Immuntherapie + Olaparib zeigt Benefit bei häufiger Subgruppe

Neue Optionen beim Endometrium­karzinom

19.09.2024, 13:15 Uhr

Die Standardbehandlung eines Endometriumkarzinoms ist die vollständige operative Entfernung der Gebärmutter. (Foto: rob3000 / AdobeStock)

Die Standardbehandlung eines Endometriumkarzinoms ist die vollständige operative Entfernung der Gebärmutter. (Foto: rob3000 / AdobeStock)


Die Autoren der aktualisierten S3-Leitlinie zum Gebärmutterkar­zinom weisen darauf hin, dass eine Immuntherapie bei bestimmten Subtypen eines Endometriumkarzinoms wirksam ist. Darüber hinaus konnte in einer aktuellen Studie zum ersten Mal gezeigt werden, dass mit der zusätzlichen Gabe von Olaparib eine weitere Prognoseverbesserung für bestimmte Patientinnen erreicht werden kann.

Die Standardbehandlung eines Endometriumkarzinoms ist die vollständige operative Entfernung der Gebärmutter. Je nach Tumorstadium ergänzen eine Strahlen- oder Chemotherapie die Behandlung, letztere vor allem, wenn ein hohes Rezidivrisiko besteht. Für Patientinnen mit einem Rezidiv oder fortgeschrittener Erkrankung können Immuntherapien infrage kommen, wenn ein bestimmter molekularer Subtyp vorliegt – und zwar bei Mikro­satelliten-instabilem/mismatch-repair-defizientem (MSI-H/dMMR) Tumorgewebe (s. Kasten „Subtypen und Begriffe beim Endometriumkarzinom erklärt“). Diese Empfehlung findet sich in der aktualisierten 3. Version der Leitlinie zum Endometriumkarzinom. 

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Die S3-Leitlinie schlägt bei rezidiviertem oder primär fortgeschrittenem Endometriumkarzinom mit MSI-H/dMMR nach einer Vorbehandlung mit einer platinbasierten Chemotherapie eine Immuntherapie mit Dostarlimab oder mit Pembrolizumab vor. Dies hat folgenden Hintergrund: Das Endome­triumkarzinom und insbesondere die MSI-H/dMMR-Varianten sind „mutationsfreudige“ Tumore mit vermehrter Expression von Antigenen, wodurch sie eine Angriffsfläche für immuntherapeutische Ansätze und insbesondere für Immuncheckpoint-Inhibitoren bieten. Rund 13% bis 30% der Rezidive eines Endometriumkarzinoms zeigen eine Mismatch-Reparatur-Defizienz und/oder eine Mikrosatelliteninstabilität. Ein funktionsfähiges Mismatch-Reparatursystem (pMMR) liegt hingegen bei 75% vor.

Subtypen und Begriffe beim Endometriumkarzinom erklärt

  • Mikrosatelliten sind über das humane Genom verteilte repetitive DNA-Sequenzen, die zu Mutationen neigen. Eine Anhäufung von Mutationen in diesen Mikrosatelliten wird als hohe Mikrosatelliten­instabilität (MSI-H) bezeichnet.
  • Das DNA mismatch repair (MMR) ist ein Fehlerkorrektursystem, das spontane Mutationen und Doppelstrangbrüche während der DNA-Replikation identifiziert und repariert.
  • Ein Mangel an mismatch repair (deficient MMR, dMMR) führt dazu, dass Fehler bei der DNA-Replikation nicht korrigiert werden können, was zu einem erhöhten Krebsrisiko führt. Die Mismatch-Reparatur-Defizienz ist ein wichtiger Faktor in der Onkogenese einiger maligner Tumoren. Ein dMMR liegt bei rund 25% der fortgeschrittenen Endometriumkarzinome vor. Die Bezeichnungen dMMR und MSI-H beschreiben dabei denselben Biomarker, der häufig die Doppelbezeichnung „dMMR/MSI-H“ trägt.
  • Beim profizienten mismatch repair (pMMR) liegt ein profizientes, d. h. funktionsfähiges Mismatch-Reparatursystem mit keiner Mikrosatelliteninstabilität vor. Etwa 75% der Endometriumkarzinome gehören dieser Gruppe an.

Die Empfehlungen der S3-Leitlinie beruhen auf mehreren Studien mit Pembrolizumab oder Dostarlimab, in denen Ansprechraten zwischen rund 45% und über 50% sowie lang anhaltende Verläufe gezeigt wurden. Auch die Immuncheckpoint-Inhibitoren Avelumab und Durvalumab zeigten eine gute klinische Wirkung bei MSI-H/dMMR-rezidivierten Endometriumkarzinomen. Pembrolizumab, Dostar­limab (jeweils als Monotherapie) und die Kombination aus Pembrolizumab und Lenvatinib sind in dieser Indikation durch die EMA zugelassen.

