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Erfolgreiches Geschäftsjahr beim NARZ
Kritik an der Politik und viel Mühe mit dem E-Rezept
Bei der Mitgliederversammlung des Norddeutschen Apothekenrechenzentrums am Samstag wurde die Ertragslage für alle Firmenteile des Rechenzentrums als „außerordentlich gut“ beschrieben. Im Mittelpunkt der Arbeit steht das E-Rezept, das für Apotheken und Rechenzentren weiter viele Herausforderungen bietet, insbesondere bei Aufbewahrungsfristen und Retaxationen.
Zur diesjährigen Mitgliederversammlung des Norddeutschen Apothekenrechenzentrums (NARZ) endete die Amtszeit der Vorstandsmitglieder Dr. Peter Froese, Christine Lutter und Matthias Götzlaff turnusgemäß. Sie alle wurden bei der Versammlung am Samstag in Hamburg einstimmig für eine neue Amtszeit wiedergewählt. Froese leitete als stellvertretender NARZ-Vorsitzender anstelle des kurzfristig verhinderten Vorsitzenden Dr. Jörn Graue die Versammlung und trug Graues Bericht vor.
Neue Antworten für Hochpreiser nötig
In diesem Bericht heißt es, das Gesundheitswesen werde immer teurer und dysfunktionaler. Doch es nütze nichts, über alte und neue Brandmauern zu debattieren. Stattdessen fordert Graue in seinem Bericht: „Es muss ein schlüssiges Gegenkonzept entworfen werden, welches die inhärenten Probleme der derzeitigen Arzneimittelpreisverordnung beseitigt“. Ansätze zur möglichen Honorierung und zur Finanzierbarkeit der Hochpreiser seien bereits vorgetragen worden. „Es geht nicht darum, die Zahlungsfristen zu verschieben, sondern einen anderen auch für die Krankenkassen kostenneutralen Finanzierungsweg einzurichten“, heißt es in Graues Bericht, womit er auf seinen Vorschlag anspielt, den Gesundheitsfonds für die Zwischenfinanzierung der Hochpreiser zu nutzen, um Apotheken und Rechenzentren zu entlasten. Dabei dürfe eine Apotheke nur über jeweils ein Rechenzentrum abrechnen, um das austarierte Zahlungssystem nicht zu unterhöhlen, heißt es in Graues Bericht.
Langfristige Versäumnisse der Berufspolitik beklagt
Den Apotheken in Deutschland gehe es so schlecht wie nie, und die Probleme seien umfassender und multipler als früher, konstatiert der NARZ-Vorsitzende. Doch es sei „naiv und sogar grob fahrlässig“ gewesen, den Bundesgesundheitsminister vor dem vorigen Deutschen Apothekertag mit sechs Fragen zu konfrontieren. Die bereits zu erkennende Blockadehaltung sei damit nur verstärkt worden.
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Auch langfristig sieht Graue Versäumnisse. Die Apothekerorganisationen hätten zu lange auf eine kooperative Zukunft gesetzt und versäumt, einen anderen Umgang mit Politik und Krankenkassen zu entwickeln. Zu Beginn des Jahrhunderts wäre das noch möglich gewesen.
Mantra des Ministeriums: Ohne Systemveränderung keine bessere Honorierung
Die Positionierung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vor den jüngsten Landtagswahlen, Beitragserhöhungen für die Versicherten ins Auge zu fassen, kommentiert Graue so: „Masochistischer geht es ja wohl nicht, Arme Tante SPD.“ Zur Politik des Gesundheitsministeriums heißt es in Graues Bericht weiter: „Der Weg der Degradierung der Apotheken hin in eine Edeldrogerie und dann in eine Ecke der Warenhäuser wird so vorgezeichnet und vehement betrieben.“ Das Ministerium verfolge das Mantra „ohne Systemveränderung keine bessere Honorierung“, aber dem „ist alles entgegenzusetzen, was Beine hat“, mahnt der NARZ-Vorsitzende. Der „Leuchtturm FDP“ versende zwar „hin und wieder stotternde Lichtblicke“, die sich aber meist im Dunkel der Nacht verlieren würden, „um das zerstrittene Gemeinsame der Ampel nicht noch mehr zu belasten“. Zur Ankündigung aus der CDU, das Gesetz, wenn es denn beschlossen wird, überlebe es die Wahlperiode nicht, gibt Graue zu bedenken: „Meist gibt es dann später die bekannten Erinnerungslücken.“
Erfolgreiche Arbeit der NARZ-Gruppe
Trotz dieses schwierigen Umfeldes sei die Ertragslage für alle Firmenteile der NARZ-Gruppe „außerordentlich gut“. Es sei gelungen, den Vertrieb zu stärken, die Prozesse zu optimieren und die Zahlungswege zu kürzen. Die Liquidität beurteilt Graue als „komfortabel“. Die hohe Eigenkapitalquote aller Unternehmensteile zeuge „von der fortwährenden hohen Bonität des NARZ“. Die Arbeit des NARZ stehe in diesem Jahr ganz im Zeichen des E-Rezepts. Die Umstellung berge aber noch viele Unwägbarkeiten. Täglich würden viele Störungen gemeldet. Der zeitliche Aufwand für das E-Rezept in den Apotheken sei noch immer größer als beim Papierrezept.
Retaxationen und noch mehr Belastungen für die Apotheken
Zum Dauerthema Retaxationen wurde über Probleme im Umgang mit Fristabläufen bei Hilfsmittelrezepten der IKK classic berichtet, die vom Dienstleister Davaso bearbeitet wurden. Doch nach einer Klage des Hamburger Apothekervereins vor dem Sozialgericht Hamburg habe die Krankenkasse die Position der Apotheken anerkannt.
Ein weiteres Problem betreffe Retaxationen von E-Rezepten. Denn dabei könne die Apotheke den Rechtsgrund nicht erkennen, weil der Datensatz nicht mehr in Klarschrift übermittelt wird. Außerdem habe sich der Deutsche Apothekerverband mit der Technischen Anlage TA 7 für das E-Rezept eine kostenträchtige zehnjährige Aufbewahrungsfrist für die Daten überstülpen lassen. Dabei bleibe unklar, inwieweit datenschutzrechtliche Regeln mit den steuerlichen Aufbewahrungsfristen korrelieren, die demnächst nur noch acht Jahre umfassen werden.
Neue Mühe bei der Aufbewahrung von E-Rezept-Daten
Die bisher noch wenig thematisierten Probleme mit Retaxationen und Aufbewahrungsfristen bei E-Rezepten prägten die Diskussion. Dabei wurde die Herausforderung hinsichtlich der Aufbewahrung der Daten deutlich. Beim Papierrezept waren dafür die Rechenzentren zuständig, die jedoch nicht über die Datensätze der E-Rezepte verfügen. Diese befinden sich in den Warenwirtschaftssystemen. Daher seien nun die Anbieter dieser Systeme gefordert, Schnittstellen zu erarbeiten, die konzernübergreifend funktionieren.
1 Kommentar
Richtig, Herr Kollege Graue!
von Ulrich Ströh am 07.10.2024 um 9:38 Uhr
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