entlastet werden. (Foto: IMAGO / Panama Pictures)

Durch eine Gesetzesänderung sollen Cannabis-Nutzer*innen zukünftig weniger Sanktionen im Straßenverkehr befürchten und Behörden entlastet werden. (Foto: IMAGO / Panama Pictures)


Nach der Teillegalisierung von Genuss-Cannabis im April soll nun mit einer Novellierung der Straßenverkehrsordnung auch die Teilnahme von Cannabis-Nutzer*innen am Straßenverkehr erleichtert werden – was nicht zuletzt auch die Ermittlungsbehörden entlasten soll. Der Verband der Cannabis versorgenden Apotheken sieht jedoch in der Neuregelung keine grundlegenden Verbesserungen für seine Patient*innen.

Am vergangenen Freitag hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) eine Gesetzesänderung ausgefertigt, die den zugelassenen Grenzwert von Tetrahydrocannabinol (THC) für Straßenverkehrsteilnehmer*innen erhöht. Mit der Verkündung im Bundesgesetzblatt tritt die Änderung am kommenden Donnerstag in Kraft. Dadurch sollen sich die Hürden für Cannabis-Nutzer*innen bei der Teilnahme am Straßenverkehr senken. Zudem sollen übermäßige Verfahrensaufwände für die Ermittlungsbehörden vermieden werden, die sich in Folge der Legalisierung häufen könnten.

Bereits Anfang Juni hatte der Bundestag der Gesetzesänderung zugestimmt, die einen Grenzwert von 3,5 ng/ml THC im Blutserum festlegt. Unterhalb dieses Wertes gilt man demnach als fahrtüchtig. Darüber drohen jedoch Geldstrafen und Fahrverbote.

VCA sieht keine Verbesserung für Patient*innen

Gibt es für Patient*innen, die Medizinalcannabis therapeutisch anwenden und Genusskonsument*innen nach der Teillegalisierung im vergangenen April nun auch verlässliche rechtliche Grundlagen für die Teilnahme am Straßenverkehr? Ab wann können sie davon ausgehen, fahrtüchtig zu sein? Christiane Neubaur, Geschäftsführerin des Verbands der Cannabis versorgenden Apotheken (VCA), machte gegenüber der DAZ deutlich, dass auch die Anhebung des THC-Grenzwertes keinen gesicherten rechtlichen Rahmen für die Teilnahme von Konsument*innen am Straßenverkehr liefert.

Dadurch, dass sich der Wirkstoff in das Fettgewebe einlagert, sei er sehr lange nachweisbar. Neubaur zufolge würden Dauerkonsument*innen. Jedoch sei hier kein klarer Zusammenhang zur Fahruntüchtigkeit herzustellen, machte Neubaur deutlich. Es sei davon auszugehen, dass Menschen, die täglich auch nur kleinere Mengen Cannabis konsumieren, dauerhaft als fahruntüchtig gelten und als Straßenverkehrsteilnehmer*innen Sanktionen zu befürchten haben. 

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Bei Gelegenheitskonsument*innen sei es stark von der körperlichen Konstitution sowie der Stärke des eingenommenen Cannabis-Produkts abhängig, wie lange es dauert, bis der Grenzwert wieder unterschritten wird. Zeitliche Richtwerte seien beim THC-Abbau wenig verlässlich. Zudem sind nach Aussage von Neubaur bisher auch keine geeigneten Möglichkeiten zur Selbsttestung vorhanden. Es sei also auch im Rahmen der Neuregelungen „unglaublich schwer“ zu ermitteln, wann man in Verbindung mit Cannabis als fahrtüchtig gilt.

Kein Freifahrtschein für Online-Rezept-Portale

Mit Blick auf die boomenden „Cannabis-Telekliniken“, welche ein florierendes Geschäft mit Online-Rezepten für Medizinal-Cannabis betreiben, machte Neubaur klar, dass hier keine Freifahrtscheine für den Straßenverkehr erteilt werden. Oft würden die Anbieter damit werben, dass man mit dem ausgestellten Rezept für Medizinal-Cannabis auch für die Teilnahme am Straßenverkehr rechtlich abgesichert sei. Dies sei jedoch keineswegs der Fall. Werden Autofahrer*innen unter Einfluss von Cannabis auffällig im Straßenverkehr oder sind sie an Unfällen beteiligt, schützt auch ein Rezept für die medizinische Nutzung nicht vor Sanktionen.

Neue Strafen

Mit Erreichen des THC-Grenzwertes im Straßenverkehr wird eine Strafe von 500 Euro fällig, sowie ein Monat Fahrverbot. Zudem sieht die Gesetzesänderung ein generelles Cannabis-Verbot für Fahranfänger in der Probezeit vor. Außerdem dürfen Alkohol und THC nicht gleichzeitig vor Fahrtantritt konsumiert worden sein – beziehungsweise dürfen sie in einer Verkehrskontrolle nicht gleichzeitig nachgewiesen werden. Andernfalls droht ein Bußgeld von 1000 Euro. 

Ein Entzug der Fahrerlaubnis aufgrund von Cannabis-Konsum ist nach Aussage des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) zukünftig nur noch zulässig, wenn „Cannabis-Abhängigkeit oder -missbrauch“ nachweisbar sind. Das sei der Fall, „wenn die Betroffenen nicht zwischen dem Führen eines Fahrzeugs und einem die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Konsum hinreichend sicher trennen können“.


Michael Zantke, Redakteur, DAZ
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Nutzloser Grenzwert

von Stefan Haydn am 22.08.2024 um 9:25 Uhr

Korrekt, der Grenzwert ist nutzlos. Den ADAC hat die Fahrtüchtigkeit ja interessiert und selbst 20 Stunden nach Unterschreitung des Grenzwertes waren manche nicht zur Teilnahme am Straßenverkehr geeignet.
Also bleibt in letzter Konsequenz nur: Konsum von Cannabis, 24 Stunden Fahruntauglichkeit.

Das wird aber sicher nicht passieren, also wird der Straßenverkehr noch spaßiger, als aktuell schon gegeben.

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