Kombination aus Immuntherapie und Multikinase-Inhibitor

Da der Großteil der Endometriumkarzinom-Rezidive keine Mikrosatelliteninstabilität aufweist und sich in diesen Fällen eine Monotherapie mit einem Immuncheckpoint-Inhibitor als wenig wirksam erwiesen hat, wurden und werden neue Kombinationen getestet, so auch die Kombinationstherapie aus Pembrolizumab und dem oralen Multikinase-Inhibitor Lenvatinib. Diese Kombination erwies sich als wirksamer als eine alleinige Chemotherapie, war aber mit höheren Toxizitäten verbunden, insbesondere mit hohen Raten an Hypertonie und Diarrhö mit Gewichtsverlust. Ein neuer Therapieansatz ist die Gabe von Olaparib.

Neuer Therapieansatz mit Olaparib

Nachdem sich eine Immuntherapie insbesondere bei einer Erkrankung mit Mismatch-Repair-Defizienz (dMMR) als vielversprechend er­wiesen hatte, wurde ein erweiterter Therapieansatz – und zwar der erste dieser Art – untersucht. Es sollte überprüft werden, ob die Zugabe des Poly-ADP-Ribose-Polymerase-(PARP)-Inhibitors Olaparib die Behandlungsergebnisse verbessern kann. In der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten, multizentrischen Phase-III-Studie (DUO-E) wurde die Erstlinientherapie mit Durvalumab in Kombination mit einer Chemotherapie (Carboplatin und Paclitaxel), gefolgt von einer Durvalumab-Mono­therapie oder einer Erhaltungstherapie mit Durvalumab/Olaparib eingesetzt. Der duale primäre Endpunkt war das progressionsfreie Überleben oder Tod jedes Behandlungsarms im Vergleich zur Standardchemotherapie allein. An der Studie nahmen 718 Patientinnen teil, die an einem primär fortgeschrittenen oder rezidivierenden Endome­triumkarzinom erkrankt waren. Das Ergebnis für die gesamte Studien­population: Der Zusatz einer Immuntherapie (Durvalumab) zur Chemo­therapie war der alleinigen Chemo­therapie überlegen.

Zusatz von Olaparib punktet bei pMMR

Von besonderem Interesse waren die im Vorfeld festgelegten Subgruppenanalysen nach dem Mismatch-Reparatur(MMR)-Status.

  • Lag ein dMMR-Status vor, verringerte die Behandlung mit Durvalumab das Progressionsrisiko um 58% (HR: 0,42) im Vergleich zur Standard­chemotherapie. Die Immuntherapie war folglich wirksam. Der Zusatz von Olaparib hatte indes keinen zusätzlichen Einfluss (HR: 0,41).
  • Lag hingegen ein pMMR-Tumor­status vor, verringerte die Therapie mit Olaparib und Durvalumab das Progressions- oder Mortalitätsrisiko um 43% (HR: 0,57) im Vergleich zur Standardchemotherapie. Mit Durvalumab allein war es nur 23% (HR: 0,77).

Aufgrund dieser Ergebnisse wurden Durvalumab und Olaparib unlängst zur Therapie bestimmter Patientengruppen mit primär fortgeschrittenem oder rezidivierendem Endometriumkarzinom zugelassen: Durvalumab plus Chemotherapie als Erstlinien­therapie, gefolgt von Olaparib und Durvalumab, wurde bei Mismatch-Reparatur-profizientem (pMMR) Tumorstatus zugelassen, Durvalumab plus Chemotherapie, gefolgt von einer Durvalumab-Monotherapie, bei Mismatch-Reparatur-defizientem (dMMR) Tumorstatus. Laut Dave Fredrickson, Executive Vice President, Oncology Business Unit, AstraZeneca, ist die Kombination aus Immuntherapie und PARP-Inhibitor beim Endometriumkarzinom ein großer Fortschritt. Für Patientinnen mit dem häufigen pMMR-Status habe es bisher nur wenige Behandlungsmöglichkeiten gegeben.

Literatur

[1] Endometriumkarzinom. S3-Leitlinie der Deutschen Krebsgesellschaft e. V. (DKG) und der Stiftung Deutsche Krebshilfe (DKH), AWMF-Reg. Nr. 032 - 034OL, Stand: Juni 2024

[2] Westin SN et al. Durvalumab Plus Carboplatin/Paclitaxel Followed by Maintenance Durvalumab With or Without Olaparib as First-Line Treatment for Advanced Endometrial Cancer: The Phase III DUO-E Trial. J Clin Oncol 2024;42(3):283-299, doi: 10.1200/JCO.23.02132

[3] Pressemitteilung AstraZeneca GmbH vom 14.08.2024 „Kombination von Olaparib und Durvalumab in der EU für Patientinnen mit fortgeschrittenem oder rezidivierendem Endometriumkarzinom mit Mismatch-Reparatur-Profizienz zugelassen“


Dr. Petra Jungmayr, Apothekerin
redaktion@daz.online


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