Asthma und Co

Tipps gegen Atemnot

Stuttgart - 02.09.2024, 07:00 Uhr

Der Kutschersitz oder die Atmungshand können bei Atemnot helfen. Vor allem wichtig: Keine Panik! (Foto: Maridav / AdobeStock)

Der Kutschersitz oder die Atmungshand können bei Atemnot helfen. Vor allem wichtig: Keine Panik! (Foto: Maridav / AdobeStock)


Atemnot kann durch verschiedene Erkrankungen wie Asthma ausgelöst werden und wird als lebens­bedrohlich empfunden. An erster Stelle steht die kausale Therapie gefolgt von bronchienerweiternden, entzündungshemmenden oder beruhigenden Arzneimitteln gegen die Symptome. Aber wie können die Betroffenen selbst mit der Situation umgehen?

Die gesunde, normale Atmung mit ca. 16 Atemzügen pro Minute erfolgt unterbewusst und wird durch die Atmungszentren im zentralen Nervensystem gesteuert. Atemnot entsteht unter anderem bei Personen, die hyperventilieren. Sie atmen in kurzer Zeit hohe Mengen an CO2 ab, ohne dass dabei vermehrt Sauerstoff ins Blut auf­genommen wird. 

Der gesenkte Kohlenstoffdioxid(CO2)-Partialdruck (Hypokapnie), sowie ein sinkender pH-Wert des arteriellen Blutes führen zu einer erhöhten Atemfrequenz. Aber auch andere Reize (z. B. Schmerz, Temperatur, Angst) können die Atem­frequenz steigern und das Atmen wird schneller und flacher. Ein Teufelskreis entwickelt sich: je mehr Belastung, Angst und Atemnot auftreten, desto kurzatmiger wird die betroffene Person.

Was steckt hinter Atemnot?

Atemnot kann auch in der Folge verschiedener Erkrankungen entstehen, darunter chronisch obstruk­tive Lungenerkrankung (COPD), Asthma bronchiale, Lungenemphysem, Herzerkrankungen, neurologische Erkrankungen (amyotrophe Lateralsklerose) oder Tumoren. Bei diesen Zuständen kann es dazu kommen, dass die Patienten nicht ausreichend CO2 ausatmen, was zu einem erhöhten CO2-Partialdruck (Hyper­kapnie) im Blut führt. Um diesen erhöhten CO₂-Spiegel auszugleichen, wird die Atmung tiefer und schneller. Seltener löst ein Sauerstoffmangel (Hypoxie) die Symptome aus.

Der Überbegriff Dyspnoe (Kurzatmigkeit) fasst verschiedene subjektive Erfahrungen zusammen, wie ein Gefühl des Erstickens oder anstrengendes Atmen. Solche Symptome können sich über Stunden oder Tage entwickeln und werden als akut bezeichnet. Eine schnell eintretende Atemnot kann auf ernsthafte und lebensbedrohliche Erkrankungen wie eine Lungenembolie hinweisen.

Halten die Symptome länger als vier Wochen an, wird von einem chronischen Zustand gesprochen. Dies kann bei COPD der Fall sein, bei der eine persistierende Entzündung zu einer Zerstörung des Lungengewebes und zu einer dauerhaften Obstruktion führt.

Bei der Diagnostik hilft es, die Symptome des Patienten genauer zu kategorisieren:

  • akut vs. chronisch
  • in Ruhe vs. bei Anstrengung
  • Körperposition (aufrecht vs. liegend)
  • Grunderkrankung
Abb. Beim Kutschersitz werden die Unterarme auf den Oberschenkeln abgestützt, um die Last der Arme auf den Rippen zu reduzieren.

