Ein Fall: Übertragung durch Transplantation
Anfang 2004 erkrankten vier Patienten im Baylor University Medical Centre in Houston, Texas, nach einer Lebertransplantation nahezu gleichzeitig an einer Gehirnentzündung. Sie waren zunehmend verwirrt, entwickelten generalisierte Muskelkrämpfe und fielen nach einigen Tagen ins Koma. Da die vorangegangene Lebertransplantation mit Komplikationen verlaufen war, dachten die Ärzte zunächst, dass die neurologischen Symptome eine Folge der Organtransplantation sein könnten. Erst die Autopsie brachte Klarheit: In Gehirnschnitten ließen sich sogenannte Negri-Körperchen, die für mit Lyssa-Viren befallene Zellen charakteristisch sind, nachweisen.
Alle Patienten hatten bei der Transplantation ein Segment aus der Oberschenkelarterie eines Spenders erhalten. Der Spender war einige Monate zuvor von einer Fledermaus gebissen worden. Er war allerdings bei einem Unfall gestorben, bevor er tollwutverdächtige Symptome entwickelt hatte. Die Ärzte des Transplantationszentrums hatten die Oberschenkelarterie entnommen, sie in mehrere Stücke geteilt und die Segmente dann bei den Lebertransplantationen verwendet. Bei der virologischen Untersuchung eines Stücks der übrig gebliebenen Arterie wurde Lyssa-Virus nachgewiesen.
Bis dahin war man davon ausgegangen, dass sich das Tollwutvirus nur in Neuronen vermehren kann und durch Speichel übertragen wird. Die Fälle aus Houston zeigen jedoch, dass das Lyssa-Virus aus dem zentralen Nervensystem nicht nur in die Speicheldrüsen, sondern über das autonome Nervensystem auch in die Peripherie, in diesem Fall ein Blutgefäß des Beins, transportiert werden kann.
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