Infektionen stehen an erster Stelle

Tödliche Komplikationen unter CAR-T-Zelltherapie

30.08.2024, 09:15 Uhr

Patienten, die eine CAR-T-Zelltherapie erhalten, haben die Chance, ihren Tumor zu besiegen. Gleichzeitig leiden einige unter schweren Nebenwirkungen. (Foto: Rido / AdobeStock)

Patienten, die eine CAR-T-Zelltherapie erhalten, haben die Chance, ihren Tumor zu besiegen. Gleichzeitig leiden einige unter schweren Nebenwirkungen. (Foto: Rido / AdobeStock)


In einer Metaanalyse haben Forscher untersucht, welche letalen Nebenwirkungen unter einer CAR-T-Zelltherapie auftreten. Die Er­gebnisse waren überraschend: An ­erster Stelle stehen Infektionen und nicht wie bislang angenommen Zytokinstürme oder schwere neurologische Symptome. Das unterstreicht die Bedeutung einer Infektionsprävention und -therapie.

Unter einer CAR-T-Zelltherapie werden als Nebenwirkungen und einer damit verbundenen Sterblichkeit vornehmlich ein Zytokin-Freisetzungssyndrom und neurologische Komplikationen, sogenanntes Immuneffektorzell-assoziiertes Neurotoxizitätssyndrom, aufgeführt [1]. Infektionen werden hier nicht vorrangig erwähnt.

Um die Ursachen der Sterblichkeit unter einer CAR-T-Zelltherapie besser abzuklären, führte ein internationales Team unter Federführung des LMU Klinikums München eine Metaanalyse auf der Basis von 46 Studien durch [2, 3].

In dieser konnten die Daten von über 7600 Patienten ausgewertet werden, die aufgrund von Lymphomen oder eines multiplen Myeloms eine CAR-T-Zelltherapie erhalten hatten.

Überraschende Ergebnisse

Angewendet wurden alle in der EU zugelassenen Präparate, das heißt Tisagenlecleucel (Kymriah®), Axicabtagen ciloleucel (Yescarta®), Brexucabtagen autoleucel (Tecartus®), Lisocabtagen maraleucel (Breyanzi®), Idecabtagen vicleucel (Abecma®) und Ciltacabtagen autoleucel (Carvykti®). Von 574 Todesfällen, die nicht mit dem Rückfall der behandelten Tumorerkrankung assoziiert waren, war über die Hälfte der Todesfälle (50,9%) auf Infektionen zurückzuführen (s. Abb. 2). Der Erreger wurde in rund zwei Dritteln der Fälle nicht spezifiziert. Die zweithäufigste Todesursache (7,8%) waren sekundäre Tumore (meist myelodysplastisches Syndrom oder akute myeloische Leukämie). 7,3% der Todesfälle waren auf schwere Herz-Kreislauf- oder Lungenerkrankungen und 11,5% auf typische Nebenwirkungen einer CAR-T-Zelltherapie wie dem Zytokin-Freisetzungssyndrom oder schwere neurologische Symptome zurückzuführen.

Abb. 2: Ursachen der Mortalität nach einer CAR-T-Zelltherapie, die nicht auf einen Relapse zurückzuführen war, CVR: Herz-Kreislauf- oder Lungenerkrankungen, ICANS: Immuneffektorzell-assoziiertes Neurotoxizitätssyndrom, CRS: Zytokin-Freisetzungssyndrom, HLH: hämophagozytische Lymphohistiozytose (nach [1])

Die Sterblichkeit wurde auch von der zugrundeliegenden Tumorerkrankung bestimmt. Sie war am höchsten bei Mantelzelllymphomen (10,6%), gefolgt von multiplen Myelomen (8%), großzelligen B-Zell-Lymphomen (6,1%) und indolenten Lymphomen (5,7%).

Die Analyse führte zu einem weiteren überraschenden Ergebnis: Die Mortalitätsrate wurde auch von der Art des CAR-T-Zell-Produkts beeinflusst, das heißt sie unterschied sich bei Präparaten verschiedener Hersteller. Diese Aussage muss den Studienautoren zufolge relativiert werden, denn um zu zeigen, dass ein spezifisches Produkt ein höheres Risiko für eine tödliche Nebenwirkung verursacht, wäre eine randomisierte verblindete Studie notwendig gewesen.

Risiko Sekundär­tumore

Mitte Juli 2024 erschien ein Rote-Hand-Brief zum Risiko von sekundären Malignomen mit T-Zell-Ursprung. Patientinnen und Patienten unter CAR-T-Zelltherapie sollen lebenslang auf sekundäre Malignome überwacht werden. Von weltweit etwa 42.500 behandelten Patientinnen und Patienten waren der EMA 38 Fälle von T-Zell-Malignomen gemeldet worden. Diese traten innerhalb von Wochen bis zu mehreren Jahren nach der Verabreichung auf [4].

Erhöhtes Risiko für Zweitmalignome?

Die Sterblichkeit aufgrund eines Sekundärtumors wurde in der Metaanalyse mit knapp 8% angegeben. Den Studienautoren zufolge ist es eher unwahrscheinlich, dass diese durch die CAR-T-Zelltherapie ausgelöst wurden, da alle Patienten im Vorfeld mehrere Tumortherapien erhalten hatten, die ebenfalls Krebs auslösen können. Des Weiteren sind Myelom- und Lymphompatienten meist älter, haben also per se ein höheres Krebsrisiko.

Literatur

[1] Bücklein VL et a. CAR-T Zellen: Management von Nebenwirkungen. Onkopedia Leitlinie, www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/car-t-zellen-management-von-nebenwirkungen/@@guideline/html/index.html, Stand Juni 2020

[2] Cordas dos Santos DM et al. A systematic review and meta-analysis of nonrelapse mortality after CAR T cell therapy. Nat Med 2024, https://doi.org/10.1038/s41591-024-03084-6.

[3] CAR-T: Infektionen sind häufigste schwere Komplikation. Pressemitteilung des LMU Klinikum München vom 8. Juli 2024, www.lmu-klinikum.de/aktuelles/pressemitteilungen/car-t-infektionen-sind-haufigste-schwere-komplikation/b097c5083f5b3cfb

[4] Rote-Hand-Brief: CAR-T-Zelltherapien (Abecma, Breyanzi, Carvykti, Kymriah, Tecartus, Yescarta) vom 28. Juli 2024


Dr. Petra Jungmayr, Apothekerin
redaktion@daz.online


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