Therapeutische Möglichkeiten bei Atemnot

Die adäquate Therapie zielt darauf ab, Atemnot zu kontrollieren und eine Balance zwischen Aktivität und Entspannung zu finden. Die Grund­erkrankung ist pharmakologisch zu therapieren. Zusätzlich können Sym­ptome mit inhalativen Spasmolytika und Glucocorticoiden behandelt werden. Bei Bedarf werden Benzodiaz­epine zur Beruhigung und Opioide zur Senkung der Atemfrequenz ein­gesetzt. Eine Hypoxie kann mittels Sauerstoffgabe gemildert werden. Darüber hinaus gibt es sehr viele Techniken für die Betroffenen, mit der Atemnot umzugehen.

Die Atmung kontrollieren

Eine Atemtechnik, die bei hyperventilierenden Personen helfen kann, ist die Lippenbremse, bei der durch die Nase eingeatmet und durch die locker zugespitzten Lippen ausgeatmet wird. Dabei wird ein bronchialer Luftdruck erzeugt, welcher die Atemwege länger öffnet, sodass die Luft besser ausströmen kann. Bei Atemnot nach körper­licher Aktivität kann es helfen, die Unterarme abzustützen. Entweder im Sitzen wie beim Kutschersitz auf die Oberschenkel (s. Abb.), im Stehen gegen eine Wand (Wandstütz) oder mit leicht nach vorne gebeugtem Oberkörper an eine Stuhllehne (Geländerstütze). Bei diesen Körperpositionen lastet das Gewicht der Arme nicht auf den Rippen. Ein aufrechter Körper im Sitzen mit gefalteten Händen im Nacken (Strecksitz) oder der Reitsitz, bei dem man rücklings auf einem Stuhl sitzt und seine Unterarme auf der Rückenlehne abstützt, können ebenfalls helfen. Leiden Betroffene in der Ruhe unter Atemnot, erleichtern bestimmte Positionen die Atmung: im Sitzen am Tisch oder im Liegen auf der Seite mit hochgelagertem Oberkörper und an­gewinkelten Beinen.

Zusätzlich kann durch einen Strohhalm ausgeatmet werden, um die Atemwege offen zu halten.

Bloß keine Panik

Bei chronischen Erkrankungen, die Atemnot verursachen, lassen sich Strategien erlernen, um besser mit der Situation umzugehen. Dabei ist es besonders wichtig, Ruhe zu bewahren. Dies gilt auch für Angehörige, deren eigene Panik sich auf die kurzatmige Person übertragen kann. Entspannungstechniken wie autogenes Training, Achtsamkeit, Musik hören, Lesen sowie eine psychotherapeutische Gesprächstherapie können für emotionales Wohlbefinden sorgen.

Atmungshand

Die eigene Hand kann als Hilfsmittel dienen, um die Atmung bewusst zu kontrollieren und zu beruhigen (nach [Emery HA]):

  • Hand vor sich halten
  • mit dem Zeigefinger der Kontur der anderen Hand folgen
  • tief einatmen, während der Zeigefinger langsam von der Hand­innenfläche weg bewegt wird
  • ausatmen, während Finger in Richtung Fingerzwischenraum wandert
  • Technik solange fortfahren, bis alle Finger erreicht sind
Die Atmungshand

Eine gute Empfehlung ist es, ein eigenes Ritual bei Atemnot zu ent­wickeln, wie ein Gedicht, festgelegten Spruch vorzusagen oder die Atmungshand anzuwenden (s. Kasten „Atmungshand“). Mit dazu gehört, das häusliche Umfeld und den Alltag zu planen:

  • in der Wohnung sollen Schränke zum Abstützen stehen
  • Wichtiges in Griffnähe halten
  • Hausnotruf installieren
  • Mahlzeiten in mehrere kleinen Portionen aufteilen
  • Nahrung soll weder trocken noch schwer zu kauen sein
  • am besten in kleinen Schlucken trinken oder auch Trinknahrung verwenden
  • auf eine gute Mund- und Lippen­hygiene achten

Beim Schlafen kann es bei Herzinsuffizienz helfen, den Oberkörper hochzulagern und die allgemeinen Tipps zur Schlafhygiene zu beherzigen.

Hilfsmittel wie Rollator, Rollstuhl, Greifer, Verlängerungen oder Anziehhilfen können den Alltag deutlich erleichtern und somit die Atemnot verringern. Zusätzlich ist es ratsam, feste Zeiten für Bewegung und Ruhephasen einzuplanen. Es sollte ver­mieden werden, zwei anstrengende Tätigkeiten gleichzeitig auszuführen oder währenddessen zu sprechen. Lockere Kleidung und gut belüftete Räume sind ebenfalls wichtig. Ein Handventilator, der in einem Abstand von etwa 15 cm vor Mund und Nase gehalten wird, kann das Gesicht angenehm kühlen. Warme Brustwickel, Einreibungen oder Massagen wirken wohltuend. Allerdings ist es besser, reizende Aromen wie Menthol zu vermeiden.

Schließlich fördert Bewegung die Lebensqualität bei manchen Lungen­erkrankungen. Sowohl die Nationale Versorgungsleitlinie zu „Asthma“ als auch zu „COPD“ empfehlen allen Patienten körperliche Aktivität im Alltag und Training.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass kurzatmige Personen zahlreiche Möglichkeiten haben, ihre Situation neben der Behandlung der Grund­erkrankung aktiv zu verbessern. Apotheker und Apothekerinnen können dabei eine wichtige Rolle spielen, indem sie dazu ermutigen, verschiedene Hilfen auszuprobieren und regelmäßig zu trainieren. Auf diese Weise lässt sich die Atemnot besser kontrollieren, und die Patienten und Patientinnen bleiben so selbstständig und aktiv wie möglich. 

Literatur

Amyotrophe Lateralsklerose. Wenn die Bewegung stirbt. Informationen des Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e.V. (DZNE), www.dzne.de/aktuelles/hintergrund/amyotrophe-lateralsklerose-als/#:~:text=Die%20Amyotrophe%20Lateralsklerose%2C%20kurz%20ALS,Behandlung%20kann%20den%20Verlauf%20verz%C3%B6gern

Atemnot: Ursachen, Symptome, Linderung. Informationen des Centrums für integrierte Onkologie Köln (CIO), Stand: 19. August 2021, https://cio.uk-koeln.de/informationenkontakt/infomaterial-downloads/

Bausewein C, Simon S, Booth S, Weise S. Umgang mit Atemnot bei chronischer Erkrankung. Ratgeber Atemnot. 2. Auflage 2022. www.lmu-klinikum.de/palliativmedizin/forschung-und-lehre/forschung/atemnot/e357d6c4310e84e5

Berliner D, Schneider N, Welter T, Bauersachs J. The Differential Diagnosis of Dyspnea. Dtsch Arztebl Int 2016,113:834-45 DOI: 10.3238/arztebl.2016.0834

Emery HA. Physiotherapie bei Atemnot: Stellenwert und Umsetzung in der Praxis, Stand: 2016, www.rosenfluh.ch/media/arsmedici/2016/03/Physiotherapie-bei-Atemnot.pdf

Geisslinger G, Menzel S, Gudermann T et al. Mutschler Arzneimittelwirkungen. Pharmakologie, Klinische Pharmakologie, Toxikologie. 11. Auflage 2020, S. 507-510

Heister E, Simon A et al., Nationale Versorgungsleitlinie. COPD. 2. Auflage, Version 1, 2021, AWMF-Register-Nr. nvl-003

Leitlinien der DGP Sektion Pflege: Atemnot in der letzten Lebensphase. Informationen der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin e. V., Stand: Juni 2014

Physiotherapeuten mit Spezialisierung Atemphysiotherapie. Informationen der Deutschen Atemwegsliga e.V., www.atemwegsliga.de/physiotherapeuten.html

Schulz M, Martin E et al. Nationale Versorgungsleitlinie. Asthma. 4. Auflage 2020, AWMF-Register-Nr.: nvl-002


Jutta Hupfer, Apothekerin, MScPH


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